Ärztekammer sorgt sich um Hausärzte

Beim dritten Tag der Allgemeinmedizin hat die Ärztekammer die Sorge um die Hausärzte in den Mittelpunkt gestellt. Als Beispiel für die Versorgung wurde das Modell in Baden-Württemberg vorgestellt.

Wegen bürokratischer Hürden seitens der Gebietskrankenkasse würden immer weniger Ärzte eine Hausarztordination übernehmen wollen, so auch in Wien, heißt es von der Ärztekammer. Ein Arzt muss im Unterschied zu früher der Kasse genau erklären, warum er welche Therapie verordnet hat. Und er muss begründen, warum er sich nicht für ein billigeres Medikament entschieden hat.

Das betrifft vor allem die Hausärzte, kritisierte der Arzt Rolf Jens in einem „Radio Wien“-Interview: „Man hat nichts dagegen, alles zu erklären, was man macht, aber dass das die Zeit kostet, die man eigentlich für das Behandeln haben will, schmerzt.“

Hausärzte ohne Nachfolger

Immer mehr Ärzte würden abgeschreckt, im Februar etwa fanden sich für zwei Ordinationen keine Nachfolger. „Wenn man lange genug so weiter fährt, wird es eben den Hausarzt nicht mehr lange geben“, fürchtet Jens.

Bürokratische Erleichterungen scheinen aber nicht in Sicht, denn Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse, hatte dafür klare Worte: Man könne in Zeiten wie diesen nicht so tun, als ob das Geld abgeschafft worden wäre.

Die Zahl der Hausärzte in Wien ist in den vergangenen Jahren von 830 auf 785 zurückgegangen. Zudem machen die Ärzte weniger Hausbesuche als früher. Das liegt laut Ärztekammer aber nicht an der Unwilligkeit der Ärzte, die Patienten würden weniger Hausbesuche anfordern - mehr dazu in Hausbesuche von Ärzten weniger gefragt.

Erfolgsmodell in Baden-Württemberg

Ein Hausarzt-zentriertes Versorgungsmodell bei der größten Krankenversicherung in Baden-Württemberg wurde vom Vorstandsvorsitzenden Christopher Hermann beim Tag der Allgemeinmedizin als „voller Erfolg“ bezeichnet. „Wir sind eine der größten deutschen Krankenversicherungen mit 3,9 Millionen Mitgliedern. Vergangenes Jahr haben wir rund 130.000 Versicherte dazu bekommen. Etwa elf Prozent sind sofort in das Hausarzt-zentrierte Programm eingetreten“, sagte Hermann.

Ein Dauerthema in den gesundheitspolitischen Debatten ist der oft völlig ungeregelt funktionierende Zugang zum Gesundheitswesen mit vielen unnötigen Ambulanzbesuchen und Krankenhausaufenthalten, die auch noch besonders kostenintensiv sind. Harald Schlocker, stellvertretender Obmann der Sekton Allgemeinmedizin der Österreichischen Ärztekammer: „Eine Studie in Vorarlberg hat ergeben, dass 60 bis 70 Prozent der ‚Selbsteinweiser‘ in den Ambulanzen der Krankenhäuser auch vom niedergelassenen Arzt betreut werden hätten können.“

Ärzte zur Fortbildung verpflichtet

In Baden-Württemberg ist man dieses und andere Probleme mit einem Hausarzt-zentrierten Modell angegangen. Bei der AOK kann jeder Versicherte erklären, primär (bis auf Notfälle) seinen Hausarzt aufzusuchen. Hermann: „Er ist der Lotse des Patienten im Gesundheitssystem.“

Die Ärzte sind zur Fortbildung verpflichtet, es existieren Qualitätszirkel. Dafür gibt es pro Patient in dem Programm eine Pauschalabgeltung pro Quartal. Die Ärzte ersparen sich das komplizierte Abrechnen nach Einzelleistungen (in Deutschland mehr als 2.000 Positionen). Mittlerweile machen in Baden-Württemberg schon und 3.500 Allgemeinmediziner mit, nur etwas mehr als 1.000 sind noch außerhalb des Systems.

Der Krankenkassen-Vorstandsvorsitzende: „Mit dem Pauschale bekommen die Hausärzte 20 bis 30 Prozent mehr Vergütung pro Quartal als im Regelsystem. Es sind statt 50 bis 55 Euro mehr als 80 Euro im Quartal. Die Patienten brauchen keine Zuzahlungen bei den verschriebenen Medikamenten leisten.“

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