Spende für Kirche ohne Plan

Die Leitungsgremien des Wiener Stadterweiterungsfonds - Spitzenbeamte des Innenministeriums - haben recht großzügig Spenden an eine Reihe von Institutionen vergeben. So auch an die Erzdiözese für eine Kirche in der Seestadt Aspern. Pläne dafür gibt es aber noch nicht.

Der Rechnungshof hatte im Mai kritisiert, dass 916.100 Euro aus dem Fonds, der Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurde, um die Verbindung der Wiener Innenstadt mit ihren damaligen Vorstädten zu fördern, satzungswidrig verwendet worden sein könnten. So flossen 330.000 Euro ans Ausland, darunter an eine katholische Universität in Rom.

250.000 Euro für Kirche in Seestadt Aspern

Aber auch diverse Spenden und Immobiliendeals im Inland waren auffällig: Wie der „Report“ berichtete, handelt es sich beim einzigen echten Stadterweiterungs-Projekt um eine Kirche in der neu entstehenden Seestadt Aspern. 250.000 Euro erhielt die Erzdiözese dafür im Jahr 2008 vom Fonds, doch bis heute gibt es laut „Report“-Recherche weder Plan noch Bauplatz dafür. Die Kirche versprach, sie werde gut auf das Geld aufpassen.

TV-Hinweis: Den „Report“-Beitrag können Sie hier online nachsehen.

Die lutherische Stadtkirche erhielt ebenfalls 2008 für ein Kirchencafe 50.000 Euro, das auch nicht realisiert wurde. Nun werde das Geld für die Renovierung der Orgel gespart. Mindestens 50.000 Euro gingen auch an die Peterskirche, das lokale Zentrum der erzkonservativen katholischen Bewegung Opus Dei.

Grundstücksverkäufe sorgten für Kritik

In der Kritik stand der Fonds zuletzt, weil ein Grundstück an der Wiener Mölker Bastei 2008 um 15.000 Euro verkauft wurde, obwohl ein vom Fonds beauftragtes Gutachten einen Verkehrswert von 670.000 Euro ergab. Allerdings verwies der Rechnungshof auch darauf, dass die beiden fraglichen Grundstücke - teils Verkehrsfläche, teils Grünfläche und denkmalgeschützt - von der Gemeinde Wien mit null Euro bewertet wurden - mehr dazu in Umstrittener Immodeal: Politikersohn „nur Treuhänder“.

Ein Verkauf betraf auch die Liegenschaft des Wiener Eislaufvereins am Heumarkt, wo Anbote bis neun Mio. Euro vorlagen. Verkauft wurde allerdings für „vergleichsweise geringe“ 4,2 Mio. Euro: „Das Erlöspotenzial wurde nicht ausgeschöpft, das Vergabeverfahren hätte gestoppt werden sollen“ - mehr dazu in Eislaufverein „vergleichsweise“ billig verkauft.

Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen auf

Vor allem die Spenden ins Ausland könnten noch Folgen haben. Der Fall wurde zwischen Korruptionsstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Wien hin und her gereicht. Letztere soll nun prüfen, entschied die Generalprokuratur.

"Der Vorwurf lautet Untreue relevanten Verhaltens. Er richtet sich gegen Organe des Wiener Stadterweiterungsfonds. Der Vorwurf bezieht sich darauf, dass hier satzungswidrig Spendentätigkeit vorgenommen worden wäre“, sagte der Sprecher der Generalprokuratur Martin Ulrich gegenüber dem „Report“. Der Akt geht an die Staatsanwaltschaft Wien, die jetzt mit ihrer Arbeit beginnt. Entschieden ist noch nichts, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Rechnungshof empfahl 1961 Auflösung des Fonds

„Das Fondsvermögen muss für einen bestimmten, in der Satzung festgelegten Zweck verwendet werden. Daran sind die Organe gebunden. Eine Änderung des Fonds-Zwecks darf nur aus ganz bestimmten Gründen erfolgen, die laut Rechnungshof nicht gegeben waren“, sagte Verfassungsrechts-Experte Heinz Mayer.

Der Wiener Stadterweiterungsfonds wurde vor mehr als 150 Jahren von Kaiser Franz Josef I. zur Finanzierung von Monumentalbauten an der Ringstraße eingerichtet. Obwohl der RH bereits 1961 die Auflösung empfohlen hatte, besteht er nach wie vor, hieß es im Bericht. Der RH überprüfte 2012 die Gebarung des Fonds über den Zeitraum 2005 bis 2011 und damit auch mehrere Liegenschaftsverkäufe in der Wiener Innenstadt.

Links: