Nachfrage nach Prostitution bleibt hoch

Die Wiener Polizei hat am Freitag einen Menschenhändlerring zerschlagen, der Frauen zur Prostitution zwang. Die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen bleibt hoch. Offiziell gibt es in Österreich 6.200 Sexarbeiterinnen, dazu kommen 4.000 Geheimprostituierte.

Am Freitag zerschlug die Polizei in einer groß angelegten Aktion einen Menschenhändlerring und befreite 21 Frauen - mehr dazu in Menschenhändler: 21 Frauen befreit. Österreich ist bezüglich Menschenhandel und Prostitution sowohl Transit- als auch Zielland, sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle Menschenhandel im Bundeskriminalamt (BK). Hierzulande tätige Prostituierte stammen laut dem Experten vorwiegend aus den EU-Staaten Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Slowakei, Tschechien und aus Polen, dahinter folgt bereits Nigeria. Viele Sexarbeiterinnen werden ausgebeutet.

Opfer schweigen oft aus Angst

Opfer von Menschenhändlern werden „immer wieder unter Druck gesetzt, durch psychische und physische Gewalt“, so Tatzgern. Die Frauen seien eine „sehr verletzliche Gruppe“. „Wenn sich eine Frau ein bisschen ‚zieren‘ sollte, wird ihr gesagt ‚Ich habe deine Tochter gesehen, magst du sie sprechen? Ich hoffe nicht, dass ihr etwas passiert. Wenn du brav arbeitest, passiert ihr nichts‘“, nannte Tatzgern ein Beispiel. Die Gewalt reiche bis zu Vergewaltigungen.

„Trotzdem gehen diese Opfer nicht oder nicht leicht zur Polizei oder einer NGO, das ist ein massives Problem“, sagte Tatzgern. Denn entweder nehmen sich die Frauen selbst nicht als Opfer wahr oder sie trauen sich aus Angst vor Repressalien nicht mit Außenstehenden zu sprechen. „Die Ausbeuter kennen sie und ihre Familien, sie kommen oft aus derselben Region.“

Kunden interessiert Leid der Frauen oft nicht

Im Kampf gegen Menschenhandel hat das BK vor drei Jahren eine Hotline eingerichtet, an die sich jeder Bürger wenden kann, wenn er eine Situation beobachtet, hinter der „moderne Sklaverei“ vermutet wird. Via 24-Stunden-Telefonhotline oder Mail können Vorfälle auch anonym gemeldet werden. Dem überwiegenden Teil der Kunden von Prostituierten sei es jedoch egal, ob die Frauen Opfer von Menschenhandel sind.

„Sie sagen ‚Ich hab damit nichts zu tun, ich möchte nur die Sexdienstleistung in Anspruch nehmen, alles andere interessiert mich nicht‘“, beklagte Tatzgern. Er rät dazu, ein E-Mail über einen anonymen Account zu schreiben. „Wir gehen dem dann zu 100 Prozent sicher nach und leiten, egal wo das passiert, sofort entsprechende Ermittlungen ein.“

Die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels (Verein LEFÖ) betreute im Vorjahr insgesamt 243 Frauen. „Wir haben in Ermittlungsfällen 103 Opfer von Menschenhandel und grenzüberschreitendem Prostitutionshandel identifiziert“, so Tatzgern. Dazu wurden 2012 insgesamt 116 Tatverdächtige ausgeforscht.