Bettellobby will Rechte Mittelloser stärken

Willkürliche Schikanen der Exekutive und zu strenge Gesetze gegenüber Menschen, die um Almosen bitten: Die Bettellobby will nun die Betroffenen über ihre Rechte und Geber über Unterstützungsmöglichkeiten informieren.

„1.500 bis 2.000 Strafen werden alljährlich in Wien wegen Bettelei verhängt“, so Bettellobbysprecher Ferdinand Koller. Die Pönalen betrügen zwischen 70 und 700 Euro. Viele gingen ins Gefängnis, weil sie nicht bezahlen können - wobei beispielsweise 100 Euro Strafe vier Tage Haft bedeuteten.

Mit einer neuen Broschüre namens „Betteln ist erlaubt“ will man nun die Betroffenen über ihre Rechte bzw. Geber über Unterstützungsmöglichkeiten informieren. Vorgestellt wurde das Druckwerk am Freitag vor der Landespolizeidirektion im Rahmen des von den Grünen initiierten Kulturprogramms „Wienwoche“.

Frau bettelt auf einer Brücke in Wien-Hütteldorf

APA/Helmut Fohringer

Die Broschüre soll die Bettler über ihre Rechte aufklären

Betteln grundsätzlich erlaubt

Der Verfassungsgerichtshof habe erst im vergangenen Jahr festgehalten, dass Betteln grundsätzlich erlaubt sei. Kollers Befund: „Die Rechtslage und die Polizeipraxis verhindern, dieses Recht auf Wiens Straßen auszuüben. Dagegen wenden wir uns.“

Menschen würden etwa des - in der Bundeshauptstadt verbotenen - aggressiven Bettelns bezichtigt, wenn sie lediglich am Boden säßen und die Hand ausstreckten, berichtete Koller. Immer wieder würden auch Strafen mit Verweis auf die Straßenverkehrsordnung wegen „unbegründeten Stehenbleibens“ ausgestellt. Zudem gebe es regelmäßig Übergriffe von „übermotivierten Polizeibeamten“ oder unrechtmäßige Abnahmen von Musikinstrumenten oder Geld, das etwa durch Zeitungsverkauf eingenommen wurde.

„Keine Rede von ‚Bettelmafia‘“

Die Idee zur mehrsprachigen Broschüre entstand, nachdem sich eine Reihe von empörten Bürgern bei der Bettellobby gemeldet hätten, die von einem „drakonischen Vorgehen“ der Exekutive und einer „willkürlichen und schikanösen Behandlung“ von Bettlern berichteten, so Koller. Daraufhin habe man sich Strafbescheide angesehen und tatsächlich arge Missstände entdeckt. Um dies zu verdeutlichen, inszenierte die Bettellobby heute ein Kasperltheater-Dramolett aus Versatzstücken originaler Strafverfügungen.

Koller forderte die Abschaffung von Bettelverboten und wies darauf hin, dass von einer oft im politischen Diskurs angeführten „Bettelmafia“ in Wien nicht die Rede sein könne. Sicher gebe es hin und wieder Ausbeutungsmechanismen, aber hier müssten die Opfer krimineller Vereinigungen geschützt und nicht - wie derzeit - bestraft werden. Generell sei es nicht einsichtig, warum für Bettler andere Gesetze gelten sollten als für andere Nutzer des öffentlichen Raums: „Es gibt ja auch kein Verbot für aggressives Flyerverteilen.“

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