Die Wiener und ihre Riviera

Kuraufenthalt oder mondäne Sommerfrische: Das Wien Museum lädt in der Ausstellung „Österreichische Riviera“ zu einer historischen Rundreise zu den beliebtesten Reisedestinationen der Monarchie.

Rund 450 Objekte leiten die Besucher durch den bunten historischen Parcours, der chronologisch mit der Eröffnung der Bahnverbindung Wien - Triest im Jahr 1857 beginnt und mit der großen „Adria-Ausstellung“ 1913 im Prater - in der Nachbauten diverser Küstenstädte, ein Riesendampfer sowie ein künstlich angelegter See als Meerersatz bewundert werden konnten - endet.

Südstrand von Abbazia, 1911
 Erwin Pendl
Farbdruck nach Aquarell

Sammlung Samsinger, Wien

Der Südstrand von Abbazia (Opatija)

Der Bogen der historischen Dokumente reicht von Bademode bis zu Fremdenverkehrswerbung und Reiseführern, von Hoteleinrichtungsgegenständen bis zu privaten Fotografien. Die Kunst wird ebenfalls nicht ausgespart: So ergänzen thematisch verwandte Gemälde von Egon Schiele, Rudolf von Alt und Albin Egger-Lienz - ebenfalls Zeugnisse der Entdeckung des Meeres seitens der Monarchiemetropole - die Ausstellung.

Die Seereise per Diaschau

Da viele Gebiete nicht über den Landweg erreichbar waren, spiele auch die Schifffahrt eine wichtige Rolle in der Schau, sagte Kokurator Christian Rapp am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Staunen kann man über einen rekonstruierten Lichtbildvortrag aus dem Jahr 1910, der dank kolorierter Dias eine Reise per Schiff erlebbar machen soll.

Die Eroberung der damals noch zur Monarchie gehörenden Meeresregionen hatte anfangs allerdings einen ernsten Hintergrund: Kranke Menschen, tuberkulöse Kleinkinder und Reiche erhofften sich durch die dortige Luft und das Salzwasser eine Verbesserung ihres Gesundheitszustands. Zahlreiche Krankenhäuser und Kurhotels sprossen aus dem Boden. Bald wurden die Orte, die dank der Kurgäste einen infrastrukturellen Schub erfahren hatten, auch touristisch unter dem an die noble Cote d’Azur gemahnenden Label „Österreichische Riviera“ vermarktet. Zu ihren Zentren zählten etwa Abbazia (Opatija), Triest und Grado, aber auch Split und Dubrovnik.

Karl Lueger auf einer Parkbank in Kroatien

Die Politik kommt ebenfalls nicht zu kurz: Eine Fotografie zeigt etwa den damaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger auf einer Parkbank im kroatischen Lovran - umgeben von zwei Frauen, eine davon eine Nonne. Der Hintergrund der Reise war nicht nur politischer Natur. Die Stadt Wien besaß nämlich entlang der Küste eine Reihe von Grundstücken und errichtete darauf Heilanstalten für kranke Kinder. Die Spannungen innerhalb des Reiches waren damals bereits spürbar: Lueger wurde während eines Aufenthalts in Split von Demonstranten ausgepfiffen.

Wiens Bürgermeister Karl Lueger in Lovran, 1909
 Fotografie

Wien Museum

Karl Lueger in Lovran, 1909

Vor allem für ältere Besucher weckt die Ausstellung vermutlich romantische Erinnerungen an frühe Urlaube. Dennoch: Kuratorenkollegin Nadia Rapp-Wimberger betonte, dass man keine „Nostalgieausstellung“ im Sinn gehabt habe.

Die Arbeitsverhältnisse des Personals, der Widerstand der örtlichen Bevölkerung gegen die Ansiedelung kranker Kinder und die Forderung nach ausschließlich Deutsch sprechenden Hotelangestellten werden ebenfalls thematisiert. Es gehe eben nicht nur um „das Bankerl im Kurpark“, verwies Museumsdirektor Wolfgang Kos beispielsweise darauf, dass Dalmatien und Galizien zu den ärmsten Regionen des Kaiserreichs gezählt hätten.

Ausstellungshinweis

„Österreichische Riviera - Wien entdeckt das Meer“, bis 30. März, Wien Museum am Karlsplatz, dienstags bis sonntags 10.00 bis 18.00 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog (304 Seiten, 29 Euro) erschienen.

Enger zeitlicher Kontext

Die gegenwärtige Beziehung der Wiener zur Adria wurde in der Schau ausgespart. Man habe sich bewusst nur auf die Zeit zwischen 1857 und 1913 beschränkt. Alles andere hätte den Rahmen bei weitem gesprengt, erklärte das Kuratorenteam auf Nachfrage. Im Rahmenprogramm sei eine Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschichte der Küstenregion eingeplant, etwa mit Vorträgen zu den k.u.k.-Grandhotels, zur Wiener Prominenz an der Adria und zur Architektur der jugoslawischen Moderne.

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