Männlicher Erotiktanz erobert Wien

Der Animiertanz Burlesque wird mit Ikonen wie Dita van Teese in Verbindung gebracht. Im Mai findet in Wien europaweit nun erstmals ein „Boylesque“-Festival statt, wo die Geschlechterrolle umgedreht wird und Männer die Hüften schwingen.

„Wien ist ein bisschen anders, und ich bin auch ein bisschen anders“, so Jacques Patriaque. Der Wiener Tanzkünstler möchte in Wien das europaweit erste Boylesque-Festival veranstalten. Damit soll ein Zeichen für mehr Toleranz und Gleichberechtigung gesetzt werden, aber auch die Burlesque-Vielfalt und vor allem das Genre Boylesque präsentiert werden. „Das ist eine Lebensaufgabe“, so Patriaque. Wichtig ist ihm, dass man „Boylesque“ nicht mit den Chippendales aus den 1980er Jahren gleichsetzt.

Boylesque Festival Vienna

Von 28. bis 29. Mai 2014 findet als Teil der „Festwochen schamloser Kultur“ das Boylesque-Festival im Stadtsaal Wien statt.

Natürlich entledigen sich die Männer beim Boylesque-Festival auch ihrer Kleidung, allerdings vermische sich dieser Vorgang mit Kunstformen wie Zirkus, Kabarett, Variete, Gesang und Pole-Dance. Dazu kommen glitzernde Kostüme, sexy Handschuhe und jede Menge Konfetti. „Ich kenne auch Boylesque-Künstler, die auf dem Tuch oder dem Ring Aerial-Acts machen“, so Patriaque, „eigentlich sind keine Grenzen gesetzt.“

Matrose Jacques Patriaque

Nana

Jacques Patriaque ist davon überzeugt, dass Männer genauso glamourös wie Frauen die Hüften schwingen und Tassels kreisen lassen können

40 Künstler an zwei Tagen

Beim Boylesque-Festival in Wien werden unter dem Motto „Imperial Madness“ rund 20 Künstler pro Abend auftreten. Der Startschuss wird am Mittwoch mit einer „Queerlesque Teaser Party“ gesetzt, bei der nicht nur Männer, sondern auch Frauen auftreten. „Denn ich will keine reine Männerveranstaltung machen, sondern auch Leute erreichen, die noch nie etwas mit Burlesque zu tun hatten“, so Patriaque. Als einer der Stargäste kündigte sich Travestiekünstler Conchita Wurst an.

World Famous *BOB*

Deidre Schoo

„The World Famous *BOB*“

Am Donnerstag findet dann die große Boylesque-Show mit Aftershowparty statt. Dafür soll das Who’s who der internationalen Boylesque-Szene nach Wien kommen. Zugesagt haben beispielsweise schon „Tigger!“, der auch schon am Life Ball zu sehen war, „Waxie Moon“ aus New York und „The World Famous *BOB*“, der im Burlesque-Film „Exposed“ mitspielte. Patriaque: „Außerdem wird es einen Contest geben.“

Kein Striptease

Die Besucher erwartet bei Boylesque eine Weiterentwicklung des Animiertanzes Burlesque, der mit den stereotypischen Geschlechterrollen spielt. „Wenn man sich eine Boylesque-Nummer anschaut, erkennt man, dass das keine klassische Burlesque-Ausziehsache ist, sondern eine Geschichte mit einem Statement“, so Patriaque. Wie bei Burlesque gehört das grazile Ausziehen der Handschuhe, das Einbauen eines verführerischen „Shimmys“, das kesse Wackeln mit dem Po oder der klassische Hüftschwung dazu.

Mit Striptease soll Boylesque nichts zu tun haben. „Ich bin ein großer Gegner des Wortes ‚Striptease‘“, so Patriaque, „viele Stripperinnen aus Erotikklubs im ersten Wiener Gemeindebezirk machen eine sogenannte Burlesque-Show, weil es besser klingt und es jeder kennt. Das hat aber mit Burlesque nichts zu tun.“

Conchita Wurst

Paz Stammler

Conchita Wurst wird beim ersten Boylesque-Festival im Stadtsaal auftreten

Burlesque-Szene in Wien

Laut Patriaque boomt Burlesque derzeit in Wien. „Das liegt daran, dass Vintage in Wien sehr gehyped wird und Burlesque da einfach dazugehört.“ Vor zehn Jahren gab es nur wenige Burlesque-Tänzerinnen in Wien. Zu den bekanntesten Shows gehört die „Salon Kitty Revue“ von Kitty Willenbruch in Wiens ältestem Varietetheater, der Cafe Arena Bar.

Zur Person

Jacques Patriaque ist Österreichs einziger Boylesque-Künstler. 2013 nahm er beim „2nd annual Boylesque Festival“ in New York und beim „3rd international Burlesque Festival“ in Stockholm teil. Im Mai 2014 organisiert er das europaweit erste Boylesque-Festival in Wien.

„Als Kitty Willenbruch vor zehn Jahren mit Burlesque in Wien angefangen hat, gab es nur vier Tänzerinnen“, so Patriaque. „Mittlerweile gibt es in Wien fünf Gruppierungen, die alle ihren eigenen Stil haben und regelmäßig auftreten.“ Erst Anfang Februar feierte die neue Performancegruppe „La Burlesqueria“ rund um Madame Vagabunda ihre Premiere im Shelter. Auch regelmäßige Veranstaltungen wie der „Cotton Candy Club“ oder der „Pulp fiction Ballroom“ im Cabaret Fledermaus tragen zur Belebung der Wiener Burlesque-Szene bei.

Patriaque: „Wien ist weltoffen“

Die wachsende Burlesque-Szene ist neben der zentralen Lage in Europa auch ein Grund für Patriaque, das Festival in Wien zu veranstalten. Das offizielle Festivalplakat zeigt einen halbnackten Boylesque-Künstler mit Österreich-Unterhose und „Vienna“-Tattoo neben Fiaker und Stephansdom. Patriaque: „In gewissen Dingen braucht Wien ein bisschen länger, aber allgemein ist die Stadt schon weltoffen. Beim Boylesque-Festival hab ich mir gedacht, Wien ist jetzt so weit. Wien packt das.“

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