Der Zauber des Küssens

Bis 6. Juli bringt das Obere Belvedere mit Klimt und Warhol zwei Größen der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zusammen. Die Werke „Der Kuss“ und „Kiss“ werden einander in ihrem jeweiligen Kontext gegenübergestellt und diskutiert.

Die Idee, Gustav Klimts „Kuss“ (ursprünglicher Titel „Liebespaar“), eines der Meisterwerke des Wiener Jugendstils, mit einem kritischen Schwarz-Weiß-Film von Pop Art-Ikone Andy Warhol in Relation zu setzen, stammte von Mario Codognato, dem Chefkurator des 21er-Hauses und Leiter der zeitgenössischen Sammlung des Belvedere. „Als ich einmal durch das Belvedere spazierte, dachte ich mir, dass es doch für die Öffentlichkeit interessant wäre, diese beiden berühmten Küsse einander gegenüberzustellen,“, so Codognato.

Den Anlass für die Idee bot das 50-jährige Jubiläum des berühmten Warhol-Films „Kiss“ aus dem Jahr 1964. „Die Veröffentlichung war zu dieser Zeit gewagt, immerhin widersprach er dem damaligen Ideal der Hollywood-Filme, das küssende Paare nur in Positionen zeigte, bei denen der eigentliche Kuss selbst für die Zuschauer nicht zu sehen war“, so Codognato über den 54 Minuten langen Schwarz-Weiß-Stummfilm von Warhol, der verschiedenste Paare aller sexueller Orientierungen beim intimen Küssen zeigt.

Still aus dem Film "Kiss"

© 2013 The Andy Warhol Museum, Pittsburgh, PA

Still aus „Kiss“, der in der Zeit seiner Erscheinung für viele Diskussionen sorgte.

Andy Warhol

Warhol wurde am 6. August 1928 als Andrej Warhola in Pittsburgh, Pennsylvania geboren und verstarb am 22. Februar 1987 in New York City. Er war Mitbegründer sowie bedeutendster Vertreter der Pop-Art.

Symbol gegen reaktionäre Gesellschaft

Wie alle Werke von Andy Warhol hatte eben auch der Film „Kiss“ eine gesellschaftskritische Haltung und wurde somit zum Symbol einer revolutionären Position gegen eine tief reaktionäre Gesellschaft. Sie verschloss sich der sexuellen Befreiungsbewegung der 60er-Jahre und stellte sich ihr durch die groteske Zensur von Intimität und Leidenschaft in amerikanischen Kinofilmen entgegen.

Um das Aufbrechen dieser ästhetischen Einschränkung geht es in Warhols Stummfilm. Auch wenn darin „nur“ geküsst wird, entbrannte damals eine weitreichende Diskussion darüber. Im Oberen Belvedere wird der Film im Oktogon neben dem Klimt-Saal im Loop gezeigt. Das heißt, er wird während der Öffnungszeiten der Ausstellung „Klimt & Warhol - Kuss & Kiss“ kontinuierlich durchlaufen.

Gustav Klimt

Klimt wurde am 14. Juli 1862 in Baumgarten bei Wien geboren und verstarb am 6. Februar 1918 in Wien Alsergrund. Er war einer der bekanntesten Vertreter des Wiener Jugendstil, auch Secession genannt. 2012 wurde in Wien „150 Jahre Klimt“ mit zahlreichen Ausstellungen gefeiert.

Weniger kontrovers, weil absolut nicht sexuell konnotiert, war „Der Kuss“ von Gustav Klimt seinerzeit bestimmt, aber auch bei ihm stand zumindest eine Art subtiler Erotik und Intimität im Zentrum der Interpretation - der Moment der Annäherung vor dem Kuss zwischen Mann und Frau. Die beiden Werke in einen gemeinsamen Kontext zu bringen, scheint daher durchaus nachvollziehbar. Kurator Mario Codognato fand es vor allem interessant, dem Klimt-Bild ein moderneres Pendant aus einem anderen Genre gegenüberzustellen.

Klimt Kuss

APA/Öst.Gallerie Belvedere

Der „Kuss“ von Gustav Klimt ist das bedeutendste Werk im Besitz des Belvedere.

Klimt ist gleich Wien

Das Museum im Schloss Belvedere in Wien-Landstraße ist überall für seine wertvolle Klimt-Sammlung bekannt. Besonders der im Entstehungsjahr 1908 erstandene „Kuss“ gilt nicht nur als Visitenkarte sowohl des Wiener Künstlers als auch des Belvedere, sondern ist zudem eines der am häufigsten reproduzierten Kunstwerke der Welt. Die charakteristischen Arbeiten Klimts werden weltweit mit Wien assoziiert.

Die Ausstellung „Klimt & Warhol - Kuss & Kiss“ läuft noch bis 6. Juli im Klimt-Saal und Oktogon des Oberen Belvedere.

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