Tetron-Affäre: Mensdorff will Freispruch

Heute stehen in Wien Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly und Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer vor Gericht. Die beiden sind in der Affäre um den Blaulichtfunk (Tetron) wegen Untreue angeklagt. Ihre Verteidiger wollen einen Freispruch.

In der Causa Tetron geht es um Geldflüsse bei der Neuvergabe des Auftrags für den Blaulichtfunk durch den damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) im Jahr 2004 - also für ein neues Funksystem für Polizei, Rettung und Feuerwehr. Dabei steht ein Schmiergeldverdacht im Raum. Konkret geht es um eine Zahlung von 1,1 Millionen Euro von der Telekom Austria (TA) an Mensdorff-Pouilly. Der Staatsanwalt erklärte in seinem Anfangsplädoyer am Mittwoch, man glaube es sei Bestechungsgeld in Sachen Blaulichtfunk, könne es aber nicht beweisen.

Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly und der ehemalige Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer am Mittwoch, 24. Juni 2015, anl. des Tetron-Prozesses am Straflandesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Mensdorff-Pouilly und Rudolf Fischer am Mittwoch vor Gericht

Sowohl Fischer als auch Mensdorff-Pouilly haben sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen. Mensdorff-Pouillys Verteidiger Harald Schuster erklärte am Mittwoch, dass die Gelder per Überweisung geflossen seien, was untypisch für Bestechung sei. Außerdem sei das Geld ordnungsgemäß versteuert worden und nach wie vor im Einflussbereich von Mensdorff-Pouilly und es habe keine Kickback-Zahlung an Fischer gegeben.

TA geht von Scheinrechnungen aus

Der Auftrag für den Blaulichtfunk soll 2004 erneut ausgeschrieben worden sein, da das ursprünglich beauftragte Konsortium nicht auftragsgemäß liefern habe können. Die Neuvergabe gewannen Alcatel und Motorola, Infrastrukturlieferant war die TA. Dem ursprünglich siegreichen Konsortium wurden 30 Millionen Euro Schadenersatz auf Steuerzahlerkosten gezahlt, was umstritten ist.

Für das Lobbying sorgte damals Mensdorff-Pouilly, der Jagdausflüge mit Strassers Mitarbeitern organisierte. Welche konkrete Leistung er für die 1,1 Millionen Euro von der TA erbrachte, war auch schon Thema im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss 2012. Der Lobbyist und Ehemann der früheren Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) zeigte sich dort sehr schweigsam.

Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly anl. des Tetron-Prozesses am Straflandesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Mensdorff-Pouilly bestreitet alle Vorwürfe

„Wir gehen wie die Staatsanwaltschaft von Scheinrechnungen aus“, sagte ein Vertreter der TA am Mittwoch. Die TA fordert von Mensdorff-Pouilly 1,1 Millionen Euro samt Zinsen, ihren Privatbeteiligten-Anspruch gegen Fischer hat sie zurückgezogen - vermutlich weil man einen Vergleich schloss.

Mensdorff: Falschaussagen als „Schutzbehauptung“

Vor Gericht erklärte Mensdorff-Pouilly seine Leistungen für die TA am Mittwoch so: Die TA sei auf ihn zugekommen, weil sie aus dem Konsortium mit Motorola und Alcatel rauswollte. Fischer habe gesagt, er kenne bei Motorola niemanden, Mensdorff-Pouilly laut eigener Aussagen hingegen schon. Ziel sei gewesen, dass die Telekom nur mehr Lieferant ist. Über sein Honorar sei nicht gesprochen worden, aber jeder wisse, dass zwischen zwei und drei Prozent üblich sind.

Dass er im Ermittlungsverfahren Zahlungen rund um den Blaulichtfunk verneint habe, sei „natürlich eine Schutzbehauptung“, gewesen, so Mensdorff-Pouilly. Er habe nicht gewollt, dass alles, was er aussage, am nächsten Tag an die Medien weitergereicht werde, während „meine Frau irgendwas - keine Ahnung was - in der Politik machte“. Im U-Ausschuss habe er dann gar nichts gesagt, weil er sonst hätte lügen müssen und sich strafbar gemacht hätte. Auf Wunsch der TA habe er seine Leistungen dann über ein anderes Projekts verrechnet. Heute würde er das so nicht mehr machen.

Fischer verteidigte Zahlung vor Gericht

Der damalige TA-Vorstand Fischer verteidigte die Zahlung an Mensdorff-Pouilly in seiner Aussage. Dass das Geschäft 2008 abgewickelt wurde, also mit vierjähriger Verspätung, erklärte er damit, dass Mensdorff-Pouilly 2004, kein Geld haben wollte. Die TA sei ein rotes Unternehmen mit rotem Betriebsrat gewesen, wäre eine Zusammenarbeit mit dem ÖVP-nahen Waffenlobbyisten Mensdorff-Pouilly aufgekommen, hätte es keine Zusammenarbeit mehr gegeben, so Fischer. Die Abwicklung 2008 begründete er mit seinem eigenen bevorstehenden Abgang in der TA.

Aus der Sicht von Fischer betraf die Leistung an Mensdorff-Pouilly ebenfalls die Reorganisation des Alcatel-Motorola-Konsortiums, damit die Telekom nicht mehr Teil des Bieterkonsortiums ist, sondern nur noch Infrastruktur-Lieferant - wie es schließlich auch war. Dadurch sei das Risiko bei der Vergabe minimiert worden.

Fünf weitere Verfahren rund um TA

Am Landesgericht für Strafsachen sind vorerst fünf Verhandlungstage anberaumt. Richter im Verfahren ist Michael Tolstiuk, der bereits mehrere Prozesse um Korruption geführt hat. Insgesamt sollen 15 Zeugen einvernommen werden. Der Antrag auf Befangenheit des Sachverständigen seitens der Angeklagten wurde am Mittwoch abgelehnt. Es ist nicht der erste Prozess rund um die TA, insgesamt fünf Verfahren gab es bereits, und noch nicht alle sind abgeschlossen - mehr dazu in Von Telekom I bis Telekom V.

Freispruch von Geldwäsche-Vorwurf

Mensdorff-Pouilly wurde unterdessen im Jänner vom Oberlandesgericht vom Vorwurf der Geldwäsche endgültig freigesprochen. Dem Lobbyisten war vorgeworfen worden, vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems über ein verschachteltes Firmennetzwerk 12,6 Millionen Euro erhalten zu haben. Dieses Vermögen habe er dann verteilt, um Beschaffungsvorgänge in Zentral- und Osteuropa zugunsten des britischen Konzerns zu beeinflussen, so der Vorwurf. Das OLG kam zum Schluss, dass es keine Beweise für diese Vorwürfe gab - mehr dazu in Mensdorff-Pouilly rechtskräftig freigesprochen.