Nur noch 35 Videotheken in Wien

Filme werden heutzutage gestreamt oder runtergeladen: Die Videotheken in Wien sterben aus. Von früher 120 Videotheken gibt es nur mehr etwa 35. Regelmäßig schließen weitere. Nur noch Spezialvideotheken haben Chancen.

„Wir schließen. Alles muss raus. Jede DVD drei Euro“, steht in großen Lettern an den Schaufenstern der „Movie Corner Videothek“ in Währing. Nach elf Jahren muss Kerstin Kalvercamp ihre Videothek schließen. Von den rund 5.000 vorhandenen DVDs stehen nur noch ein paar wenige in den Regalen. „Ende der Woche ist es vorbei. Wir haben lange gekämpft, jetzt geht es sich bei uns auch nicht mehr aus“, so Kalvercamp.

Nur mehr etwa 35 Videotheken in Wien

Der Anfang vom Ende zeichnete sich erstmals bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 ab. "In den vier Wochen wurde Fußball Filmen vorgezogen, danach sind die Kunden nicht mehr wirklich zurückgekommen. Zudem wurde das Internetangebot immer stärker, wodurch sich der Konsum verändert hat. Früher haben sich hauptsächliche junge Menschen Filme ausgeborgt, jetzt downloadet jeder“, sagt Leopold Homola, ehemaliger Berufsgruppensprecher der Wiener Wirtschaftskammer (WKW). Seit Homolas Ausscheiden wurde auch sein Posten in der Kammer nicht mehr nachbesetzt, die Videotheken brauchen keine Vertretung mehr.

Videothek-Schild "Wir schließen"

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Die „Movie Corner Videothek“ in Währing muss schließen

Vor 2008 gab es laut Homola etwa 120 Videotheken in Wien, derzeit sind es nur mehr zirka 35 – jedes Monat werden es noch weniger. Auch Homola musste vergangenen August seine Videothek „Moviestar“ nach 30-jährigem Bestehen schließen. Die meisten verbliebenen Videotheken suchen sich laut Homola Zusatzangebote, um zu überleben – etwa den Verkauf von Biohundefutter, Süßigkeiten oder Getränken. „Ich hatte zum Beispiel auch als einer der Ersten einen 24-Stunden-Automaten installiert. Aber das war auch nicht das richtige Konzept“, so Homola.

„Ein oder zwei Spezialvideotheken überleben“

„Videotheken hatten ihre Blütezeit um 1990, da waren sie wichtig. Eine Zukunft haben sie aber nicht – vor allem nicht Videotheken, die Blockbuster anbieten. Ich vermute, es werden ein oder zwei Spezialvideotheken überleben, die künstlerisch wertvolle Produkte haben. Das war’s.“ Die „Filmgalerie 8 ½“ am Alsergrund ist eine solche, selbst ernannte, „Delikatessen“-Videothek.

Filmgalerie 8 1/2

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„Filmgalerie 8 ½“ in der Garnisongasse

Alexander Lustig, der Geschäftsführer, meint: „Auch wir arbeiten am Limit, das ist ganz klar. Aber wir haben eine gewisse Zeit übertaucht in der es die Umwälzungen mit Streaming und Download gab und jetzt sind wir in einer Nische drinnen.“ Der Fokus werde vor allem auf die Qualität und damit einerseits die Sortimentsauswahl und andererseits die Kundenberatung gelegt.

Kundenberatung und Sortiment gegen Internethype

In dem elfjährigen Bestehen der Filmgalerie ist der Bestand auf über 10.000 Filme gewachsen. „Wir führen Klassiker, Independent-, Mainstream- und Festivalfilme. Es kommt viel auf den DVD-Markt und wir müssen eine präzise Auswahl treffen, weil das Budget knapp ist. Unsere rund 10.000 Kunden schätzen diese Vorauswahl aber sehr“, so Lustig, der nur eine Mitarbeiterin hat. „Hinzu kommt, dass wir unsere Kundinnen und Kunden persönlich beraten. Der große Unterschied zum Internet ist bei uns also die Nähe zum Kunden und die Auswahl der Filme, die es teilweise nicht im Internet gibt.“

Alexander Lustig in der Filmgalerie 8 1/2

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Alexander Lustig in seiner Videothek

„Prinzipiell ist es auch ein Treffpunkt für die Kommunikation über Film. Im Endeffekt sollte es eine Einrichtung wie das Filmmuseum sein, die schützenswert ist. Es ist ein Kuratieren von Filmen und eine Drehscheibe zwischen Produktion und Handel“, so Lustig. Die Filmgalerie ist die letzte Programmvideothek in Wien. „Anspruchsvolle Filme gibt es sonst nur noch in den städtischen Büchereien oder Universitäten. Dort ist es aber eher ein Archiv, es gibt keine Beratung und das Angebot ist nicht so groß.“

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