Marianne Mendt: „Viele vergessen ihre Wurzeln“

Berühmt wurde die „Mutter des Austropop“ mit „Wie a Glock’n“. Am Dienstag feiert sie ihren 70. Geburtstag. Im Interview spricht sie über die Flüchtlingsdebatte, das „vertrottelte“ Rauchverbot und ihre Zukunftswünsche.

Marianne Krupicka wurde 1945 in Wien geboren. Sie erhielt Klavier-und Gesangsunterricht am Konservatorium in Wien und legte 1963 die Prüfung zur „gewerkschaftlich geprüften Vortragskünstlerin“ ab. Als 25-Jährige landete sie unter dem Künstlernamen Mendt mit „Wie a Glock’n“ einen Hit, der den Anfang einer langen Karriere bedeuten sollte.

1971 vertrat sie Österreich beim Eurovision Song Contest in Dublin mit dem Lied „Musik“. Mendt stand auch auf der Musical- und Theaterbühne. 1978 erhielt sie mit „Mendt & Band“ eine eigene ORF-Sendung. Als Fernsehschauspielerin wurde sie als Gitti Schimek in der ORF-Serie „Kaisermühlen Blues“ bekannt - mehr dazu in noe.ORF.at.

wien.ORF.at: Wie jung oder alt fühlen Sie sich?

Marianne Mendt: Ich fühle mich so, wie vor zehn oder zwanzig Jahren. Es ist kein Unterschied. Es tut mir auch nichts weh, also nichts Wesentliches. Und ich habe noch so viele Ideen, und die möchte ich alle umsetzen. Aber ich hab’ ja noch viel Zeit.

wien.ORF.at: Welche Ideen sind das?

Mendt: Ich habe ja in meinem Leben schon komponiert, aber viel zu wenig. Ich will mich wirklich hauptsächlich der Musik widmen, weil das meine Passion und meine so genannte Begabung ist. Jetzt ist es auch an der Zeit, dass ich mich selber wieder einmal hinsetze und wirklich komponiere, Klavier übe, auch den E-Bass wieder in die Hand nehme, den ich vor vierzig Jahren das letzte Mal verwendet habe, und Musik mache.

wien.ORF.at: Sie gelten als die „Mutter des Austropop“. Was sind Ihrer Meinung nach jetzt die jungen Bands, die man sich anhören muss?

Mendt: Ich kenne Bilderbuch, ich kenne Wanda, ich weiß nicht, wie sie alle heißen. Meine Lieblingsband von den jungen ist aber 5/8erl in Ehr’n. Das sind ganz kreative, super Musiker, die am selben Level sind, wie mein Geschmack.

wien.ORF.at: Welche Karriereziele haben Sie noch?

Mendt: Meine Karriere ist ja ein Dauerzustand. Ich mache Musik, seit ich denken kann. Ich lebe seit meinem 18. Lebensjahr beruflich davon. Ich habe keine Ziele, ich setze um. Der Weg ist das Ziel. Ich werde Musik machen. Je älter man wird, desto anspruchsvoller wird man. Ich bin ja auch nie unter die Gürtellinie gegangen, was den Geschmack betrifft. Aber es soll noch besser werden.

wien.ORF.at: Und in Richtung Schauspiel und Fernsehen?

Mendt: Da müsste man mir halt eine Rolle anbieten. Da hab’ ich schon länger nichts gehört, was das betrifft. Eine komische Alte, eine schreckliche Schraube, ich würde alles spielen.

wien.ORF.at: Sie veranstalten seit Jahren das „MM Jazzfestival“ in St. Pölten. Warum?

Mendt: Das ist mein Herzensprojekt. Im Februar haben wir das elfte „MM Jazzfestival“. Wir sind fleißig dabei Jazz-Nachwuchs zu suchen und sind immer oft fündig, weil wir tolle Talente in Österreich haben.

wien.ORF.at: Ist Jazz eine Alterssache?

Mendt: Nein, Jazz ist eine Geschmackssache. Das hat mit Alter nichts zu tun. Das ist eine der anspruchsvollsten Musikrichtungen überhaupt. Die kreativste, die man sich denken kann. Die besten Jazzmusiker sind - das ist vielleicht vermessen - besser, als die in der Klassik. Aber man muss es mögen.

wien.ORF.at: Sie waren einmal bei SOS Mitmensch aktiv. Was halten Sie von der aktuellen Asyl- und Flüchtlingsdebatte?

Mendt: Es ist furchtbar, was diesen Menschen passiert ist. Es ist unsere Pflicht, zu helfen. Es geht uns wirklich gut und wir haben uns für sie einzusetzen. Das ist ganz wichtig. Es vergessen viele, wo deren Wurzeln sind. Es leben gerade bei uns so viele, die irgendwann einmal zugewandert sind. Viele Flüchtlinge wollen nach Deutschland, es werden aber auch welche in Österreich bleiben. Wir haben genug Platz und Möglichkeiten, sie zu unterstützen.

wien.ORF.at: Es besteht also kein Grund zur Sorge?

Mendt: Wovor sollen wir Angst haben? Das sind doch keine Verbrecher, die da kommen. Das sind doch Menschen, die alles verloren haben. Wenn dein Haus zerbombt wird, wenn ein Teil deiner Familie ausgerottet wird, da brauchen wir doch gar nicht mehr darüber nachzudenken, ob man da hilft. Das ist doch selbstverständlich.

wien.ORF.at: Helfen Sie auch mit?

Mendt: Natürlich tue ich das. Aber es sollte für jeden, dem es einigermaßen gut geht, selbstverständlich sein. Ob er jetzt finanziell hilft, Kleidung bringt, sich Zeit nimmt oder sich den Organisationen anschließt. Wir haben ja tolle Organisationen, die brauchen helfende Hände, da kann man genug tun.

wien.ORF.at: Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?

Mendt: Nachdem mir Geburtstage nicht so wichtig sind, wünsche ich mir für die Zukunft, abgesehen vom banalsten Wunsch, der Gesundheit, dass mich die Kraft nicht verlässt, dass ich noch weitertun kann, solange bis ich umfalle. Ich möchte das tun, was ich mein Leben lang gemacht habe. Genau mit dem möcht ich auch enden, ob es morgen ist, ob mir einmal der Ziegel auf den Kopf fällt, oder ob ich hundert Jahre alt werde, ich habe keine Ahnung. Es ist lustig, ich hab’ gestern einen besonders lieben Anruf von Lotte Tobisch bekommen, und sie hat gesagt, sie möchte noch einmal so jung sein, wie ich.

wien.ORF.at: Zum Thema Gesundheit. Sind Sie noch leidenschaftliche Raucherin?

Mendt: Ja sicher, es schmeckt mir auch.

wien.ORF.at: Was halten Sie vom Rauchverbot in der Gastronomie, das 2018 in Kraft treten soll?

Mendt: Ich finde es deppert, weil das ist Privatwirtschaft und kein Mensch wird gezwungen in ein Lokal zu gehen, wo geraucht wird. Es gibt Nichtraucherlokale, es gibt Raucherlokale, man kann es sich ja aussuchen. Ich bin für ein Rauchverbot bei allen öffentlichen Plätzen, aber nicht in der Gastronomie. Das finde ich vertrottelt.

wien.ORF.at: Wie möchten Sie einmal in Erinnerung bleiben?

Mendt: Dass ich hoffentlich keinen Schmarrn im Leben gemacht habe. Ich kann mich in den Spiegel schauen und geniere mich nicht dabei - also was mein Leben betrifft, nicht wie ich ausschau, das ist eine andere Geschichte. Aber wer ist denn schon zufrieden mit seinem Aussehen? Ich habe mich auch vor 50 Jahren in den Spiegel geschaut und habe mir nicht gefallen. Es ändert sich nichts an dieser Einstellung.

Das Interview führte Florian Kobler, wien.ORF.at

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