Neue „Steine der Erinnerung“ für Wien

Seit zehn Jahren gibt es in Wien die „Steine der Erinnerung“. Die kleinen in den Gehsteig eingesetzten Messingplatten erinnern an die von den Nazis deportierten Wiener. In den kommenden Jahren sollen neue Steine dazukommen.

Gedenktafel "Steine der Erinnerung"

http://www.steinedererinnerung.net/

Seit 2005 in Wien zu sehen

Das Projekt „Steine der Erinnerung“ ist seit 2005 in Wien aktiv. Der kleine Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Opfer der nationalsozialistischen Konzentrationslager dort zu gedenken, wo sie gewaltsam abtransportiert wurden - mit schlichten Messingtafeln, auf denen der Name und die Kurzbeschreibung der Schicksale dieser Menschen zu lesen sind. Unterstützt wird das Projekt von der Stadt, dem Nationalfonds und privaten Spendern.

Onkel aus Israel brachte Projekt ins Rollen

Im November 2005 wurden die ersten Gedenksteine am Alsergrund und in der Leopoldstadt verlegt. „Mein israelischer Onkel, der 15 Jahre in Wien gelebt hatte, wollte am Haus seiner Eltern in der Porzellangasse eine Gedenktafel anbringen. Ich habe dann an die Hausbesitzerin geschrieben, und es kam dann keine Antwort. Letztlich hat sie das verweigert“, erzählt Elisabeth Ben David-Hindler im Gespräch mit wien.ORF.at über die Anfänge.

Ihr Onkel erzählte Ben David-Hindler dann von einer anderen Möglichkeit des Gedenkens. Gunter Demnig hatte in Deutschland „Stolpersteine“ verlegt. Die Idee der Messingplatten mit den Namen und Daten der ehemaligen Hausbewohner, die vor den Häusern im Straßenpflaster verankert werden, hat Ben David-Hindler dann in Wien übernommen.

Weitere Vereine gründeten sich in Wien

Mittlerweile hat der von ihr gegründete Verein an 330 Plätzen in Wien Steine der Erinnerung verlegt. In 15 Bezirken wird so 1.250 deportierter Menschen gedacht. Und die Initiative fand Nachahmer - es gründeten sich in vier Bezirken ähnliche Vereine. In der Landstraße gibt es etwa den Verein „Steine des Gedenkens“, der an 57 Orten Gedenksteine verlegt hat, in Mariahilf setzt die Initiative „Erinnern für die Zukunft“ auf eine Zusammenarbeit mit dem Dokumentationsarchiv (DÖW), um so die Schicksale der deportierten Menschen nachzuzeichnen.

„Zahlen alleine bewegen niemanden, aber wenn man einen Namen sieht und ein Geburtsdatum, dann verbindet man etwas mit dem Menschen“, sagt Ben David-Hindler. Die Kosten für Material und Verlegung eines „Steines der Erinnerung“ mit vier Namen betragen rund 670 Euro. Eine Patenschaft für einen Namen macht 150 Euro aus. Reparatur und Reinigung der Steine übernimmt die Stadt Wien.

Rund 100 Anfragen für neue Gedenkorte hat Ben David-Hindler derzeit: „Wir haben einmal versucht, sie für die nächsten zwei Jahre einzuteilen, aber die letzten Steine von diesen Anfragen können wahrscheinlich erst 2018 gesetzt werden.“ Rund 40 bis 45 Stationen schafft der Verein pro Jahr, mehr sei organisatorisch nicht möglich, sagt Ben David-Hindler.

Nur „fünf Tafeln pro Jahr“

„Es ist für mich so, als hätten meine Großeltern nun endlich einen Grabstein bekommen“, sagte Barbara Zeisl anlässlich einer Verlegung der „Steine der Erinnerung“. Ihren Eltern gelang 1938 die Flucht aus Wien in die USA, ihre Großeltern wurden aber direkt vor ihrem Wohnhaus in der Heinestraße 42 verschleppt und im Konzentrationslager ermordet.

Auch Gedenktafeln an den Häusern hat der Verein schon realisiert. Das sei aber die Ausnahme. „Wenn wir fünf Tafeln pro Jahr realisieren, dann ist das schon viel“, sagt Ben David-Hindler. Viele Hausbesitzer lehnen die Anbringung von Tafeln ab - mehr dazu in Viele Hausbesitzer gegen Gedenktafeln. Zum zehnjährigen Jubiläum ist jetzt das Buch „10 Jahre Steine, die bewegen“ erschienen.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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