4,6 Mio. Euro Steuern hinterzogen

Ein selbst ernannter Steuerexperte soll für rund 800 Kunden im großen Stil Steuern hinterzogen haben. Mindestens 3.500 Einkommenssteuerverfahren sollen gefälscht und ein Schaden von rund 4,6 Mio. Euro verursacht worden sein.

Via Mundpropaganda kam der verdächtige 49-Jährige zu seinen Kunden, denen bewusst war, dass bei der Arbeitnehmerveranlagung gesetzeswidrig gehandelt wird. Wie der 49-Jährige selbst stammen sie alle aus dem Raum Wien. Bei mindestens 3.572 Steuerverfahren wurden in betrügerischer Absicht durch gefälschte Rechnungen und Nachweise ungerechtfertigte Steuerminderungen beziehungsweise Rückzahlungen geltend gemacht. Der 49-Jährige kassierte dafür eine saftige Provision von bis zu 50 Prozent.

Arztrechnungen manipuliert

Bereits Ende 2014 wurde bei Kontrollen in zahlreichen Fällen die ungerechtfertigte Geltendmachung von Krankheitskosten, Versicherungszahlungen und Spenden, die tatsächlich nie geleistet wurden, aufgedeckt. Als Nachweis wurden seitens der Steuerpflichtigen gefälschte Belege, die der „Steuerexperte“ produzierte, eingereicht. Das ging so weit, dass ohne das Wissen der betroffenen Mediziner Rechnungen bestehender Arztpraxen manipuliert wurden.

Darüber hinaus wurde fallweise das Pendlerpauschale beantragt, ohne dass hierfür die notwendigen Voraussetzungen erfüllt wurden. Stets wurden über dubiose E-Mail-Adressen gefälschte Arztrechnungen und Versicherungsbestätigungen übermittelt.

Verdächtiger auf freiem Fuß angezeigt

Mittels Recherchen und Logfile-Auswertungen der IP-Adressen wurde dem Drahtzieher das Handwerk gelegt. Der Organisator konnte über eine auf ihn registrierte IP-Adresse sowie eine früher bei seiner eigenen Steuernummer hinterlegte E-Mail-Adresse ausgeforscht werden. Der 49-Jährige aus dem Raum Wien wurde auf freiem Fuß angezeigt, sagte Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzministeriums. Die Ermittlungen ergaben neben Abgabenhinterziehung und Abgabenbetrug auch den Verdacht auf Delikte wie schweren gewerbsmäßigen Betrug, Geldwäsche und Erpressung.

Eine Sonderkommission der Steuerfahndung kam nach Hausdurchsuchungen zum Schluss, dass der „organisatorische Kopf“ des Betrugssystems bei mehr als 800 Abgabepflichtigen Arbeitnehmerveranlagungen mit Falschangaben beantragt hatte. Hunderte Antragsteller wurden als Beschuldigte im Finanzstrafverfahren einvernommen und ihre Veranlagungen neu aufgerollt.

880 Steuernummern wurden überprüft. Dazu wurden 3.572 Einkommensteuerverfahren wieder aufgenommen und ebenso viele neue Steuerbescheide erlassen. Die hinterzogene Einkommensteuer beläuft sich auf 4.570.843,22 Euro. An Anspruchszinsen wurden bisher 211.830,06 Euro zusätzlich vorgeschrieben.

Finanzamt erwartet Steuerrückzahlungen

Einzelne Abgabepflichtige, mit deren Wissen die gefälschten Daten in der Arbeitnehmerveranlagung beantragt wurden, müssen nun bis zu 20.000 Euro an die Finanz zurückzahlen, obwohl sie von ihrer Steuererstattung die Hälfte an den Steuerexperten gezahlt hatten. Bei größeren Beträgen können noch Finanzstrafen dazu kommen.

Beim Finanzamt geht man davon aus, dass die hinterzogenen Steuern zurückgezahlt werden. Die Kunden des 49-Jährigen sind überwiegend dem höheren Mittelstand zuzurechnen. Erste Zahlungseingänge wurden bereits verzeichnet. Neu aufgerollt wurden von den Datenforensikern die Arbeitnehmerveranlagungen bis zum Jahr 2006 zurück.

Link: