Terrorverdacht: Anzeige kam von Bekanntem

Der in Wien verhaftete 17 Jahre alte Terrorverdächtige ist durch eine Anzeige aus seinem erweiterten Bekanntenkreis in Neuss ins Visier der Behörden geraten. Er war wegen seiner radikal-islamischen Ansichten aufgefallen.

Der 17-Jährige hatte in der deutschen Stadt Neuss einen später ebenfalls in Haft genommenen 21-Jährigen besucht und dort probeweise einen Sprengsatz gebaut. Binnen zwei Stunden und mit einer Anleitung aus dem Internet bastelte er im Dezember mit sieben Rauchbomben aus einem „Knallergeschäft“, einer Konservendose, einem Wecker, einer Batterie und Kabeln einen Sprengsatz, zitierte die Wochenzeitung „Der Falter“ aus den Protokollen der ersten Einvernahmen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz in Wien.

Den Sprengsatz habe er in einem Park explodieren lassen - ohne Nägel, denn dafür habe er nicht den Mut gehabt. „Die beiden haben Böller geschmissen und eine Rauchbombe gebastelt. Aber da war nix, was auch nur annähernd einer Gefährdungslage nahe kommen könnte“, erklärte der Anwalt des 17-Jährigen, Wolfgang Blaschitz, bereits am vergangenen Mittwoch - mehr dazu in Terrorverdächtiger will umfassend aussagen.

Radikalisierung in Justizanstalt Wiener Neustadt

Radikalisiert wurde der Bursch laut dem Einvernahmeprotokoll in der Justizanstalt Wiener Neustadt, wo er 2015 wegen einer Reihe strafbarer Delikte mehrere Monate in U-Haft verbrachte. Ein „Ahmed“ habe ihm einen Koran gegeben, irgendwann habe er dem Burschen aus Dagestan gesagt, er wolle zum Islam konvertieren.

Nach seiner Freilassung besuchte er Moscheen, heiratete eine muslimische Internet-Bekanntschaft und lernte über Facebook einen gewissen Abdul A. kennen, der sich mit einer IS-Flagge vorstellte. „Er hat mir erklärt, dass ich ins Paradies kommen würde, wenn ich auch zur Al Nusra kommen würde“, zitierte die Wochenzeitung aus dem Einvernahme-Protokoll.

Kämpfer der IS waren „Helden“ für ihn

Er hörte sich Hetzreden des in Graz verurteilten radikalen Predigers Mirsad O. an, der im vergangenen Sommer in Graz wegen terroristischer Vereinigung, Anstiftung zum Mord und schwerer Nötigung zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde - mehr dazu in steiermark.ORF.at. Außerdem holte er sich Informationen über die Folter der USA im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib. „Ich habe gehört, dass der IS 5.000 Muslime aus diesem Gefängnis befreit hat. Seit diesem Zeitpunkt, das war so im April 2016, waren die Kämpfer des IS Helden für mich.“

Dass Menschen vom IS angezündet werden, sei natürlich grausam, aber das sei Rache für Kriegsverbrechen des Westens, meinte der 17-Jährige laut „Falter“. Kämpfer wie ihn brauchte der IS in Syrien nicht mehr. „Ich wollte in Europa etwas machen, in Deutschland. Ich hasse das deutsche Militär, weil sie an den Kämpfen gegen Muslime beteiligt sind.“

Fortsetzung am Montag

Eine Fortsetzung der Befragung sei erst für Montag geplant, so Anwalt Blaschitz: „Das wird dann vermutlich wieder eine Zehnstundensession.“ Derzeit werde die Tat Detail für Detail aufgearbeitet, das dauere. Der Jugendliche zeige sich zumindest zum Teil kooperativ und geständig, „was seine eigene Geschichte betrifft“, sagte der Verteidiger. Aussagen von Zeugen wies er hingegen zurück.

Die Ermittlungen laufen nach wie vor wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und nicht in Richtung Vorbereitung von dutzendfachem Mord oder vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel. „Dafür sehe ich keine Beweise“, so Blaschitz.

Festnahme am 20. Jänner

Der 17-Jährige wurde am 20. Jänner in Wien-Favoriten festgenommen. Seit der Vorwoche befindet er sich in der Justizanstalt Josefstadt in Untersuchungshaft. „Die U-Haft wurde aus den Haftgründen der Verdunkelung und Tatbegehungs- bzw. Ausführungsgefahr verhängt“, erklärte Christina Salzborn, Sprecherin des Landesgerichts Wien. Rechtswirksam ist die freiheitsentziehende Maßnahme vorerst bis 7. Februar.

Ein zwölfjähriger Bub, der in engem Kontakt mit dem 17-Jährigen gestanden sein soll, wurde in einem Krisenzentrum untergebracht. Der 17-Jährige erklärte jedoch, den Buben nur ein einziges Mal getroffen zu haben. „Da sind sie gemeinsam U-Bahn gefahren und beim Schwarzfahren erwischt worden“, berichtete Blaschitz. Der Zwölfjährige habe zwar regeren Kontakt gesucht, sei seinem Mandanten aber „auf die Nerven gegangen“, sagte der Anwalt - mehr dazu in Terrorverdacht: Zwölfjähriger in Krisenzentrum.

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