Obdachlosen-Praxis ist überfüllt

In der Arztpraxis vom Verein Neunerhaus werden Menschen ohne E-Card und Krankenversicherung behandelt. Immer mehr Personen müssen auf das Service zurückgreifen: Die Zahl der Patienten hat sich seit 2010 beinahe verdreifacht.

Verschiedene Personengruppen sind gezwungen, das Neunerhaus aufzusuchen: Obdachlose, alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern, Asylwerber und auch Studenten, die zu lange studiert haben und aus dem Regelsystem gefallen sind. In Wien haben schätzungsweise über 20.000 Menschen keine Krankenversicherung - Tendenz steigend.

Neunerhaus Wien

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Die Zahl an Patienten hat sich seit 2010 beinahe verdreifacht

Immer mehr Patienten im Neunerhaus

„Wenn man aus der Perspektive unserer Patientinnen auf österreichische Gesundheitssystem blickt, dann sieht man ein Gesundheits-System mit sehr vielen Barrieren und Hürden für Menschen, die in prekären Lebensumständen leben“, sagt Stephan Gremmel, Ärztlicher Leiter des Neunerhauses, gegenüber „Wien heute“. Und diese Barrieren sorgen offenbar dafür, dass das Neunerhaus regen Zuwachs erhält.

Während dort 2010 allgemeinmedizinisch 924 Patienten behandelt worden sind, waren es 2016 schon 2.276. Neben der allgemeinmedizinischen Praxis, befindet sich im Neunerhaus eine Zahnarztpraxis. Auch hier ist die Zahl der „Neukunden“ beträchtlich gestiegen. Die Zahnarztpraxis hat 2010 574 Patienten behandelt, im vergangenen Jahr waren es 1.690. Alles in allem ist die Zahl der zusätzlichen Patienten seit 2010 um 165 Prozent gestiegen.

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Im Erdgeschoss sollen ab Oktober weitere Behandlungsräume entstehen

„Krankenversicherung, die für alle gilt“

Im Neunerhaus sind zwei Sozialarbeiter fix angestellt. Das solle eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglichen, erklärt Gremmel. Von der Grippe zur Herzinsuffizienz: Die Hausärzte im Neunerhaus sind mit denselben Krankheiten konfrontiert, wie in einer normalen allgemeinmedizinischen Praxis. „Was bei uns aber sicher häufiger vorkommt, sind psychiatrische Erkrankungen“, sagt Gremmel im Hinblick auf die Leiden seiner Patienten.

Ab Oktober wird die Neunerhaus-Praxis stark vergrößert. Ins Erdgeschoss, wo momentan noch eine Baustelle ist, sollen dann vier Zahn-Behandlungsstühle und zwei zusätzliche Räume für die allgemeinmedizinische Versorgung kommen. Markus Reiter, Geschäftsführer des Neunerhauses, hat eine Vision: „Wünschen würde ich mir eine Krankenversicherung, die für alle gilt. Das heißt ein Grundrecht auf eine Krankenversicherung, die automatisch hergestellt wird.“

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