Liederbuch: Götschober will interne Aufarbeitung

In der Affäre um ein antisemitisches Liederbuch, das der Burschenschaft Bruna Sudetia gehören soll, hat deren Obmann Herwig Götschober am Donnerstag eine interne Aufarbeitung angekündigt. Am Mittwoch gab es eine Hausdurchsuchung.

Bei der am Mittwoch erfolgten dreistündigen Hausdurchsuchung seien mehrere Kisten mit ihm unbekanntem Material beschlagnahmen worden, erklärte Götschober bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Es dürfte sich dabei um Kisten aus dem zweiten Untergeschoß der „Bude“ - der Räumlichkeiten der Burschenschaft - handeln, vermutlich „Nachlässe von vor Jahrzehnten verstorbenen Bundesbrüdern“.

Götschober bei Pressekonferenz

APA/Georg Hochmuth

Götschober betonte erneut, das Liederbuch nicht zu kennen

Ob bei den beschlagnahmten Dingen strafrechtlich Relevantes dabei ist, konnte der von der Burschenschaft beauftragte Anwalt Werner Tomanek nicht einschätzen. Er betonte, dass der Besitz „von historisch bedenklichen Dingen“ in Österreich nicht verboten sei.

„Vollste Kooperation“ mit Behörden

Gleichzeitig betonte Götschober, die Verantwortung zu tragen. Die Burschenschaft lehne jegliches antisemitisches oder rassistisches Material „zutiefst ab“. Dabei sei es „völlig egal“, ob die Dinge strafrechtlich relevant sind oder nicht. Sollte solches Material gefunden werden, widerspräche das den Werten der Burschenschaft Bruna Sudetia sowie der Burschenschaften allgemein, sagte er.

Götschobers Liederbuch

APA/privat

Sein Liederbuch enthalte keine antisemitischen Texte, so Götschober

Man werde zwei Anwälte damit beauftragen, „die Angelegenheit intern aufzuarbeiten“, so Götschober. „Ich habe mir das selbst als eine Art interne Firewall vorgestellt, um auch künftig solche Vorkommnisse zu verhindern.“ Er entschuldigte sich dafür, dass Derartiges bis jetzt nicht passiert sei. Den Behörden versprach Götschober „vollste Kooperation“.

Staatanwaltschaft ermittelt gegen unbekannt

Grund für die von der Staatsanwaltschaft beauftragte Hausdurchsuchung waren die Ermittlungen wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung gemäß Verbotsgesetz. Die Staatsanwaltschaft hat von Amts wegen Erhebungen aufgenommen, nachdem die Wiener Wochenzeitung „Falter“ am Dienstag vom Auftauchen eines weiteren Liederbuches mit antisemitischen Texten berichtet hatte, das der Bruna Sudetia zuzuordnen sein soll - mehr dazu in Liederbuch: Staatsanwalt ermittelt.

Liederbuch der Burschenschaft "Bruna Sudetia

APA/Falter

Laut einem Bericht der Zeitschrift „Falter“ gehört auch das antisemitische Liederbuch der Bruna Sudetia

In dem Liederbuch findet sich unter anderem - wie schon im Liederbuch der „Germania“ des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer - die Liedzeile „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“ - eine Verhöhnung des Massenmords an den Juden in der NS-Zeit. Götschober betonte am Donnerstagabend neuerlich, dass ihm dieses Liederbuch völlig unbekannt sei. „Ich kenne eine solche Version des Liederbuches nicht.“

Götschober ließ sich beurlauben

Götschober ließ sich nach den Vorwürfen gegen die Burschenschaft als Pressereferent im Büro von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) vorerst beurlauben. Die Beurlaubung des Kabinettmitarbeiters soll so lange dauern, bis die Vorwürfe „restlos aufgeklärt“ sind, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung des Verkehrsministeriums. Der Obmann der Bruna Sudetia ist auch Bezirksrat der FPÖ in der Leopoldstadt.

Dank sprach Götschober am Donnerstag der freiheitlichen Parteispitze für deren Unterstützung aus: „Ich möchte mich beim Vizekanzler (Heinz-Christian Strache, Anm.) für die Rückendeckung bedanken.“ Ob es tatsächlich zu den von der Burschenschaft in den Raum gestellten rechtlichen Schritten gegen die Wochenzeitung „Falter“ kommt, wollte Götschober noch nicht beurteilen: „Ich weiß nicht, ob man etwas einklagen kann.“

NS-Liederbuch: Material beschlagnahmt

Bei der Burschenschaft Bruna Sudetia sind mehrere Kisten mit unbekanntem Material beschlagnahmt worden.

„Bücher, die niemand liest, nicht gefährlich“

Anwalt Tomanek betonte am Donnerstagabend, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft würden sich auch jetzt gegen unbekannt, nicht aber gegen eine natürliche Person richten. Darüber hinaus sagte der bekannte Strafverteidiger zu möglichen Funden in den Kisten: „Bücher, die niemand liest, halte ich nicht für gefährlich.“ Erfahrung mit Verfahren nach dem NS-Verbotsgesetz hat Tomanek jedenfalls, wie er selbst sagte. Unter anderem hat der Anwalt 2010 den Holocaust-Leugner Gerd Honsik vertreten.