Nur zehn Videotheken übrig

In den 1990er Jahren hat es noch rund 1.000 Videotheken in Wien gegeben - heute sind es nur noch zehn, die Onlinestreamingdiensten wie Netflix trotzen. Möglich ist das zum Beispiel mit Spezialprogrammen.

Paul Pawlek

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Paul Pawlek betreibt eine der letzten Videotheken Wiens

Paul Pawlek, einst Stürmer bei Rapid, führt seit 2007 in Favoriten eine der letzten Videotheken der Stadt. Gerne erinnert er sich an bessere Zeiten: „Da ist man am Wochenende hingekommen, hat sich einen Film genommen und gesagt: Jetzt hab ich einmal einen, und dann hat man geschaut, ob man etwas Besseres findet, weil alles andere verborgt war.“

Pawleks Videothek VTC auf der Favoritenstraße mit ihren 30.000 Filmen überlebt heute vor allem durch treue Stammkunden, in erster Linie etwas ältere Menschen. „Ich muss ehrlich sagen, ich habe keinen Computer zu Hause, mich interessiert das überhaupt nicht“, erzählte einer dieser Stammkunden im „Wien heute“-Interview. „Was ich hier so schätze, ist das Persönliche, das Menschliche und einfach der Service.“

Paul Pawleks Videothek

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30.000 Filme hat die Videothek VTC im Angebot

Große Fernseher locken wieder in Videothek

Man müsse auch auf besondere Kundenwünsche eingehen, etwa gesuchte Filme organisieren, erklärte Pawlek seine Überlebensstrategie. Weil viele andere Videotheken geschlossen hätten, würde man jedoch sogar viele Neuanmeldungen verzeichnen - das fange den Umsatzrückgang ab. Auch dass große Fernsehgeräte inzwischen günstig erhältlich sind, würde so manchen Kunden wieder in die Videothek locken: „Die Qualität einer Blue-ray oder einer DVS ist doch besser als das Streamen.“

Filmgalerie Achteinhalb setzt auf Spezialfilme

Bergab gegangen sei es mit der Branche, als die Menschen begonnen hätten, Filme online herunterzuladen und anzusehen, meinte Wolfgang Krejcik, Bundesobmann der Sparte Elektrohandel in der Wirtschaftskammer (WKÖ). „Nur mehr Videotheken, die ein besonderes Spezialprogramm haben, beispielsweise fremdsprachig oder ein besonderes Alter der Filme, haben noch eine Möglichkeit, Geschäfte zu machen“, so Krejcik.

Filmgalerie Achteinhalb

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Die Filmgalerie Achteinhalb zieht vor allem Filmkenner an

Eine dieser spezialisierten Videotheken ist die Filmgalerie Achteinhalb im neunten Bezirk. Sie ist durch ihre große Auswahl an künstlerisch wertvollen Filmen vor allem bei Filmkennern sehr beliebt. Die Filme seien nach Regisseuren geordnet, von Ken Loach bis zu Sally Potter, sagte Mitarbeiterin Petra Forstner, das würde das Publikum sehr schätzen. „Uns empfehlen Kundinnen und Kunden auch immer wieder Sachen, die wir dann besorgen.“ Man versuche die gesamte Filmgeschichte abzudecken, von Klassikern bis zu aktuellen Filmen wie „Wonder Woman“.

Videotheken sterben aus

Von ehemals 1.000 Videotheken gibt es in Wien heute nur mehr zehn. Onlineriesen wie Amazon und Netflix machen den Betreibern Konkurrenz.

„Menschliche Empfehlung statt Algorithmus“

Ab und zu verirrt sich auch die eine oder andere Online-Userin in die Filmgalerien - wie eine junge Frau beim „Wien heute“-Lokalaugenschein: „Ich bin normalerweise eher eine Streamerin, eine legale. Ich bin heute der Arbeit wegen hier, aber es gefällt mir sehr gut, und ich glaube, ich werde öfter herkommen.“

Petra Forstner hätte dafür jedenfalls Argumente: „In Videotheken entdeckt man auch Sachen, die man vielleicht gar nicht gesucht hat.“ Bei Streamingdiensten sei man vom Algorithmus abhängig. „Wenn man eine menschliche Empfehlung haben will, dann kommt man zu uns.“

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