Praterstern: Probleme für Sozialarbeiter

Eine gute Woche nach Inkrafttreten des Alkoholverbots auf dem Praterstern beobachtet die Leopoldstädter Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne) eine Verdrängung der „Szene“. Die Arbeit der Sozialarbeiter sei nun deutlich schwieriger.

Für die Sozialarbeiter seien ein Beziehungsaufbau und Vertrauen zu den Betroffenen die Grundlage, sagte Lichtenegger im Interview mit „Wien heute“: „Hier am Praterstern hat man sich einfach schon gekannt.“ Durch das Alkoholverbot seien viele der oft auch obdachlosen Menschen nun verdrängt worden - und damit für die Sozialarbeiter nur mehr schwer erreichbar.

Praterstern

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Gegen das Alkoholverbot verstößt am Praterstern am Samstag niemand

Kritik an mangelnder Vorbereitung

Lichtenegger forderte eine Abfederung dieser Folgen des Alkoholverbots, etwa durch eine tägliche medizinische Versorgung durch den Louise-Bus der Caritas, finanziell unterstützt durch die Stadt Wien. Sie befürchte sonst, „dass es unkontrolliert wird, an den Randgebieten, in Wohngebieten, in anderen Grünanlagen.“ Sie höre bereits von einer Verlagerung der Szene in den Augarten oder die U-Bahn.

Uschi Lichtenegger (Grüne)

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Nicht einer Meinung: Die Leopoldstädter Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne) ...

Bei der Auflösung der Drogenszene auf dem Karlsplatz vor ein paar Jahren habe es eine längere Vorbereitungsphase gegeben, die Betroffenen wurden etwa in Tageszentren eingeladen, betont die Bezirksvorsteherin. Anders auf dem Praterstern: „Hier gab es keine Vorbereitung für die Menschen, für die Sozialarbeit, sondern es wurde praktisch von einem Tag auf den anderen umgesetzt.“

FPÖ will Verbot auch für Kaiserwiese

Ganz anders fällt die Bilanz der FPÖ im Bezirk zum Alkoholverbot aus. „Wenn man sich da heute umschaut, man sieht keine Alkoleichen“, meinte Wolfgang Seidl, Leopoldstädter FPÖ-Obmann. Um die Zeit vor einem Jahr seien es noch zwischen 50 und 60 gewesen. Die Umsetzung des Verbots sei längst überfällig gewesen - „sehr viele Schlägereien hätten verhindert werden können“, so Seidl. „Aber jetzt ist es soweit und es ist gut so.“

Wolfgang Seidl, Leopoldstädter FPÖ-Obmann

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... und Wolfgang Seidl, Leopoldstädter FPÖ-Obmann

Eine bloße Verlagerung der Szene sieht der FPÖ-Politiker nicht. Er habe sich die Situation am Freitag selbst angesehen - auf der Kaiserwiese hätten nur zwei Personen getrunken, auf dem Nestroyplatz niemand. „Die Verlagerung hier im Bezirk habe ich noch nicht wahrgenommen.“ Die FPÖ fordert nun jedoch eine Ausweitung des Alkoholverbots auf die Kaiserwiese. „Die Alkoszene kann ja auch trinken. Dafür gibt es soziale Einrichtungen, und zwar dutzende in Wien“, erklärte Seidl.

Polizeibilanz erst Ende Mai

Das Alkoholverbot auf dem Praterstern ist seit 27. April in Kraft. Wer sich nicht daran hält, dem drohen bis zu 700 Euro Strafe. Das Alkoholverbot gilt im Bahnhofsgebäude und in den öffentlichen Bereichen rundherum - etwa bis zur Venediger Au. Ausgenommen sind die Supermärkte und die Gastronomie: Auch bei den Imbissständen darf also weiterhin getrunken werden. Die Polizei will erst Ende Mai eine erste Bilanz ziehen. Der erste Tag verlief bis auf eine Festnahme ruhig - mehr dazu in Praterstern-Alkoholverbot: Ruhiger erster Tag.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 5.5.2018, 19.00 Uhr, ORF2 und danach online in der ORF TVThek.

Beim „Wien heute“-Lokalaugenschein auf dem Praterstern am Samstagvormittag trank niemand verbotenerweise. „Jetzt ist es angenehm und besser“, meinte eine Passantin. „Die Leute sind gekommen und haben einfach geschnorrt - und das ist nicht so leiwand“, erinnerte sich ein Mann an die Zeit vor dem Alkoholverbot. Die Szene sei bereits abgewandert, erzählen andere Anrainer - etwa auf die Kaiserwiese neben dem Praterstern. Dort waren dann auch tatsächlich Gruppen von Männern zu sehen, die Alkohol konsumierten - gefilmt oder interviewt werden wollten sie dabei nicht.