RH kritisiert Kartenvergabe der Staatsoper

Der Rechnungshof (RH) kritisiert, dass die Staatsoper einen Teil der Eintrittskarten an Kartenbüros und Vereine abgibt. Diese verkaufen dann die Karten teils deutlich teurer weiter. Die Oper will nun die Verträge mit den Kartenbüros präzisieren.

Nachdem zu Jahresanfang bereits der Rohbericht publik wurde, liegt nun der Endbericht vor, der die Geschäftsjahre 2011/12 bis 2014/15 beleuchtet. Die Hauptkritik richtet sich gegen die Vergabe von Tickets an externe Kartenbüros und Vereine wie Jeunesse, Stadtabo und Verein der Freunde der Staatsoper, die bereits zu Saisonbeginn ausgegeben wurden.

Intransparente Weitergabe

Bis zu knapp 45.000 Tickets wurden vergeben, ohne dass dabei der Selektionsprozess transparent gewesen und das Vieraugenprinzip gewahrt worden seien. Die Tickets seien von den Kartenbüros dann teils deutlich teurer weiterverkauft worden. „Außerdem barg diese Vorgangsweise Risiken hinsichtlich Korruption und Nichteinhaltung von Compliance-Regeln“, warnt der RH.

Bei einer Auslastung zwischen 89 und 91 Prozent betrug die Ertragsauslastung - also das Verhältnis dessen, was man hätte erlösen können, im Vergleich zum tatsächlichen Erlös - 80 bis 83 Prozent. Die Zahl der zum Normalpreis in der Staatsoper verkauften Karten stieg von 406.000 in der Saison 2011/12 zunächst auf 422.000 2013/14, um dann 2014/15 wieder auf 412.000 zu fallen.

Neue Displays für die Staatsoper

APA/LEMON42

Die Staatsoper hat zuletzt auch in neue Displays investiert

Meyer: „Altes System übernommen“

„Die Wiener Staatsoper ist sehr gesund“, unterstrich Direktor Dominique Meyer dazu vor Journalisten. Ungeachtet der millionenschweren Ausgabensteigerung durch vereinbarte Gehaltssteigerungen sei man finanziell auf einem guten Weg: „Ich bin stolz, dass wir meinem Nachfolger acht Millionen Euro an Reserven hinterlassen.“

Man werde selbstredend die Vorschläge angehen, was etwa die Kartenkontingentfrage betreffe. Es sei seit der letzten RH-Prüfung 1973 einfach viel Zeit ins Land gestrichen. „Ich war damals 18 Jahre alt und hatte lange Haare“, so der heute barhäuptige Meyer. „Dieses Kartensystem existiert schon sehr lange“, konstatierte der Staatsopernchef: „Ich habe einfach das System übernommen, wie es immer war.“

Tatsächlich habe er - wie all seine Vorgänger - nicht im Sinne des Vieraugenprinzips gegengezeichnet. „Hätte ich gewusst, ich müsste es unterschreiben, hätte ich das aber sofort getan“, stellte Meyer klar. Schließlich ermögliche die Zusammenarbeit mit Kartenbüros, auch schwieriger zu verkaufende Vorstellungen vollzubekommen und Gäste aus den Bundesländern organisiert nach Wien zu bringen. Auch nicht zu unterschätzen seien die Zuschläge in Höhe von 130.000 Euro, die man hier lukriere.

Höchstgrenze für Karten pro Vorstellung

„Wir sehen aber ein, dass das System nicht mehr zeitgemäß ist, und werden die Verträge mit den Kartenbüros präzisieren“, so Meyer. Etwa wolle man eine Höchstgrenze für entsprechend vergebene Karten pro Vorstellung einziehen. Allgemein bleibe jedoch festzuhalten: „Die Karteneinnahmen sind extrem gestiegen.“

So hätten diese in der letzten Saison von Ioan Holender 29 Millionen Euro betragen, 2016/17 hingegen gut 35 Millionen Euro. Damit lukriere man um 50 Prozent mehr als die drei Berliner Opernhäuser zusammengenommen. „Es wird immer für selbstverständlich genommen, dass das Haus jeden Tag voll ist - es ist aber nicht selbstverständlich“, ärgerte sich der Staatsopernchef.

Hohe Kosten für Livestream

Ein weiterer RH-Kritikpunkt betrifft das Livestream-Projekt des Hauses, dessen Kosten im ersten Jahr bei rund 413.000 Euro lagen - bei 81.000 Euro an Erlösen. Hier habe man zum einen die Einnahmen in der laufenden Saison auf rund 170.000 Euro erhöht, unterstrich Meyer. Andererseits habe man Sponsorengelder von 1,4 Millionen Euro lukriert, über die sämtliche Investitionen getragen worden seien.

Livestream Staatsoper

ORF

Der Aufwand für den Livestream der Staatsoper ist hoch

Dezidiert sprach sich Meyer gegen die RH-Anregung aus, bei besonders nachgefragten Vorstellungen neue Einnahmemodellen mit „optimalen Kartenpreisen“ zu entwickeln. „Ich bin extrem dagegen“, votierte Meyer gegen die dynamische Preisgestaltung. Würde ein Abend mit einem großen Star überbordend hochpreisig verkauft, vertreibe man die steuerzahlenden Opernliebhaber und schaffe sich Probleme mit Sängern und Agenten, die dann entsprechend höhere Gagenforderungen stellen würden. „Wir haben die gleiche Höchstgage seit dem Jahr 1999 - was ein Wunder ist“, so Meyer. Auch sei die Frage offen, wie man beim Ausfall eines Sängers vorgehe.

Kritik an Bühnenorchester und Barauszahlungen

Ein weiterer Punkt, der dem RH sauer aufstieß, ist der Einsatz des aus 40 Musiker bestehenden Bühnenorchesters, hätten diese doch einerseits nur 59 Prozent der kollektivvertraglichen Solldienste geleistet. Andererseits hätten Bühnenorchestermitglieder teils als Substitute für abwesende Mitglieder des Staatsopernorchesters gearbeitet. Hernach wurde beiden Musikern der Dienst angerechnet.

Einige Mitglieder des Bühnenorchesters spielten dabei teils mehr als 40 Prozent ihrer insgesamt geleisteten Dienste als Substitut. Die Praxis der doppelten Dienstabrechnung sei obsolet. „Da hat der Rechnungshof mit der Kritik absolut recht“, konzedierte Meyer: „Das werden wir ändern.“

Oper verteidigt Bestellung von Ausstattung

Anderen Empfehlungen des RH steht man kritisch gegenüber. Man stehe etwa dazu, dass man die Ausstattung ausschließlich bei der ART for ART Theaterservice GmbH bestellt habe, anstatt etwaige Kostenvorteile bei anderen Anbietern zu suchen. „Wenn man ein Bühnenbild von uns europaweit ausschreibt, wünsche ich uns allen viel Glück, dass das rechtzeitig aus irgendeinem Land ankommt“, unterstrich der kaufmännische Geschäftsführer Thomas W. Platzer.

Die kritisierte Barauszahlung an Künstler von bis zu 370.000 Euro jährlich sei nach einer Untersagung durch die Bundestheater-Holding deutlich reduziert worden. „Aber Barauszahlungen sind dann dreckig, wenn es keinen Beleg gibt. Hier wurde nie eine Auszahlung ohne Beleg getätigt“, betonte Platzer.

Opposition: Missstände rasch beheben

Bundestheater-Holding-Chef Christian Kircher unterstrich in einer Reaktion die Bedeutung der RH-Prüftätigkeit zum verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Geldern. Den Kartenvertrieb hinsichtlich Transparenz, Effizienz und Einnahmensteigerung weiterzuentwickeln sei eines der vorrangigen Ziele der Holding-Geschäftsführung: „Die Bundestheater-Holding hat unmittelbar auf den Rohbericht des Rechnungshofs reagiert und im Jänner 2018 verbindliche Regeln für den Verkauf von Tickets durch die Tochtergesellschaften an Kartenbüros eingeführt.“

Auch die Oppositionsparteien meldeten sich am Freitag zu Wort. „Die Wiener Staatsoper ist eine wichtige Kulturinstitution, die sich in den letzten Jahren gut entwickelt hat. Umso wichtiger ist es, nun auch diese Missstände rasch und umfassend zu beheben“, forderte NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn. Auch sein Kollege Wolfgang Zinggl von der Liste Pilz appellierte an die Staatsoper, Missstände sofort zu beseitigen.

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