Kaup-Hasler will Volkstheater neu ausrichten

Die neue SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hat bereits eine Reihe von Ideen für Wiens Kulturinstitutionen. So plant sie eine Neuausrichtung des Volkstheaters und der Kunsthalle Wien - und sie will die freie Szene stärken.

Nach dem überraschenden Abgang von Nicolaus Schafhausen in der Kunsthalle Wien ist bald eine erste große Personalentscheidung zu treffen. Schafhausen verlässt die Institution im Frühjahr 2019, wird aber laut der Stadträtin noch ein Programm bis Ende 2019 vorlegen - mehr dazu in Schafhausen verlässt Kunsthalle. Vor der Entscheidung über Schafhausens Nachfolge will Kaup-Hasler nun grundsätzlich über die Strukturen der Kunsthalle nachdenken lassen, sagte sie im Gespräch mit der APA.

Veronica Kaup-Hasler

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Kaup-Hasler ist seit Mai im Amt

Angedacht ist der Austausch in „einem Kreis von Expertinnen und Experten“: „Natürlich habe ich eigene Vorstellungen. Aber ich bin hier ja nicht die Prinzipalin oder Intendantin, sondern verstehe das auch als wichtigen Prozess in einer Kunstcommunity“, so die 49-jährige Neo-Stadträtin. „Erst dann, wenn Grundentscheidungen fallen, wo und wie die Kunsthalle funktionieren kann, wird es um die Personaldebatte gehen.“ Der Standort müsse ebenso hinterfragt werden wie die Inhalte.

„Ganz intensive Gespräche“ mit Volkstheater-Chefin

Eine weitere Personalie steht auch mit der Ausschreibung der Volkstheater-Leitung an. Anna Badora hat zuletzt unmissverständlich gesagt, dass sie sich mit der derzeitigen Subventionshöhe nicht wieder bewerben würde. „Wir sind in ganz intensiven Gesprächen“, so Kaup-Hasler. „Ich schätze Badoras Arbeit, die sie in Graz gemacht hat, wirklich sehr. Dort hat sie mit einer sehr guten Dramaturgin an ihrer Seite einen Weg gefunden, das Theater zum Blühen zu bringen und mit der Stadt zu kommunizieren.“ Sie bedaure, dass das in Wien offenbar anders als in Graz gelaufen sei.

Volkstheater

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Kaup-Hasler will das Volkstheater „neu aufsetzen“

Nun sei man dabei, „das gemeinsam zu evaluieren und Weichenstellungen für die Zukunft des Volkstheaters vorzubereiten“. Konkret geht es Kaup-Hasler um einen Thinktank, in dem darüber nachgedacht werden soll, „welche Rolle dieses Theater mit seiner besonderen Geschichte und auch Lage als Volkstheater versus Hoftheater in einer sehr reichen Theaterstadt haben sollte, um eine einzigartige Stellung zu bekleiden“. Dabei werde auch die Frage sein, ob es dabei nur um Spielpläne gehe oder auch um das Neudenken von Formaten und Inhalten. „Diese Zeit muss man sich geben, um das Theater neu aufzusetzen.“

Auf die Frage, ob Badora an diesem Prozess teilnehmen wird, antwortete Kaup-Hasler knapp: „Das werden wir sehen.“ Im Falle von Badora führt Kaup-Hasler jedoch auch ins Treffen, dass die dringenden Sanierungsarbeiten deren künstlerische Arbeit beeinträchtigt haben. „Daher hoffe ich, dass der Bund sein Versprechen einhält, ebenfalls zwölf Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Das würde eine zukünftige Neuausrichtung maßgeblich erleichtern, wenn der Bund sein Ja schnell gibt.“

Festwochen: Kommentare vor Ende „unanständig“

Ob es künftig bei Personalentscheidungen Findungskommissionen geben werde, hänge maßgeblich „vom Emergency-Status“ ab: „Wenn man ein Feuer löschen muss, kann man nicht eine Findungskommission einsetzen, um den Feuerwehrhauptmann in mehreren Abstimmungsvorgängen zu bestimmen. Da muss man schnell agieren.“

Veronica Kaup-Hasler

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Vor ihrem Einstieg in die Politik war Kaup-Hasler Kulturmanagerin

Auch mit Festwochen-Intendant Tomas Zierhofer-Kin wird es nach Ende der laufenden Ausgabe wohl klärende Gespräche geben, wenngleich es Kaup-Hasler zum jetzigen Zeitpunkt „unanständig“ fände, dem Intendanten vor Ende des Festivals Kommentare zukommen zu lassen. Die erste Festwochen-Ausgabe im Vorjahr habe sie ja „noch als Kollegin wahrgenommen“ und sie „habe auch gesehen, welches Potenzial Zierhofer-Kin neu gefunden hat, in etwa, wenn ich an das Publikumssegment denke, das sich bei ‚Hyperreality‘ findet“. Dieses sei „ja im Grunde jenes des Donaufestivals“. Sie habe aber auch gesehen, „dass dieser Weg von vielen Festwochen-Besuchern nicht mitgegangen wurde“.

Stadträtin will Musicalsparte „genau anschauen“

Was die Zukunft der Vereinigten Bühnen Wien - insbesondere in der Musicalsparte - betrifft, erbittet sich Kaup-Hasler Zeit, „mir das genau anzuschauen“. In Wien fänden Musicals in historischen Gebäuden statt, die geringere Kapazitäten haben. „Das macht es hier teurer, wenn wir an der lang vor meiner Zeit gefallenen Entscheidung festhalten wollen, in dieser alten Bausubstanz zu spielen.“ Eine Alternative wäre laut der Stadträtin eine Halle außerhalb des Zentrums. „Aber wollen wir das? Diese Dinge sind in allen Parametern durchzudenken.“

Mehr Platz für freie Szene

Auch Lösungen für die prekäre Situation der freien Szene stehen für Kaup-Hasler ganz oben auf der Prioritätenliste. „Die freie Szene sollte unbedingt gestärkt werden. Es klingt ja immer so, als ob das irgendwelche alternativen Heinis sind. Wir reden da aber von ganz individuellen Menschen und Gruppen in unterschiedlichsten Feldern.“ Sie würde sich die Etablierung mehrerer Orte wünschen, „die Laborsituationen ermöglichen“.

Diesbezüglich werde sie sich mit ihrem Team etwa den Leerstand anschauen. „Mir schweben auch Räumlichkeiten vor, wo nicht nur geprobt, sondern auch gespielt wird. Orte, um interdisziplinär zusammenzukommen.“ Als Vorbild sieht sie da etwa Brüssel, wo teilweise konventionelle Theater oder Fabriken adaptiert wurden, um Menschen wie Jan Lauwers oder Anne Teresa De Keersmaeker, „die jetzt Weltkünstler sind“, Raum zu geben. „Mir geht es um Räume, die nicht die ewigen kleinen Kämmerchen sind, in denen sie kleine Arbeiten vor kleinem Publikum machen.“

Den kürzlich von Interessenvertretern verschiedener Sparten gemeinsam präsentierten Forderungskatalog will sie sich zunächst ansehen und sich damit auseinandersetzen. „Ich habe einen designierten neuen Theaterreferenten, der aus der Szene kommt und sehr gut vernetzt ist. Seine erste Aufgabe wird es sein, sich mit der Szene zusammenzusetzen und Forderungen und Machbarkeit zu erheben. Der Dialog sollte schnell aufgenommen werden.“

Drei Stunden Zeit für Entscheidung

Nicht festlegen wollte sich Kaup-Hasler im APA-Interview auf ihre Budgetziele. Sie wolle zunächst daran arbeiten, „wie wir durch Restrukturierungen und verbessertes internes Controlling das Kulturbudget optimieren können“. Mehr Budget würde sie aber natürlich freuen, so die Stadträtin. Das Kulturbudget sei seit zehn Jahren nahezu gleich geblieben.

Die Kulturmanagerin Kaup-Hasler ist seit einem Monat Stadträtin - mehr dazu in Veronica Kaup-Hasler ist neue Kulturstadträtin. Drei Stunden habe sie Zeit gehabt, sich für den Job als Stadträtin zu entscheiden, erzählte die Quereinsteigerin. „Nach einer halben Stunde wusste ich, ich muss es machen.“ SPÖ-Parteimitglied ist sie noch nicht – und will es auch nicht werden. „Ich überlege, es bewusst abzulehnen, um gerade meine Unabhängigkeit zu bewahren.“