Schauspieler Ignaz Kirchner gestorben

Kammerschauspieler Ignaz Kirchner ist am Mittwochabend 72-jährig gestorben. Er sei seiner langen Krankheit erlegen, hieß es aus dem Burgtheater, wo man um den großen Schauspieler trauert, der seit 1987 an der Burg spielte.

Er zählte zu den Stützen des Burgtheater-Ensembles und spielte sich in unzähligen Rollen in das kollektive Gedächtnis der Wiener Theaterbesucher. Über seinen Beruf sagte er einmal selbstironisch: „Wäre ich intellektueller, so wäre ich doch kein Schauspieler geworden!“

Ignaz Kirchner

APA/Georg Hochmuth

Kirchner als Satorius im Vestibül des Burgtheaters

Zunächst Lehre als Buchhändler

Kirchner, der am 13. Juli 1946 in Wuppertal als Hanns-Peter Kirchner geboren wurde und sich später nach dem heiligen Ignatius benannte, wuchs in einem außergewöhnlichen familiären Umfeld mit zwei homosexuellen Eltern auf und absolvierte nach seinen Jahren in einem Vorarlberger Jesuiteninternat zunächst eine Buchhändlerlehre, bevor er in Bochum seine Schauspielausbildung begann.

„Auf der Schauspielschule war ich relativ dick. Ich fand das toll, so war man etwas Besonderes“, sagte er einmal gegenüber „profil“. Die Lehre habe er gemacht, um in einen sicheren Beruf zurückkehren zu können, falls es mit der Schauspielerei nicht klappen sollte.

„Repräsentant der Turnschuhgeneration“

Der Erfolg stellte sich jedoch rasch ein, und Kirchner spielte unter anderem an der Freien Volksbühne Berlin, bevor ihn Claus Peymann nach Stuttgart holte, wo er bis 1978 zum Ensemble gehörte. In Bremen feierte er 1981 unter der Regie von Jürgen Gosch als Hamlet große Erfolge, die „Zeit“ schrieb damals allerdings skeptisch: „Der etwas dickliche Ignaz Kirchner schleicht als Repräsentant der Turnschuhgeneration über die Bühne.“

München und Köln waren weitere Stationen Kirchners, ehe er 1987 nach Wien weiterzog, wo Peymann ihn ans Burgtheater engagierte. Dort spielte Kirchner - mit kurzen Unterbrechungen - bis zuletzt. Sein Debüt feierte er hier als Schlomo Herzl in George Taboris Uraufführung von „Mein Kampf“. Damals kam er auch gleich erstmals mit der damals nicht vorhandenen NS-Aufarbeitung der Bevölkerung in Berührung - er erhielt per Post einen „Scheißhaufen“, wie er mehrfach in Interviews erzählte.

Ignaz Kirchner

APA/Hans Klaus Techt

Er wurde zunächst als „Repräsentant der Turnschuhgeneration“ bezeichnet

Duo Kirchner/Voss

Zu einer seiner bekanntesten Rollen an der Burg gehört sein Jago in Shakespeares „Othello“, den Tabori 1990 inszenierte. Kirchners lange künstlerische Zusammenarbeit mit Gert Voss wurde 1992 gewürdigt, als beide für ihre Darstellungen in Taboris „Goldberg Variationen“ von der Zeitschrift „Theater heute“ zum Schauspielerpaar des Jahres gewählt wurden - was 1998 für das gemeinsame „Endspiel“ eine Wiederholung fand.

Als Erfinder der Konstellation Kirchner/Voss gilt Peter Zadek, der die beiden 1988 für seinen „Kaufmann von Venedig“ besetzte. Laut Kirchner habe der Regiemeister damals gesagt: „Ich habe den Voss als Shylock besetzt, weil der Voss könnte auch gut als Nazi durchgehen. Und den Kirchner, der könnte auch so ein Jude sein. Der spielt den Antonio.“ Wie Kirchner einmal in einem „Welt“-Interview verriet, sei Voss zwei Wochen lang sauer gewesen.

Kurzer Abstecher nach Berlin und Hamburg

Für kurze Zeit verließ Kirchner Wien, um in der Saison 1992/93 am Deutschen Theater Berlin zu spielen, anschließend spielte er im Hamburger Thalia Theater. Bereits 1997 trat Kirchner wieder ins Burgtheater ein, wo er auch immer wieder mit Voss auf der Bühne stand, etwa in Neil Simons „Sunshine Boys“, in Becketts „Endspiel“ und Genets „Die Zofen“.

In mehreren Soloprogrammen bot er dem Publikum etwa Robert Walsers „Der Spaziergang“, Wilhelm Reichs „Rede an den kleinen Mann“ und Fernando Pessoas „Buch der Unruhe“ dar. Unter Matthias Hartmann stand er in der Regie des Ex-Burgtheater-Direktors in „Warten auf Godot“ und „Krieg und Frieden“ auf der Bühne.

Zuletzt in „Ein Volksfeind“

Zu seinen Auszeichnungen zählen die Kainz-Medaille der Stadt Wien (1991), das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2004) sowie Nominierungen für den Nestroy-Theaterpreis, zuletzt 2010 für seine Rolle des Fürsten Bolkonskij in „Krieg und Frieden“. In den vergangenen Jahren stand Kirchner dann noch als Herzog von Ferrara in Goethes „Torquato Tasso“ sowie zuletzt in Martin Kusejs „Hexenjagd“-Inszenierung und Ibsens „Ein Volksfeind“ in der Regie von Jette Steckel auf der Bühne - mehr dazu in oe1.ORF.at.

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