Mobbing in Schule: Neue Vorwürfe

Gegen eine Mathematiklehrerin haben am Mittwoch auch frühere Schülerinnen Vorwürfe erhoben, Erniedrigungen seien „an der Tagesordnung“ gewesen. Die Lehrerin hat über ihren Anwalt Stellung genommen.

„Es hat teilweise ‚Schüler Gerber‘-Anmutung gehabt, Erniedrigungen waren schon an der Tagesordnung. Leuten wurde verboten, auf die Toilette zu gehen. Die Familien wurden reingezogen mit Aussagen wie ’hast Du das geerbt, dass Du so deppert bist“, sagte Theresa Vonach gegenüber „Wien heute“.

Vonach war Schülerin bei der Mathematik-Lehrerin, ebenso wie Aziza Hentschel, die von „sadistischen Zügen“ bei der Lehrerin sprach: „Wenn Schülerinnen vor ihr gestanden sind und verzweifelt waren und geweint haben, weil sie einfach schon so viel gelernt haben, ist sie mit einem Lächeln gestanden und hat gemeint: Das ist so, das ist Dein eigenes Problem. Das geht mich nichts an.“

Bildungsdirektion prüft Vorwürfe

Theresa Vonach und Aziza Hentschel sind zwei von 15 Schülerinnen und Schülern, die sich allein am Mittwoch bei der Bildungsdirektion Wien gemeldet haben. Dort wird nun jeder Fall geprüft. „Wenn wir alle Fakten auf dem Tisch haben, werden wir prüfen, welche dienstrechtlichen Schritte wir einleiten können“, sagte Karoline Kumptner, Juristin der Bildungsdirektion Wien.

Am Mittwoch schaltete sich auch das Bildungsministerium in der Causa ein. Man werde sich auf dem kurzen Dienstweg informieren lassen, welche Schritte in der Sache bisher gesetzt wurden und hinterfragen. Damit will man im Ressort bis Mitte nächster Woche ein Bild bekommen, ob in der Sache alle notwendigen Maßnahmen gesetzt wurden.

Die Unterrichtsmethoden der Lehrerin beschäftigen derzeit die Volksanwaltschaft. Eltern haben Beschwerde eingereicht. Der Vorwurf: Die Pädagogin erniedrige seit Jahren Kinder und beurteile sie willkürlich - mehr dazu in Mobbingvorwürfe in Schule: Volksanwalt prüft.

Lehrerin weist Vorwürfe zurück

Die betroffene Lehrerin hat am Mittwoch über ihren Anwalt reagiert. „Die erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen sind allesamt unrichtig und werden mit Entschiedenheit zurückgewiesen“, hieß es in dem Schreiben an „Wien heute“.

Zudem hieß es, dass der Lehrerin das Verfahren vor der Volksanwaltschaft „bislang nicht bekannt“ war: „Meine Mandantin ist nicht Partei eines Verfahrens vor der Volksanwaltschaft. Ihr stehen daher grundsätzlich keine Parteienrechte oder Rechte auf Akteneinsicht zu.“

Die Vorwürfe würden „zeitlich lang zurück“ liegen, so der Anwalt: „Bereits im Jahr 2017 wurden erhobene Vorwürfe gegenüber meiner Mandantin geprüft und haben sich diese Vorwürfe als vollkommen unbegründet und haltlos erwiesen. Es liegen aus der Sicht meiner Mandantin keine neuen Fakten oder Sachverhalte vor.“

Keine Rückendeckung der Gewerkschaft

Ein Disziplinarverfahren gegen die betroffene Mathematik-Lehrerin ist noch nicht eingeleitet worden, aufgrund von fehlenden Beweisen, wie es heißt. Keine Rückendeckung bekam die Pädagogin am Mittwoch von der AHS-Lehrergewerkschaft.

„Vorausgesetzt die Vorwürfe stimmen...wäre ein solches Verhalten den Schülerinnen und Schülern unzumutbar“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme von Michael Zahradnik, Vorsitzender-Stv. der AHS-Lehrergewerkschaft, gegenüber „Wien heute“, "meines Erachtens ist auch die Pragmatisierung nie ein Schutz bei tatsächlich unprofessionellem, unwürdigem Verhalten oder gar strafbaren Handlungen.

Mobbingvorwürfe gegen AHS-Lehrerin

ORF

Betroffene wandten sich an „Wien heute“

Einige Dutzend Fälle pro Jahr

Lehrer, denen systematische Erniedrigung von Schülern vorgeworfen wird, sind laut Bildungsdirektion in Wien „die absolute Minderzahl“. Bei 26.000 Pädagogen gebe es „einige Dutzend Fälle pro Jahr“, die geprüft werden. Dabei handelt es sich laut Bildungsdirektion um Fälle, die sie wegen gravierender Vorwürfe genau prüft. „Weniger als eine Handvoll“ Lehrer werden wegen schwerer Verfehlungen (darunter auch strafrechtliche Verurteilungen) entlassen.

Werden der Bildungsdirektion Verdachtsfälle gemeldet, werden die Fälle zunächst geprüft und Gespräche mit der Personalvertretung geführt. Je nach Schwere kann die Bildungsdirektion verschiedene Maßnahmen setzen: Bei pragmatisierten Lehrern möglich sind neben Ermahnungen und Weisungen ein Verweis, Geldbußen oder - als letzte Möglichkeit - eine Entlassung. Bei Vertragslehrern stehen Ermahnungen, Weisungen, Kündigung und Entlassung im Maßnahmenkatalog.

Maßnahmen von Dienstverhältnis abhängig

Die Voraussetzungen für eine Entlassung sind dabei abhängig vom Dienstverhältnis: Bei pragmatisierten Pädagogen führen bestimmte strafrechtliche Verurteilungen automatisch zur Entlassung, darüber hinaus kann die Behörde das Dienstverhältnis auch wegen mangelnden Arbeitserfolgs beenden. Die Entlassung kann außerdem als Strafe in einem Disziplinarverfahren ausgesprochen werden.

Anders bei Vertragsbediensteten: Fristlos entlassen werden darf im Falle einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflicht, bei einer Vernachlässigung des Dienstes in wesentlichen Belangen und im Falle einer Weigerung, den Dienst ordnungsgemäß zu verrichten.

Darüber hinaus kann auch aus bestimmten Gründen eine Kündigung ausgesprochen werden - etwa wenn ein Lehrer seine Dienstpflicht gröblich verletzt (aber aufgrund der Schwere noch keine Entlassung infrage kommt) oder er „ein Verhalten setzt oder gesetzt hat, das nicht geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aufrechtzuerhalten“.