Frauen in Badeschlapfen: Rathaus wird verhüllt

Der Rathausmann bekommt bald weibliche Unterstützung: Im Zuge der Sanierungsarbeiten wird der Mittelturm des Rathauses mit einem riesigen Kunstwerk verhüllt. Darauf zu sehen: zwei Frauenfiguren und Badeschlapfen.

Das Sujet soll anlässlich „100 Jahre Rotes Wien“ und der „Europride Vienna“ Wien ab Ende April als weltoffene Stadt präsentieren. Die Kunstinstallation der queeren Künstlerinnen Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl ist mit 1.500 Quadratmetern die laut Stadt derzeit größte Österreichs. Die Planen für das XXL-Kunstwerk werden gerade produziert, ab Mitte April sollen sie dann als Schutznetz über das rund 70 Meter Hohe Gerüst am Mittelturm des Rathauses gespannt werden.

Rathausturm verhüllt

APA/STUDIO CALAS

Zwei Silhouetten - aufgedruckt auf ein hohes Baustellennetz - verhüllen demnächst den Turm des Wiener Rathauses

Botschaft statt Werbung

Statt Werbung wollte die Stadt hier eine Botschaft platzieren. Man habe sich für eine künstlerische Nutzung entschieden, das Wien als weltoffene Stadt zeigen soll, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag bei der Präsentation des Projekts. Möglich wird die Kunstaktion durch die Großsanierung der kommunalen Schaltzentrale. Ob gleichgeschlechtliche Liebe, Kritik am Schlankheitswahn oder der Kampf fürs Frauenwahlrecht - all das soll das Sujet mitunter thematisieren.

Die Künstlerinnen porträtierten sich bei der Installation selbst. Auf weißem Grund sind gänzlich in flächigem Rot gehaltene Körper bar jeder Geschlechtlichkeit zu sehen, wobei die eine Figur auf den Schultern der anderen sitzt und mit den Händen über dem Kopf das Turmdach imitiert. Dass der Humor nicht zu kurz kommen soll, zeigt sowohl der Verzicht auf Modelmaße in der Selbstdarstellung als auch die weißen Badeschlapfen, die die untere Figur - also Knebl - trägt.

Künstlerduo Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl verhüllen den Rathausturm

ORF

Künstlerduo Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl

Schlapfen als Anspielung auf Arbeiterklasse

Die Badeschlapfen sind eine Anspielung auf die Arbeiterklasse - passend zu „100 Jahre Rotes Wien“. Das sei gewissermaßen ein „Link auf die Arbeiter“ und stelle auch eine Verbindung zu ihrem eigenen „Working Class Background“ dar, erinnerte sich Knebl an ihren Job als Altenbetreuerin vor ihrer Künstlerinnenkarriere. „Wir beziehen uns natürlich auch auf den Rathausmann, der ganz oben steht“, ergänzte Scheirl. Das sei auch eine Art Vereinnahmung der „großen Geste“, die von Männern so gerne eingenommen werde.

Rathaus wird verhüllt

„Wien heute“ hat mit dem Künstlerduo Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl gesprochen.

Knebl verwies zudem auf den Bezug zur Ringstraßenarchitektur und die Skulptur als Gestaltungselement: „Wir haben das in eine zeitgenössische Form gebracht.“ Der Gestus der Darstellung soll auch an die vielen Befreiungskämpfe in den vergangenen 100 Jahren des „Roten Wien“ hinweisen - sei es etwa bezüglich Frauenwahlrecht, Arbeiterbewegung oder Rechte für Homosexuelle.

„100 Jahre Rotes Wien“

Alle Termine zu „100 Jahre Rotes Wien“ sind ab 15. April auf 100jahrerotes.wien.gv.at abrufbar.

„Große Strahlkraft“

Für Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat das riesige Kunstplakat „eine große Strahlkraft“: „Dass der eine den anderen trägt, ist die Vision einer Gemeinschaft.“ Die zahlreichen Wiener und Touristen, die die Stirnseite des Rathauses jeden Tag betrachten, soll dieses „positive Signal“ erreichen. Hängen wird die Installation bis in den Herbst hinein.

Mit der Montage soll bereits Mitte April begonnen werden. Bis das Rathaus dann komplett fertig saniert wird, dauert es noch bis 2024. 36 Millionen Euro kostet die Gesamtrenovierung, man liege im Zeit- und Kostenplan, hieß es am Dienstag. Die Turmverhüllung ist eingebettet in die Jubiläumsaktivitäten der Stadt rund um „100 Jahre Rotes Wien“.