Alle Wetter!

Mit der Klimatologin Ingeborg Auer hat sich Bernd Matschedolnig in seiner „Radio Wien“-Sendung „Menschen im Gespräch“ über Wärmeinseln und Mittelwerte unterhalten. Ein spannendes Gespräch über das Wie und Warum unseres Wetters.

Die vor 60 Jahren in Velden geborene Ingeborg Auer ist Chefklimatologin der „Zentralanstalt für Meterologie und Geodynamik“, also jenes Instituts, das von vielen Wienerinnen und Wienern lapidar „Hohe Warte“ genannt wird und als Autorität in Sachen Sonnencreme oder Regenschirm gilt. Seit bald 38 Jahren beschäftigt sich Auer dort mit Daten, Modellen und Methoden der Meteorologie. Dennoch kann auch sie sich gelegentlich noch immer ganz profan übers Wetter ärgern: „Der Winter war mir heuer eindeutig zu lang“, lacht sie.

Ingeborg Auer

ORF/Matschedolnig

Gefühlte Kälte gegen strenge Statistik

Und das, obwohl es sich statistisch gesehen um gar keinen besonders außergewöhnlichen Winter gehandelt hat. Er sei uns aufgrund einiger milderer Winter in letzter Zeit gerade in Wien nur besonders streng und endlos vorgekommen, erklärt Auer. Unser subjektives Empfinden orientiere sich halt nicht an statistischen Mittelwerten und Durchschnittstemperaturen. Von dem Wissen, dass es im Winter regelmäßig kalt wird, wird einem schließlich auch nicht wärmer.

Und auf die Erinnerung ist auch nur wenig Verlass, wenn es um Statistik und die Bewertung von Wetterphänomenen im historischen Vergleich geht. Der markante Unterschied zwischen den extrem kalten und schneereichen Winter in ihrer Kärntner Heimat in den 1960er Jahren und den vergleichsweise milden, windigen Winter während ihres Studiums in Wien in den 1970er Jahren hat sich ihr zwar nachhaltig eingeprägt, „aber ansonsten sind es doch eher Einzelereignisse, die im Gedächtnis bleiben“, sagt Auer.

Die Exotin und der Treibhauseffekt

Schon in frühen Jahren hatte Ingeborg Auer beschlossen, die ihr von der Schule nahegelegten typischen Frauenberufe zu meiden und sich lieber der Forschung zu widmen. Als sie ihr Studium der Meteorogie in Wien begann, waren Frauen in naturwissenschaftlichen Fächern noch eine Seltenheit. „Ich habe diese Exotinnen-Rolle aber immer als sehr interessant empfunden“, meint sie rückblickend. Das Sammeln und Erweitern von Wissen ist bis heute ihre große Leidenschaft geblieben.

Sendungshinweis:

„Radio Wien“ am Wochenende, 4. Mai 2013

Fragen nach der globalen Erwärmung weicht sie vorsichtig aus. Streng wissenschaftlich, versteht sich. Eine Klimaerwärmung bedeute ja nicht, so Auer, dass es jedes Jahr kontinuierlich immer wärmer werde, sondern es sei eine Abfolge von kalten und warmen Temperaturen auf einem zunehmend höheren Niveau. Das müsse man noch über einen längeren Zeitraum analysieren.

„Sollte sich dann wirklich eine signifikante Abweichung von den erwarteten Temperaturen ergeben“, schränkt Auer überdies ein, „müssen wir uns zuerst anschauen, ob unsere Klimamodelle überhaupt stimmen, ob da wirklich alle Faktoren richtig berücksichtigt wurden.“ Nicht außer Acht lassen dürfe man beim Klima schließlich die ganz natürliche Variabilität. Neben dem von Menschen gemachten Treibhauseffekt gebe es auch den ganz natürlichen: „Er ist ja überhaupt erst die Basis dafür, dass auf der Erde Leben möglich ist“, so Auer.

Das Wetter in Wien

Typisch für das Wiener Wetter sei der urbane Wärmeinsel-Effekt, erklärt Auer. Also jener Teil des Wetters, der von der Stadt selbst erzeugt wird. Er kommt durch die Bebauung zustande. Tagsüber wird im Beton Wärme gespeichert, die dann in der Nacht wieder abgegeben wird. Zur Erwärmung trägt auch die fast flächendeckende Versiegelung des Bodens bei. Regenwasser fließt sofort in Kanäle ab, bevor es die Chance hat, Verdunstungskühle zu erzeugen. Und die städtische Architektur sorge überdies für eine Kanalisierung des typischen Wiener Windes.

Audio: Interview zum Nachhören

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