Meinl-Gutachter beendet Auftrag

Nach langen Streitigkeiten hat der Gerichtssachverständige Fritz Kleiner den Auftrag für ein Meinl-Gutachten laut Ö1-Mittagsjournal zurückgelegt. Die Meinl-Bank attackiert die Staatsanwaltschaft, diese wendet sich gegen Spekulationen.

Auslöser für den ungewöhnlichen Schritt war wohl, dass die Staatsanwaltschaft Kleiner vor kurzem einen Gutteil des Auftrages entzogen und an einen neuen Gutachter vergeben hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte das mit Differenzen wegen Fristen, die Kleiner nicht eingehalten habe, begründet.

Libro-Gutachter Martin Geyer sollte sich nun mit wesentlichen Punkten der Causa befassen - schneller als Kleiner, so die Hoffnung der Staatsanwaltschaft. Kleiners Ansuchen, ihn völlig als Gutachter zu entheben, wurde von der Justiz abgelehnt, dem Vernehmen nach aus Kostengründen. Nun zog Kleiner selbst einen Schlussstrich.

Staatsanwaltschaft tritt Spekulationen entgegen

Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Rücktritt Kleiners. Sprecher Thomas Vecsey wies gleichzeitig Spekulationen über versuchte Einflussnahmen auf den Inhalt des Gutachtens ebenso zurück wie Vermutungen über persönliche Differenzen. Letztere wären schon aufgrund der unabhängigen Tätigkeit eines Sachverständigen irrelevant. „Insoweit dem Sachverständigen im Vorfeld die Erstattung von Berichten aufgetragen wurde, dienten diese ausschließlich der Überprüfung des Verfahrensfortganges“, hieß es in einer Aussendung.

Der Rücktritt Kleiners mache weitere Beauftragungen nötig. Der Auftrag an den bereits mit Teilbereichen befassten Sachverständigen Martin Geyer werde ausgeweitet, schon länger mit der Materie befasst sei der zweite Sachverständige Andreas Freudenmann. Die Staatsanwaltschaft geht daher davon aus, dass keine „erhebliche Verfahrensverzögerung“ eintreten werde.

Kleiner: „Plan nicht realisierbar“

„Ich habe bei einer Arbeit dieser Größenordnung eine festgelegte Arbeitsweise, einen Plan, und ich habe das Gefühl gehabt, diesen Plan nicht realisieren zu können. Ich weiß, dass ich Auftragnehmer der Staatsanwaltschaft bin, das ist eine Verpflichtung wie für jeden Gutachter, aber ich kann diesen Auftrag nicht um jeden Preis erfüllen“, erklärte Kleiner im Ö1-Mittagsjournal seinen Rückzug - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Ein Schreiben Kleiners Ende Oktober an die Staatsanwaltschaft lässt jedoch tiefer blicken. Kleiner klagte darin über Zwischenberichte, die er dem Staatsanwalt liefern soll, damit dieser seine Meinung als Sachverständiger erkennen könne. Der Staatsanwalt habe Kleiner gegenüber auch von Vertrauensverlust gesprochen.

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Die Meinl Bank interpretiert das Schreiben, das sich im Akt befindet, als schriftlichen Beleg dafür, dass die Staatsanwaltschaft versucht habe, auf das Gerichtsgutachten Einfluss zu nehmen. Am Wochenende wurde daher eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen den Staatsanwalt eingebracht. Eine Vereinnahmung, die Kleiner besonders ärgert: „Ich kann Spekulationen auch von der Meinl-Seite nicht nähren, das hab ich nicht zu tun, das werde ich nicht tun.“

Ermittlungen wieder am Anfang?

Die Staatsanwaltschaft befindet sich in der Causa Meinl nun vor einer schwierigen Situation. Nach mehr als drei Jahren Ermittlungen steht sie in puncto Gerichtsgutachten praktisch wieder am Anfang. Vor Kleiner war ja bereits der erste Gutachter Thomas Havranek wegen Befangenheit abberufen worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang des Jahres einen Polizeichefermittler in der Causa zugezogen, der bereits bei den Libro-Ermittlungen mit Gutachter Kleiner nicht harmoniert und dessen Absetzung betrieben hatte. Dass diese personelle Konstellation konfliktträchtig sein könnte und wohl nicht funktionieren werde, war schon damals abzusehen.

Meinl Bank attackiert Staatsanwaltschaft

Die Meinl Bank meinte nach dem Rückzug von Kleiner, dass „der Versuch der Staatsanwaltschaft, Gutachter unter Druck zu setzen“, gescheitert sei. Die Bank beschuldigt den zuständigen Staatsanwalt, im Nachhinein die U-Haft gegen den Banker Julius Meinl rechtfertigen zu wollen.

Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl warf in einer Aussendung der Justiz „dreieinhalb Jahre nach der unrechtmäßigen U-Haft von Julius Meinl desaströsen und unerträglichen Aktionismus“ vor. Allein die Vorgangsweise bei den Gutachterbestellungen zeige, dass hier ein Staatsanwalt versuche, sich die Fakten tendenziös zurechtzubiegen, befand Weinzierl. Er sieht bisher eine Million an Steuergeldern „durch sinnlose Gutachteraufträge verschwendet“. Bekräftigt wurde die Forderung, das Verfahren rasch einzustellen. Auch die Kaution sollte dieses Jahr noch zurückkommen.

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