Mehr Proteste gegen Schanigärten möglich

Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) können Anrainer vermehrt gegen Lärm in Schanigärten vorgehen. Die Gewerbeordnung wurde gekippt, die neue Regelung tritt aber erst mit 30. November 2012 in Kraft.

Umstritten war eine Passage in der erst 2010 novellierten Gewerbeordnung. Demnach brauchten kleinere Schanigärten bisher keine behördliche Genehmigung, wenn keine „unzumutbare“ Lärmbelästigung oder Gesundheitsgefährdung zu erwarten war. Aus Sicht des VfGH wird damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Nach der Sommersaison 2012 muss das Gesetz also auch auf die Lärmentwicklung Rücksicht nehmen.

VfGH: „Sachliche Rechtfertigung“ fehlt

Nach Beschwerden in der Steiermark hatte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark den VfGH angerufen. Am Montag wurde die höchstgerichtliche Entscheidung veröffentlicht. Das Gericht beruft sich bei der Entscheidung auf das Bundesverfassungsgesetz (BVG) Umweltschutz, das als Gesetz mit einer sogenannten Staatsaufgabe zu verstehen sei.

Bei der Beurteilung gesetzlicher Regelungen sei das BVG Umweltschutz „am Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes zu berücksichtigen“, heißt es in der Entscheidung. Dazu gehörten „insbesondere auch die Vermeidung von Störungen durch Lärm“. Laut VfGH fehlt in der Gewerbeordnung „eine sachliche Rechtfertigung für die Privilegierung“ der Gastgärten.

Genehmigung ab 1. Dezember mit Auflagen

Betroffen sind Schanigärten mit bis zu 75 Plätzen, die sich auf öffentlichem Grund oder an der Straße befinden und von 8.00 bis 23.00 Uhr offen haben dürfen. Ab 1. Dezember darf das Gesetz diese Gastgärten nicht mehr „automatisch“ erlauben. Es müssen vielmehr die Gegebenheiten im Hinblick auf die Lärmbelastung etwa bei Anrainereinsprüchen beachtet werden - speziell, wenn diese sich in einer ruhigen Gegend befinden.

„So wären bei einer ordnungsgemäßen Beurteilung der zu erwartenden Lärmemission etwa der Abstand zwischen Lärmquelle zum nächsten Anrainer, die Verbauungsdichte und das Bestehen bzw. die Beschaffenheit von Reflektionsflächen sowie der tatsächlich während der Betriebszeit gegebene Umgebungslärm zu berücksichtigen; insbesondere gehen öffentliche Verkehrsflächen nicht zwingend mit einer hohen akustischen Vorbelastung einher“, heißt es vom VfGH.

Bisher nehme die Gewerbeordnung zu wenig Rücksicht auf die „allgemeinen Interessen der Bevölkerung“, konstatieren die Höchstrichter. Der Gesetzgeber hat nun bis Ende November Zeit, auf Basis der VfGH-Entscheidung eine Reparatur zu veranlassen. Bis dahin kann sich niemand mehr gegen die „Blankoregelung“ beschweren.

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