Heckenschützen bleibt Haft erspart

Die beiden Heckenschützen sind am Freitag im Straflandesgericht zu jeweils 14 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Den jungen Männern bleibt eine Rückkehr ins Gefängnis erspart, da sie bereits in U-Haft saßen.

Je einen Monat sprach Richter Andreas Hautz unbedingt aus, den Rest sah er den 21 bzw. 20 Jahre alten Burschen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nach. Die Urteile sind rechtskräftig. Den Heckenschützen bleibt somit eine Rückkehr ins Gefängnis erspart, da ihnen die 51 Tage, die sie nach ihrer Festnahme in der U-Haft verbracht hatten, auf den unbedingten Strafteil angerechnet wurde.

Prozess gegen zwei Männer wegen schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung (Wiener Heckenschützen)

APA/Herbert Pfarrhofer

Die Angeklagten auf dem Weg in den Gerichtssaal

Führerscheine wurden abgenommen

„Es bleibt im Endeffekt unerklärlich, warum sie das gemacht haben“, hielt das Gericht fest. Es handle sich „bei weitem nicht um unerhebliche Jugendkriminalität“. Dennoch sei es „nicht notwendig, sie noch einmal einzusperren. Sie machen den Eindruck, als hätte die U-Haft einen ordentlichen Eindruck hinterlassen“, so der Richter.

Zusätzlich zur Strafe wurde Bewährungshilfe angeordnet. Der Jüngere der beiden absolviert außerdem eine Therapie bei der Männerberatung. Auch verwaltungsrechtlich hatten die Straftaten für die Männer Folgen: Sie wurden mit einem Waffenverbot belegt, vor allem aber gingen sie ihrer Führerscheine verlustig. Ihre Lenkerberechtigungen wurden auf die Dauer von 30 Monaten eingezogen.

Taten waren „schwere Körperverletzungen“

Die jungen Männer wurden anklagekonform wegen teils versuchter, teils vollendeter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung schuldig erkannt. Obwohl sämtliche Opfer einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge keine schweren Verletzungen erlitten hatten, habe die Staatsanwaltschaft „rechtsrichtig angeklagt“, meinte Richter Andreas Hautz in seiner Urteilsbegründung. Gemäß Strafgesetzbuch (StGB) ist eine schwere Körperverletzung auch dann gegeben, wenn mindestens drei selbstständige Taten ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt begangen werden.

Prozess gegen zwei Männer wegen schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung (Wiener Heckenschützen)

APA/Herbert Pfarrhofer

Die beiden jungen Männer mit ihrem Verteidiger

Die jungen Männer hatten am 15. September 2011 aus einem fahrenden Auto heraus mit einer Luftdruckpistole 14 Personen beschossen und getroffen. Schuldig erkannt wurden sie auch für drei zeitlich vorangegangene Schussabgaben, bei denen sie die ins Visier genommenen Personen verfehlt hatten, sowie „Zielübungen“ auf der Donauinsel und auf dem Parkplatz der Shopping City Süd (SCS), wobei sie auf Straßenbeleuchtungskörper gefeuert hatten.

Für die Schüsse vom 30. und 31. August, die der Jüngere der beiden alleine abgeben haben soll, und vom 2. September, bei dem die Anklage den um ein Jahr älteren Mann als Einzeltäter gesehen hatte, wurden sie dagegen freigesprochen. „Hier war die Beweislage nicht ausreichend“, befand der Richter.

Tatorte der Heckenschützen

APA/Martin Hirsch

„Wahllos auf Menschen“ geschossen

Nach vorangegangenen Zielübungen auf Dosen, Flaschen und Straßenbeleuchtungskörpern „ist man halt herumgefahren und hat begonnen, wahllos auf Menschen zu schießen“, sagte der Ältere der beiden, ein 21-jähriger Zivildiener. „Ich wollte nur die Leute erschrecken. Einen Kick hat es gegeben“, sagte sein Freund, ein 20 Jahre alter Kellner.

Die Angeklagten hatten mit ihren Schießübungen in einem Waldstück und auf einem Parkplatz bei der SCS begonnen. „Der Kick reicht irgendwann nicht mehr. Sie begannen, auf bewegliche Ziele, auf Menschen, zu schießen“, skizzierte Staatsanwältin Therese Hauser das weitere Geschehen.

„Da hab’ ich gesagt: ‚Okay‘ und geschossen“

Erstmals hatten die beiden Angeklagten auf der Donauinsel auf einen auf einer Parkbank sitzenden Mann geschossen. Der Jüngere hatte bei einem Spaziergang seinen Freund aufgefordert, mit ihrem Luftdruckgewehr auf diesen zu zielen. „Da hab’ ich gesagt: ‚Okay‘ und geschossen“, erklärte der Schütze. Er könne sich das „nicht erklären“, fügte der 21-Jährige hinzu: „Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass Verletzungen hervortreten.“

Insgesamt 17-mal haben die jungen Männer gemeinsam auf Menschen gefeuert. Darüber hinausgehend soll der Jüngere am 30. und 31. August allein auf zwei Personen geschossen haben, sein um ein Jahr älterer Freund am 2. September auf einen Mann. Diese drei Taten stellten die Angeklagten in Abrede: Sie hätten „niemals alleine geschossen“, sagte der 21-Jährige. „Sie hätten sich nicht getraut, alleine etwas zu machen“, meinte Verteidiger Normann Hofstätter.

Die Tatwaffe, die Luftdruckpistole

APA/Andreas Pessenlehner

Eine der sichergestellten Tatwaffen

„Es war einfach der Kick“

„Wenn wir jemanden gesehen haben, haben wir halt geschossen“, gab der 21-Jährige zu Protokoll. „Es war einfach der Kick: davonzukommen, mit dem Auto. Ich fahr gern Auto“, sagte der um ein Jahr jüngere Mann, der hinter dem Steuer saß. Sie hörten erst auf, weil eines ihrer Opfer sie wahrnahm und ihnen nachlief, als sie davonfuhren. „Da haben wir Herzrasen gehabt“, berichtete der 20-Jährige. Das sei „nicht mehr lustig“ gewesen, daher hätten sie nachher nie wieder von ihren Waffen Gebrauch gemacht.

Angeklagte entschädigten sämtliche Opfer

Zu den Opfern, die von den Heckenschützen verletzt wurden, zählte ein Polizist, der mit seinem Vater auf dem Weg ins Fußballstadion war. Wie bei allen anderen Opfern auch, entschuldigten sich die beiden Angeklagten beim Polizisten und entschädigten ihn auf Basis der vom Gerichtsmediziner ermittelten Ansprüche im Verhandlungssaal für die Rissquetschwunde am Hals. Dazu hatten die Täter prall befüllte Brieftaschen mitgebracht, in denen sich mehrere tausend Euro befanden.

Fall sorgte für erhebliches Aufsehen

Die beiden Männer sorgten mit den Schüssen für erhebliches Aufsehen. Zur Ergreifung der Heckenschützen waren insgesamt 22.000 Euro ausgelobt worden. Das Geld bekamen laut Polizei vier Jugendliche, die den Opel Astra eines der beiden Verdächtigen als Täterfahrzeug erkannt hatten - mehr dazu in Heckenschützen: Chronologie der Ereignisse (wien.ORF.at; 2.3.2012).