Haft für Elsner vielleicht wieder Thema

Die Haftfrage könnte bei Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, der aus gesundheitlichen Gründen als vorübergehend vollzugsuntauglich eingestuft und auf freien Fuß gesetzt wurde, wieder ein Thema werden. Grund dafür sei ein neues Gutachten, berichtete der „Kurier“.

Der Kardiologe Joachim Borkenstein, der im Vorjahr mit einem besorgniserregenden Gutachten wesentlich zur Enthaftung des herzkranken Ex-BAWAG-Chefs beigetragen hatte, soll in einer aktuellen Expertise seine ursprünglichen Angaben nicht mehr in vollem Umfang aufrechterhalten, berichtete der „Kurier“.

Das Wiener Straflandesgericht, das regelmäßig zu prüfen hat, ob bei Elsner weiter Vollzugsuntauglichkeit gegeben ist, bestätigte auf APA-Anfrage das Vorliegen eines neuen Borkenstein-Gutachtens. Zum Inhalt gab es keine Stellungnahme.

Freiheit positiv auf Gesundheit ausgewirkt?

Borkenstein hatte 2011 Elsner eine koronare Herzerkrankung, einen arteriellen Hypertonus (Bluthochdruck), eine supraventrikuläre Extrasystolie (Herzrhythmusstörung), einen Überwässerungszustand bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr und eine eingeschränkte Herzleistung bescheinigt. Zudem stellte er Adipositas (starkes Übergewicht), ein Lungenemphysem mit chronisch obstruktiver Ventilationsstörung (Störung der Lungenfunktion) sowie eine Einschränkung der Nierenfunktion fest und befand, eine akute und angemessene Betreuung und Therapie des 76-Jährigen sei in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht mehr möglich.

Diesen drastischen Befund soll Borkenstein in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten. Nach Informationen der APA soll er sinngemäß zum Schluss kommen, dass die neun Monate, die Elsner nun in Freiheit verbracht hat, sich positiv ausgewirkt haben und sich das Befinden des Ex-Bankers gebessert hat.

Richterin entscheidet über Vollzugstauglichkeit

Ob Elsner gesund genug ist, um den Rest seiner zehnjährigen Freiheitsstrafe abzusitzen - der frühere BAWAG-Chef ist im Dezember 2010 vom Obersten Gerichtshof (OGH) wegen 13 Untreue-Fakten mit einem Gesamtschaden von 1,2 Mrd. Euro rechtskräftig zur gesetzlichen Höchststrafe verurteilt worden -, muss nicht BAWAG-Richter Christian Böhm entscheiden, den Elsner als befangen ablehnt. Diese Frage fällt in die Zuständigkeit der im Grauen Haus mit Vollzugsangelegenheiten betrauten Richterin Sonja Höpler-Salat. Von der zehnjährigen Haftstrafe hat Elsner viereinhalb Jahre abgesessen, die Untersuchungshaft einberechnet.

Mit ihrem Beschluss ist zu rechnen, nachdem auch das noch ausständige aktualisierte zweite Gutachten zur Vollzugstauglichkeit bei Gericht eingelangt ist. Der Psychiater Heinrich Pfolz hatte im Vorjahr aus neurologischer Sicht Elsner ebenfalls Strafvollzugsuntauglichkeit bescheinigt, zugleich aber deponiert, bei entsprechender Behandlung könne „in acht bis zehn Monaten mit einer Besserung gerechnet werden“.

Ab Vorliegen der Pfolz-Expertise dürften zumindest zwei bis drei Wochen bis zu einer Entscheidung in der Haftfrage vergehen. Elsners Anwälten kommt in jedem Fall ein schriftliches Erörterungsrecht der Sachverständigen-Gutachten zu. Sie haben 14 Tage Zeit, dagegen allfällige Einwände vorzubringen. Wie auch immer die Richterin dann entscheidet: Es liegt in ihrem Ermessen, einer Beschwerde gegen ihren Beschluss, mit der sich das Oberlandesgericht (OLG) auseinanderzusetzen hätte, aufschiebende Wirkung zuzubilligen.

Elsner müsste am 29. Mai wieder bei Gericht sein

Wie gravierend Elsners aktuelle Herzrhythmusstörungen sind, die derzeit im Wiener Wilhelminenspital behandelt werden, ist aus Sicht der Justiz unklar. Der Kardiologe Günter Leopold Steurer, der im Auftrag von Richter Christian Böhm den demnächst 77-Jährigen am Mittwoch im Spital besucht hat, hat nach Informationen der APA die Störungen zwar bejaht, soll zugleich aber festgehalten haben, dass keine Lebensgefahr vorliegt und das Krankheitsbild bereits bekannt sei.

Steurer soll nun in einem schriftlichen Gutachten klären, ob Elsner, der auf Basis einer Subsidiaranklage der BAWAG an zumindest drei Verhandlungstagen im zweiten BAWAG-Prozess auf der Anklagebank Platz nehmen müsste, verhandlungsfähig ist. Laut derzeit gültigem Prozessfahrplan müsste Elsner das nächste Mal am 29. Mai bei Gericht erscheinen. An den ersten beiden Gerichtsterminen war Elsner nicht erschienen, weil er im Wilhelminenspital behandelt wird. Auch sein Nachfolger in der BAWAG, Johann Zwettler, liegt derzeit im Spital - mehr dazu in Nach Elsner auch Zwettler im Spital.

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