Ottakring „privatisiert“ WC-Anlagen

Ein Park ohne Klo - ein Alptraum besonders für Eltern mit Kindern. In einigen Parks kann das wahr werden. Im Stöberpark in Ottakring läuft ein Versuch, anstatt teure öffentliche WC-Anlagen zu errichten bestehende Anlagen in Lokalen zu nützen.

Der Stöberpark in Wien-Ottakring hat alles, was ein Park braucht: Bänke und Tische, schattenspendende Bäume und Sträucher, einen Ballkäfig und einen Kinderspielplatz. Doch eines fehlt: eine WC-Anlage. Eine Anrainerin, die seit 40 Jahren den Park besucht, erzählt davon, wie so manche versteckte Ecke im Park zweckentfremdet wird.

Lediglich ein 83 Jahre altes Pissoir stand für dringende Bedürfnisse zur Verfügung. Doch seit Jahren schon war das denkmalgeschützte Pissoir außer Betrieb. Nun wurde es abgetragen. Es soll restauriert und im Museum der MA 48 neu aufgebaut werden.

Pissoir im Stöberpark

Stadt Wien

Das inzwischen abgebaute alte Pissoir im Stöberpark

Dringende Ersatzlösung war gesucht

Umso dringender war für den Bezirk die Frage nach einer Lösung für die kleinen und großen Dringlichkeiten der Parkbesucher. Mobilklos sind laut Bezirk als Dauerlösung untragbar, einerseits aus hygienischen Gründen, andererseits weil sie leicht zu zerstören sind. Die Errichtung einer ordnungsgemäßen WC-Anlage wiederum ist zu teuer. Für den Bau einer öffentlichen WC-Anlage für Männer und für Frauen, barrierefrei, mit Sensortechnik und nicht demontierbarer Ausstattung sind laut Bezirk rund 100.000 Euro zu veranschlagen - ohne Betriebskosten.

„Wir haben in Ottakring 17 Parks und Spielplätze, da gibt es in einigen keine Toiletteanlagen. Da wäre eine flächendeckende Installierung von Toiletteanlagen aus finanziellen Gründen wirklich schwierig zu leisten gewesen“, so die stv. Bezirksvorsteherin von Ottakring, Eva Weißmann.

Partnerschaft mit benachbartem Lokal

Um für alle Parkbesucher, besonders für Kinder und Jugendliche, eine Möglichkeit zu einem Toilettebesuch zu schaffen, wandte sich der Bezirk daher an die Nachbarschaft des Parks. Der Besitzer einer Pizzeria, günstig an einem Eck des Parks gelegen, stellte eine Lösung in Aussicht. Der Bezirk schloss mit dem Besitzer einen Vertrag ab, in dem vereinbart wurde, dass Parkbesucher die Toiletten des Lokals mitbenützen dürfen.

Es sei erstaunlicherweise nicht schwierig gewesen, jemanden zu finden. Der Lokalbesitzer sei sofort bereit dazu gewesen, so Weißmann. Viele Parkbesucher hätten ohnedies schon seit längerer Zeit die Toiletten der Pizzeria benützt, da die alte Pissoiranlage gesperrt gewesen ist. Als Aufwandsentschädigung für den erhöhten Reinigungsaufwand und den Mehrbedarf an Klopapier erhält der Lokalbesitzer rund 600 Euro im Jahr.

„Besucher sind immer höflich“

Im Lokal selbst will man kein großes Aufsehen um die Toilettenbenützung machen. Es seien auch früher schon Parkbesucher gekommen, um die WCs zu benützen. Man sei zwar anfangs skeptisch gewesen, besonders Stammgäste hätten ein ständiges Kommen und Gehen und eine Verschmutzung der Toiletten befürchtet.

Es habe sich aber alles als halb so schlimm herausgestellt. „Die Besucher fragen immer höflich, konsumieren auch ab und zu etwas, es ist alles kein Problem“, heißt es aus der Pizzeria. Und nicht zuletzt gebe es auch die Aufwandsentschädigung.

Stöberpark

ORF

Der Stöberpark in Ottakring

Bezirk kann sich Ausweitung vorstellen

Die Parkbesucher sind froh über die Neuregelung. „Meine Kinder müssen immer auf dem Spielplatz aufs Klo“, erzählt eine Mutter von zwei Kindern. Die Lösung mit dem benachbarten Lokal findet sie optimal, „weil einfach auch die Klos sicher sauber sind“, was sonst nicht immer der Fall gewesen sei.

Ob sich diese Lösung bewährt, will der Bezirk nun den Sommer über beobachten. Ein ähnlicher Versuch läuft parallel dazu auf der Donauinsel, wo zwei Lokale unter Vertrag genommen wurden. Bewährt sich das Modell, so kann sich der Bezirk vorstellen, es auch auf andere Parks in Ottakring auszudehnen.

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