Kardinal: „Welthistorisches Ereignis“

Kardinal Christoph Schönborn hat den überraschenden Rücktritt des Papstes Benedikt XVI als „welthistorisches Ereignis“ bezeichnet. Er habe nichts von einem Rücktritt geahnt und sei „sehr betroffen“. „Präzedenzfall“ will er keinen sehen.

„Ich bin natürlich sehr betroffen, sehr bewegt von der von ihm ganz bewusst und klar getroffenen Entscheidung“, sagte Schönborn gegenüber dem ORF. „Ich durfte ihn vergangenen Donnerstag sehen. Und es war nichts davon zu ahnen.“ Schönborn sprach von einer „beeindruckenden, starken und klaren Entscheidung aus großem Verantwortungsbewusstsein“. Diese könne man nur „mit ganz großem Respekt wahrnehmen und annehmen“.

Kein „Präzedenzfall“

Schönborn zeigte sich aber überzeugt, dass der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. eine persönliche Entscheidung sei und dass es sich daher um keinen „Präzedenzfall“ handelt. Aus diesem Grund müsse dieses Beispiel auch nicht unbedingt Schule machen.

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Schönborn

APA/Hochmuth

Für Schönborn kein „Präzedenzfall“

Kardinal: „Nichts mehr hinzuzufügen“

Die „Bürde des Papst-Amtes“ sei enorm, erläuterte Schönborn. Das Arbeitspensum - bestehend aus öffentlichen Terminen, Schreibtischarbeit, Entscheidungen und Beratungen - verlange dem fast 86-jährigen Papst unglaublich viel ab. Der Papst sei freilich bis heute „geistig völlig auf der Höhe seines Amtes“, betonte Schönborn. Benedikt XVI. nehme seine Aufgaben „mit einer bewundernswerten geistigen und geistlichen Klarheit und Tiefe“ wahr. Das wisse jeder, der etwa seine Predigten und Ansprachen höre, so Schönborn.

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Das ZIB-Gespräch mit Kardinal Christoph Schönborn können Sie hier nachsehen.

Zugleich sei aber immer deutlicher geworden, dass die körperlichen Kräfte des Papstes schwinden. Er selbst habe das in seiner Verzichtserklärung so großartig angeführt: Um das „Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden“, sei „sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig“, zitierte Schönborn den Papst. Nachsatz des Kardinals: „Dem gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.“

„Der Rücktritt Papst Benedikt XVI. ist ein welthistorisches Ereignis“, hieß es jedenfalls in der Erklärung Schönborns. Über dessen Pontifikat könnte als Motto stehen: „Sammlung, Besinnung auf das Wesentliche.“ Schönborn würdigte zudem auf Nachfrage die „Klarheit“, mit der Benedikt XVI. das Thema Missbrauch angegangen sei. Im Umgang mit der Säkularisierung habe er „mutige und entscheidende Impulse“ gegeben. Und im Falle der Piusbruderschaft habe er versucht, einen „Weg der Versöhnung“ zu gehen, weil er einen endgültigen Bruch habe verhindern wollen.

Papst Bendedikt XVI und Wiens Erzbischof Kardinal Chrtistoph Schönborn (r.)

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Papst Bendedikt XVI. und Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn während einer Messe in der Kirche am Hof in der Wiener Innenstadt am 7. September 2007

Erzbischof lässt Nachfolgerfrage für sich offen

Sorgen um die katholische Kirche brauche sich freilich niemand zu machen, zeigte sich Schönborn überzeugt. Es werde ein Konklave einberufen, das nach bewährten Regeln stattfinden wird. Im Übrigen sei es „Jesus Christus selbst, der die Kirche leitet“. Er sei der oberste Hirte der Kirche: „Er hat sie in 2.000 Jahren durch alle Stürme geführt und wird sie auch weiterhin führen.“

Auf die Frage, ob der bereits des Öfteren als „papabile“ gehandelte Schönborn potenzieller Kandidat ist, antwortete dieser in der ZIB: „Mein Herz ist in Wien, mein Herz ist in Österreich - aber natürlich auch bei der ganzen Kirche.“ In seiner Pressekonferenz sagte Schönborn aber noch weiter: „Alle, die ins Konklave gehen, können auch gewählt werden - aber das ist jetzt kein Thema.“ Ob die Zeit reif für einen Papst etwa aus Afrika oder Lateinamerika sei? Im Lauf der Geschichte habe es viele Päpste aus Asien oder Nordafrika gegeben, meinte er dazu. Fest stehe jedenfalls: „Die Wahl des Papstes ist eine Persönlichkeitswahl.“

Schönborn hat nach den Skandalen um Kardinal Hans Hermann Groer und Bischof Kurt Krenn den Ruf eines Krisenmanagers, gilt aber auch als versöhnlicher und dialogfähiger Pragmatiker. Nach dem Rücktritt Groers wurde Schönborn 1995 dessen Nachfolger. Er machte sich als Redakteur für den Katechismus der katholischen Kirche weltweit einen Namen. Seine eher liberalen Aussagen zum Thema Homosexualität sorgten in der Kirche für Debatten.

Neue Bischöfe wohl unter Nachfolger

Schönborn glaubt nicht, dass die drei in Österreich vakanten Bischofssitze noch unter Papst Benedikt XVI. besetzt werden: „Ich weiß, dass die Dossiers zu den Ernennungen sehr weit fortgeschritten sind“, meinte Schönborn zu den Nachfolgern in drei Diözesen, eine Entscheidung unter Benedikt XVI. sei aber „sehr unwahrscheinlich“. Zu besetzen sind derzeit die Stellen in der Erzdiözese Salzburg, den Diözesen Feldkirch und Graz-Seckau.

„Blitz aus heiterem Himmel“

Der Papst kündigte am Montag völlig überraschend seinen Rücktritt an. Bereits am 28. Februar werde er sein Amt niederlegen, so Benedikt XVI., der seinen Rücktritt damit begründete, dass er nicht mehr genug Kraft für das Amt habe.

Es handelt sich erst um den zweiten Rücktritt eines Papstes in der Geschichte der katholischen Kirche. Der ehemalige vatikanische Generalsekretär Kardinal Angelo Sodano sprach von einem „Blitz aus heiterem Himmel“. Bereits im März findet das Konklave für die Wahl des neuen Papstes statt - mehr dazu in Papst Benedikt tritt zurück (news.ORF.at).

Links:

  • Vatikan
  • Erzdiözese Wien (www.erzdioezese-wien.at/)