Befragung: Mitgestaltung oder Farce?

Eine Einladung an alle Wiener, sich an der Volksbefragung zu beteiligen, haben die Grünen ausgesprochen. Hingegen empfahl die FPÖ den Boykott und kündigte einen Misstrauensanstrag gegen Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) an.

Die Bedeutung der Volksbefragung für die Zukunft der Stadt Wien betonten die Grünen. Alle Wienerinnen und Wiener sollten von ihrer Stimme Gebrauch machen und Wien mitgestalten, sagten Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Gemeinderat David Ellensohn. Inhaltlich zeigten sich die Grünen einig, einzig die Frage zur Olympiabewerbung stoße auf unterschiedliche Ansichten, hieß es.

Grüne sprechen von „Chance für Wien“

Die Bewerbung sei eine Chance für Wien, auch wenn das Großereignis entsprechende Investitionen erfordere, sagte Ellensohn. Die Grünen treten auch für den „Schutz vor Privatisierungen“ ein, es sei wichtig, dass kommunale Leistungen weiterhin in dieser Qualität und Preisgestaltung angeboten werden könnten. Auch der Ausbau von Projekten für erneuerbare Energie werde von den Grünen unterstützt.

Frage eins der Volksbefragung widmet sich der Parkraumbewirtschaftung. Antwort A würde bedeuten, dass die Parkraumbewirtschaftung zentral vorbereitet und somit ein Gesamtkonzept umgesetzt werden könne. Somit könne mit dem „Fleckerlteppich“ aufgeräumt werden und es gäbe überall dort Parkraumbewirtschaftung wo sie gebraucht werde. Antwort B würde bedeuten, die Verantwortung bleibe weiterhin bei den Bezirken und „es bleibt alles so wie es ist“.

Parkraumbewirtschaftung

APA/Georg Hochmuth

Parkraumbewirtschaftung als eine Frage bei der Volksbefragung

FPÖ ruft zum Boykott auf

Ganz anders die FPÖ. „Die aktuelle rot-grüne Volksbefragung in Wien ist eine reine Verhöhnung und Pflanzerei der Wienerinnen und Wiener“, sagte FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache. Die „rot-grüne Verliererkoalition“ wolle mit ihren „Wischi-Waschi-Fragen“ von Freunderlwirtschaft ablenken und „tritt die direkte Demokratie als Volksinitiativrecht ein weiteres Mal mit Füßen“. Bürgerbeteiligung solle vorgegaukelt werden, um von wahren Problemen wie etwa Rekordarmut, Rekordarbeitslosigkeit und Rekordgebührenwucher abzulenken.

Strache sprach von einem „rot-grünen Kasperltheater“, das rund sechs Millionen Euro koste, während gleichzeitig die Heizkostenzuschüsse gestrichen würden. So hätten die Wiener etwa bei der Frage 1 zur Parkraumbewirtschaftung lediglich die Wahl „zwischen Pest und Cholera, nämlich wer sie aussackeln soll, Stadt oder Bezirk“. Allein die Bebwerbung für Olympische Spiele würde mehr als 100 Mio. Euro kosten. Es wolle auch keine Wiener Partei, außer eventuell SPÖ oder ÖVP, wichtige kommunale Dienstleistungen privatisieren.

Als zusätzliches Gegenargument zur Volksbefragung führte Wiens FPÖ-Klubchef Johann Gudenus an, dass „Bürger und SPÖ-Funktionäre acht Tage lang nachwählen können“. Das hätten 2010 auch die Grünen so gesehen und das Ergebnis der Befragung nicht anerkannt. Gudenus kündigte an, in der Gemeinderatssitzung am Freitag einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Michael Häupl, "der so ungeniert die direkte Demokratie missbraucht, einzubringen.

SPÖ: „Letztklassige Verunsicherung“

Der Boykottaufruf der FPÖ liefere „wieder einmal den Beweis für die fehlende demokratiepolitische Glaubwürdigkeit“ Straches, sagte SPÖ-Klubvorsitzender Rudi Schicker. Es gehe der FPÖ nicht um die tatsächliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, sondern um bloße Lippenbekenntnisse. Die FPÖ betreibe einen echten „demokratiepolitischen Amoklauf“.

ÖVP: „Peinliche Farce“

Zuvor hatte sich auch der Wiener Landesparteiobmann der ÖVP, Manfred Juraczka, im Zusammenhang mit der Parkraumbewirtschaftung zur Volksbefragung geäußert. Es sei traurig, „dass die SPÖ bei der Volksbefragung nicht den Mut zu einer substanziellen Fragestellung aufgebracht hat“. So bleibe wienweit eine Volksbefragung, die laut Häupl einmal den Anspruch hatte, „Grundsätzliches zur Parkraumbewirtschaftung abzufragen“, und nun als peinliche Farce endet.

Die Volksbefragung in Zahlen

Die achte Volksbefragung mit den insgesamt vier Fragen findet von 7. bis 9. März statt. Rund 1,15 Mio. Menschen sind stimmberechtigt und entscheiden unter anderem darüber, ob die Parkraumbewirtschaftung künftig zentral oder bezirksweise gesteuert werden soll.

  • 1,146.703 Stimmberechtigte laut Wählerevidenz des Magistrats
    (Stichtag 28. Jänner)
  • 3 Befragungstage
  • 9 Tage Nachfrist für Briefstimmen
  • 52 Annahmestandorte für persönliche Stimmabgabe
  • 40 zusätzliche Säulen-Briefkästen für Briefstimmenabgabe
  • 23 Bezirkswahlkommissionen zählen Stimmen aus
  • 45.000 Kilogramm Papier für Informationsblätter und Stimmzettel
  • 540 Arbeitsstunden zur Vorbereitung für die Versendung
  • 190 Paletten zwecks Stapelung
  • 13 Lkw für Stimmzetteltransport zur Post
  • 6,900.000 Euro Gesamtkosten
  • 3,700.000 Euro davon für Information und Werbung

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