Kardinal: Papst „kein Bankvorstand“

Der neue Papst soll laut Kardinal Christoph Schönborn vor allem religiöse Qualitäten haben, administratives Talent sei weniger wichtig. „Wir wählen das Oberhaupt einer Glaubensgemeinschaft und nicht den Vorstand einer Bank.“

Das neue Kirchenoberhaupt werde „fast unmenschliche Leistungen“ vollbringen müssen, er werde "die Last der Kirche jedoch nicht alleine“ auf sich nehmen müssen. "Die Herausforderungen, denen er sich stellen muss, sind enorm“, glaubt der österreichische Kardinal.

Noch nie habe es eine Zeit gegeben, in der Christen so stark verfolgt wurden, wie heute. „Die Christen sind die am meisten verfolgte Gemeinschaft auf der Welt“, so der Erzbischof. Allerdings werde der neue Papst „nicht alleine die Last der Kirche tragen“, da Gott „schon mit seiner helfenden Gnade zuvorkommt“. Freilich werde man auch schauen müssen, wie der künftige Papst „eine Diözese geleitet hat, wie er mit seinen Mitarbeitern umgeht“, fügte der Kardinal vor Journalisten in Rom hinzu.

„Mann des Evangeliums“ gesucht

„Je mehr zusätzliche Qualitäten er vorweisen kann, umso besser. Aber alles ist nutzlos, wenn er nicht ein Mann des Evangeliums ist“, beschrieb Schönborn den Nachfolger Benedikts XVI. Diesen müssten die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle „mit Hilfe des Heiligen Geistes finden“.

Denn die Sixtinische Kapelle ist kein Verhandlungssaal, sondern eine Kapelle, wo in erster Linie gebetet wird. „Wir ziehen mit dem Bewusstsein ein, dass wir eine der bedeutendsten Entscheidungen überhaupt treffen werden“, wies der Geistliche Vorstellungen von innerkirchlichen Machtkämpfen zurück.

Der 67-jährige Schönborn zählt zum erweiterten Kandidatenkreis der Papst-Nachfolger. Entsprechende Spekulationen wies er jedoch indirekt mit der Antwort auf die Frage, ob er denn schon über eine Rückfahrkarte von Rom nach Wien verfüge, zurück: „Nein, aber ich werde eine kaufen, sobald das Konklave zu Ende ist.“

Schönborn sieht derzeit große Freiheit

Die Entscheidung Benedikts XVI., auf den Heiligen Stuhl zu verzichten, wertete Schönborn als „außerordentlichen Akt der Freiheit“. Er habe durch seine Entscheidung deutlich gemacht, dass der Papst nach außen hin in Freiheit leben dürfe. Das Zentrum der Weltkirche sei „wahrscheinlich noch nie so frei gewesen wie gegenwärtig“. Zu Benedikt XVI. habe er während der Generalkongregationen zur Vorbereitung des am Dienstag beginnenden Konklaves keinen Kontakt gehabt. „Sein Geist war jedoch stets präsent“, sagte Schönborn.

Kurzes Konklave erwartet

Die morgen beginnende Wahl des neuen Papstes dürfte rasch über die Bühne gehen. Vatikan-Pressesprecher Federico Lombardi sagte gegenüber der Nachrichtenagentur ANSA, die Wahl könnte „sehr schnell“ ablaufen. Denn viele Geistliche würden ihre Stimme nach den ersten Wahlgängen demjenigen geben, der konsensfähig erscheine - mehr dazu in religion.ORF.at.