WHO-Konferenz gegen Übergewicht

Herzinfarkt, Übergewicht und Ernährung stehen derzeit im Fokus einer Ministerkonferenz der WHO-Region Europa in Wien. Dabei wollen die Teilnehmer eine „Wiener Deklaration“ erarbeiten, denn Übergewicht und Fettsucht würden stark zunehmen.

Übergewichtige Frau

DPA/Waltraud Grubitzsch

Zehn Prozent weniger übergewichtige Kinder als Ziel

„Unsere Kinder sitzen zu viel vor dem Fernseher. Wir müssen aber auch die Werbung für Nahrungsmittel mit zu viel Fett, Zucker und Salz dämpfen“, sagte die Generaldirektorin des WHO-Büros für die Region Europa, Zsuzsana Jakab, am Beginn der WHO-Konferenz.

Die Konferenz, an der Vertreter von 48 der 54 europäischen Mitgliedsländer Weltgesundheitsorganisation teilnehmen, soll am Freitag mit einer „Wiener Deklaration“ enden, in der umfassendes politisches Handeln zur Eindämmung vor allem jener chronischen Erkrankungen (z.B. Atherosklerose, Bluthochdruck, Diabetes etc.) propagiert wird, die vor allem auf falsche Ernährung und daraus resultierendem Übergewicht zurückzuführen sind. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ): „In Österreich sind rund 40 Prozent der Erwachsenen adipös oder übergewichtig. Bei den Schulkindern sind es 24 Prozent. Leider steigt das an.“

Zahl der übergewichtigen Kinder soll gesenkt werden

Zentrale Themen der Konferenz sind etwa „Lebensmittelkennzeichnung“, die „Änderung von Produktrezepturen und Salzreduktion“ oder die „Vermeidung Transfettsäuren und Reduzierung gesättigter Fettsäuren“. Die WHO-Region Europa umfasst 54 Mitgliedsstaaten und wird im Rahmen der Konferenz auch den „Food and Nutrition Action Plan 2014-2020“ präsentieren. Wesentliches Ziel ist es, bis 2020 die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen um zehn Prozent zu senken.

Yoga-Flashmob am Heldenplatz

ORF/Bernhard Weihsinger

Yoga-Flashmob auf dem Heldenplatz am Rande der Konferenz

Am Rande der Konferenz gibt es auch begleitende Veranstaltungen. So fand am Heldenplatz etwa ein Yoga-Flashmob statt. „Wir haben Sonnengrüße gemacht und gar nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet“, sagte Organisatorin Daniela Zimper.

Mehr Menschen übergewichtig als untergewichtig

Weltweit sind mit rund 1,1 Milliarden Menschen mittlerweile mehr Personen übergewichtig als untergewichtig. Übergewicht und Adipositas haben sich weltweit betrachtet in den vergangenen 20 Jahren in ihrer Häufigkeit verdoppelt. Auch in Österreich gibt es in Sachen Ernährung deutliche Defizite, wie zuletzt der Ernährungsbericht 2012 zeigte - mehr dazu in 40 Prozent der Österreicher zu dick (news.ORF.at).

Die Österreicher essen weiterhin zu fett, zu salzig und zu wenig Obst und Gemüse. Für den aktuellen Report wurden neben Messungen von Gewicht, Größe, Bauchumfang und Befragungen zur Nahrungsaufnahme erstmals auch Blut- und Harnproben aller an der Studie teilnehmenden 1.002 Personen analysiert.

XXL-Rollstuhl

DPA/David Ebener

XXL-Rollstuhl in einem Krankenhaus

Bis zu 23 Prozent der Wiener Kinder übergewichtig

Die Österreicher essen demnach immer noch zu fett, klar zu salzig und zu wenig Obst und Gemüse, dennoch ist der Nährstoffstatus im Wesentlichen gut. Bei Kindern nimmt das Übergewicht zu: Bei den Sieben- bis 14-jährigen Schulkindern sind 24 Prozent übergewichtig oder adipös (fettleibig). Übergewicht ist im Vergleich zu 2008 von elf auf 17 Prozent Anteil gestiegen. Beim schweren Übergewicht ist die Häufigkeit bei Buben gleich geblieben, bei Mädchen gesunken. Knapp vier Prozent sind untergewichtig, Mädchen doppelt so häufig wie Buben.

Personenwaage

fotolia/Thomas

Jedes fünfte Wiener Kind ist zu dick.

Laut dem Bericht sind 40 Prozent der 18- bis 64-Jährigen in Österreich übergewichtig, zwölf Prozent davon sind adipös. Übergewicht und Adipositas steigen mit zunehmendem Alter bei beiden Geschlechtern an, wobei beides bei Männern deutlich häufiger auftritt. Ab 65 Jahren gibt es einen Rückgang bei Übergewicht, hingegen einen Anstieg von Untergewicht. Bei den 65- bis 80-Jährigen sind ein Drittel übergewichtig oder adipös, dabei sind Frauen deutlich häufiger als Männer betroffen.

Aktuell sind abhängig von Alter, Geschlecht und kulturellem Hintergrund bis zu 23 Prozent der Kinder in Wien übergewichtig. Rund sechs Prozent davon leiden an Fettleibigkeit, rund drei Prozent an extremer Fettleibigkeit. Die Zahlen beruhen auf einer Studie, die im Herbst 2012 unter Mitarbeit des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE) mit Wiener Schulkindern durchgeführt wurde - mehr dazu in Jedes fünfte Kind zu dick.

Ausgaben für Prävention eher gering

Adipositas verkürzt die Lebenserwartung von betroffenen 40-Jährigen um sieben Jahre. In 99 Prozent der Fälle von Adipositas ist keine klare organische oder psychische Ursache eruierbar. Der Grund liegt einfach in zu kalorienreicher Ernährung und mangelnder körperlicher Aktivität. Dem Problem versucht die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) unter anderem mit einer Broschüre zu begegnen, zudem bietet sie Ernährungskurse für Jungfamilien - mehr dazu in Kinder zu dick: WGKK-Kurse und Tipps (wien.ORF.at; 28.10.2012).

Man rechnet, dass ein Euro für die Prävention von nicht übertragbaren Erkrankungen neun Euro an „Reparaturkosten“ erspart. Doch gerade diese Maßnahmen werden in Europa erst schön langsam etabliert: 2010 lagen die EU-Ausgaben für Öffentliche Gesundheit pro Einwohner bei 14 Cent. Pro Kuh gab es hingegen 800 Euro, wurde berechnet.

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