Straßenstrich verlagert sich nach Liesing

Noch im September soll der Straßenstrich im Prater zu großen Teilen verboten werden. Dadurch könnte die Zahl der Prostituierten im Industriegebiet Liesing massiv ansteigen. Anrainer befürchten neue Konflikte und bitten Polizei und Stadt um Hilfe.

„Es passiert in Autos oder in Gebüschen im bewohnten Umfeld, in Einfahrten und auf Firmenparkplätzen. Sogar am Friedhof in Liesing bleiben oft gebrauchte Taschentücher und Präservative liegen“, so Gemeinderat Wolfgang Jung (FPÖ). Rund 30 Prostituierte bieten derzeit in der Brunner Straße ihre Dienste am Straßenstrich an.

Obwohl es sich um Industriegebiet handelt, kommt es seit Monaten zu Problemen in den benachbarten Siedlungen. Mit dem Ende des Straßenstrichs im Prater geht Jung von einer Verzehnfachung der Prostituierten in Liesing aus - mehr dazu in Prater: Ablaufdatum für Straßenstrich.

Straßenstrich Brunner Straße

Wolfgang Ulbrich

Straßenstrich in der Brunner Straße

Polizei: „Möglichkeiten ausgeschöpft“

„Mit 300 neuen Prostituierten rechne ich nicht, das geht sich vom Platz her nicht aus. Aber es wird vermutlich zu einer merklichen Steigerung führen“, befürchtet auch Bezirksvorsteher Gerald Bischof (SPÖ). Er möchte die Straßenprostitution in Liesing wegen „Unzumutbarkeit“ unterbinden und erhofft sich Hilfe von der Polizei. Diese zählte am Straßenstrich in Liesing in den vergangenen neun Monaten 150 Anzeigen, hauptsächlich jedoch wegen fehlender Kontrollkarten der Prostituierten.

„Unser Ermessensspielraum wurde im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten weitestgehend ausgeschöpft“, so Polizeisprecher Johann Golob. Den Anrainern sei bereits entgegen gekommen worden, indem die Anbahnungszeit bis Ende September auf 22.00 bis 6.00 Uhr in die Nacht verbannt wurde - mehr dazu in Liesing: Straßenstrich tagsüber verboten.

Keine Gesetzesänderung in Sicht

Auch die Stadt Wien sieht keinen Handlungsspielraum. Eine Änderung des Wiener Prostitutionsgesetzes stehe derzeit nicht zur Diskussion, da es flexible Lösungen wie eine zeitliche Beschränkung zulassen würde - mehr dazu in Prostitutionsgesetz gilt seit einem Jahr.

Auch ein generelles Verbot des Straßenstrichs sei kein Thema. „Die rotgrüne Stadtregierung spricht sich gegen ein gänzliches Verbot der Straßenprostitution aus, weil diese sonst höchstwahrscheinlich illegal und ohne Schutz der Frauen stattfinden würde“, heißt es aus dem Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ).

Infrastruktur ist keine Lösung

„Straßenprostitution hat in Liesing nichts zu suchen, da die Infrastruktur fehlt“, so Bezirksvorsteher Bischof. Es gäbe keine Nachtlokale, Stundenhotels und sanitären Einrichtungen.

Straßenstrich Liesing

Wolfgang Ulbrich

Überreste in der Siebenhirtenstraße

Die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, wäre für Bischof jedoch keine Lösung, da diese Maßnahmen womöglich noch mehr Prostituierte anlocken würden. Abseits von Liesing könnten sich Prostituierte künftig auch am Stadtrand nördlich der Donau in Favoriten und Simmering sowie in Aufhof verteilen. „Dort wäre es grundsätzlich erlaubt, aber ich halte es auch nicht für eine Alternative.“

Bischof hofft, dass die Situation in Liesing „im Rahmen des Erträglichen“ bleibt. Ansonsten möchte er gemeinsam mit Bürgerinitiativen, Betrieben und Anrainern mehr Druck ausüben, um die Straßenprostitution in Liesing weiter einzuschränken.

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