Siemens: Vorzeitige Ablöse von Ederer

Nach dem erzwungenen Abschied von Peter Löscher als Siemens-Chef im Juli muss nun auch die Siemens-Vorständin Brigitte Ederer per Ende September vorzeitig ihren Hut nehmen. Das hat der Aufsichtsrat beschlossen.

Der Siemens-Aufsichtsrat hat die Ablöse von Ederer offiziell besiegelt. „Brigitte Ederer, bislang im Siemens-Vorstand unter anderem zuständig für das Personalressort, legt ihr Amt zum 30. September 2013 in gegenseitigem Einvernehmen nieder“, heißt es in einer knappen ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens.

Damit endet eine Ära, in der mit Löscher und Ederer zwei Österreicher die Geschicke eines deutschen Industriegiganten lenkten. Der Vertrag der ehemaligen österreichischen Staatssekretärin wäre eigentlich noch bis Mitte 2015 gelaufen.

Angeblich „Deal“ mit Betriebsrat

Informierte Kreise bestätigten bereits am Dienstagabend die Ablöse von Ederer. Laut „Kronen Zeitung“ wurde Ederer offenbar Opfer eines „Deals“ des Betriebsrates und der Gewerkschaft mit dem Aufsichtsrat bei der Neubesetzung des Siemens-Vorstandes. Demnach habe die IG-Metall auf einen Rückzug Ederers gedrängt.

Denn ausgerechnet die Sozialdemokratin Ederer soll sich gegen die bei Siemens traditionell mächtige Gewerkschaft gestellt haben. „Die Gewerkschaften haben dem Aufsichtsratschef klar gemacht, dass sie nur dann Joe Kaeser als neuem Vorstandschef zustimmen werden, wenn Ederer als Arbeitsdirektorin abgelöst wird“, meint eine mit den Vorgängen vertraute Person gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.

Zwist mit Gewerkschafter

Ederer habe sich unter anderem geweigert, den Arbeitsvertrag von Gesamtbetriebsratschef Lothar Adler zu verlängern. Der Gewerkschafter, der seit 2003 auch Aufsichtsratsmitglied ist, würde im Frühjahr kommenden Jahres automatisch aus dem Unternehmen ausscheiden, weil er die Regelaltersgrenze erreicht. Es gilt für alle Siemensianer: Wer 65 Jahre alt wird, geht in den Ruhestand - es sei denn, das Unternehmen beantragt eine Ausnahmegenehmigung. Adler wolle offenbar weitermachen.

Dem Vernehmen nach könnte Ederer im Gefolge des Sturzes von Löscher abserviert worden sein. Der Kärntner hatte Ederer in den Siemens-Vorstand nach München geholt, seine eigene Karriere ging Ende Juli abrupt zu Ende, als der Konzern Gewinnerwartungen zurücknehmen musste. Die Mitarbeiter mussten unter Löscher immer wieder neue Sparprogramme hinnehmen.

Brigitte Ederer

APA/Hans Klaus Techt

Seit 2001 bei Siemens

Die Nachfolger sind bekannt

In der Mitteilung des Aufsichtsrates hieß es Klaus Helmrich übernehme zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben als Chief Technology Officer den Posten als Arbeitsdirektor der Siemens AG. Als neuen Konzern-Finanzvorstand bestellte der Siemens-Aufsichtsrat Ralf Thomas, bisher zuständig für das Ressort im Industrie-Sektor.

Der derzeitige Co-CEO von SAP, Jim Hagemann Snabe, soll als Nachfolger des auf eigenen Wunsch am 30. September 2013 aus dem Siemens-Aufsichtsrat ausscheidenden Josef Ackermann auf Antrag der Gesellschaft „gerichtlich zum Aufsichtsratsmitglied“ bestellt werden, heißt es in der Mitteilung weiter.

Vom Nationalrat zur mächtigen Managerin

Ederer startete ihre berufliche Karriere bei der SPÖ. Sie war Nationalratsabgeordnete, dann Staatssekretärin, später Finanzstadträtin in Wien. Ein Angebot von Siemens Österreich für einen Vorstandssessel hatte Ederer dann 2001 zum Wechsel in die Privatwirtschaft bewogen. Sie wurde Vorstandsdirektorin bei Siemens Österreich, später Generaldirektorin. Mitte 2010 holte Siemens-Konzernchef Löscher sie in den Vorstand.

Damit wurde Ederer Chefin von mehr als 400.000 Siemens-Mitarbeitern und für das Europa-Geschäft des Münchner Technologiekonzerns zuständig und damit eine der mächtigsten Managerinnen Europas. Rund drei Jahre hielt sich Ederer in der höchsten Ebene des Weltkonzerns Siemens.

Rückkehr in die Politik?

Anfang Juni 2005 gab Ederer ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem EU-SP-Abgeordneten Hannes Swoboda, das Jawort. Ederer ist kinderlos: „Kinder sind sich nie ausgegangen. Das ist der Preis, den ich für den Job gezahlt habe“, sagte sie in Interviews. Beruflich hatte Ederer Österreich nicht ganz den Rücken gekehrt. Sie war Aufsichtsratschefin von Siemens Österreich und ist Obfrau der heimischen Elektroindustrie. Ihre weitere berufliche Zukunft ist offen: Beobachter spekulieren bereits über ein „Revival“ der „Gitti“ in der Sozialdemokratie.

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