Betrugsprozess: Arzt teils geständig

Weil er Leistungen verrechnet haben soll, die er nicht erbracht hatte, ist am Montag ein praktischer Arzt in Wien vor Gericht gestanden. Er bekannte sich teilweise schuldig. Allerdings beläuft sich der Schaden seiner Aussage zufolge auf 50.000 statt 750.000 Euro.

Wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Vorbereitungshandlungen für den Drogenhandel muss sich der Arzt im Wiener Landsgericht vor einem Schöffensenat verantworten. Dem Mann wirft die Staatsanwaltschaft vor, dass er in großem Stil der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Rechnungen für Leistungen erstellt habe, die er nicht erbrachte.

Betrügerische Abrechnungen

Bei Hunderten Patienten soll der Mediziner mittels deren E-Cards Behandlungen vorgegeben haben, die - zumindest laut Überprüfungen der Behörden - niemals stattgefunden haben dürften. Der Arzt war den Behörden vor knapp eineinhalb Jahren aufgefallen.

Es wurde bekannt, dass er die Drogenszene mit Substitutionsmedikamenten versorgt haben dürfte, indem er Rezepte für psychotrope Stoffe an Nichtberechtigte weitergab. Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen kamen dann auch die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung mit der WGKK zutage. Für den Mediziner gilt die Unschuldsvermutung.

Die Staatsanwaltschaft warf dem 68-Jährigen vor, in der Drogenszene den Ruf gehabt zu haben, „weniger kritisch als andere zu sein“, wenn es um die Versorgung mit Substitutionsmedikamenten ging, was Verteidigerin Alexia Stuefer entrüstet zurückwies.

E-Cards einbehalten

Der Beschuldigte soll Drogenpatienten aufgefordert haben, ihre E-Card in der Ordination zu lassen. Bis zu 100 der Karten soll er in seiner Praxis aufbewahrt haben, um so leichter nicht erbrachte Leistungen verrechnen zu können, legt ihm die Anklage zur Last.

Er habe sie gebeten - nicht aufgefordert -, die Karten dazulassen, damit die Patienten sie nicht vergessen, aber auch, „weil ich nicht wollte, dass sie doppelgleisig fahren“, sagte hingegen der Angeklagte. Anders gesagt: damit die Patienten nicht zu anderen Ärzten ebenfalls in Therapie gehen.

Kann sich Malversationen nicht erklären

Die nicht erbrachten, aber verrechneten Leistungen stellte der Arzt als Interpretationsunterschiede zwischen ihm und der WGKK dar. „Höchstens zehnmal pro Quartal sind Gespräche mit Drogenpatienten verrechenbar“, erläuterte der Angeklagte. „Wenn er 20-mal kommt, sind zehnmal gratis.“ Die E-Cards seien im Übrigen für die Patienten jederzeit erreichbar und verfügbar gewesen.

Die Höhe des inkriminierten Gesamtschadens stellte der Mediziner entschieden in Abrede: „750.000 Euro - das ist ein Wahnsinn. Nicht einmal, wenn ich auf der Waage stehe, bekomme ich so viel“, sagte er. Maximal 50.000 Euro, „vielleicht ein bisschen darüber“ betrage der Gesamtschaden. Wie es zu diesen Malversationen gekommen sei, konnte er nicht erklären.

2.500 Tabletten gefunden

Als die Behörden seine Praxis untersuchten, stießen sie auf knapp 2.500 Tabletten von Substitutionsmedikamenten. „Eine Schlamperei“, so der Mediziner. Es habe sich ausschließlich um Subotex und Suboxon gehandelt, abgelaufene Medikamente, die zur Entsorgung extra gelagert worden seien, nicht, um sie später an Drogenabhängige weiterzugeben.

Der Prozess wird am 28. Oktober fortgesetzt. Der 68-Jährige ist mittlerweile in Pension, zuvor war über ihn ein Berufsverbot verhängt worden. Seit einigen Wochen läuft auch bei der Wiener MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht) ein Verfahren gegen den Mediziner.