Neue Dauerausstellung zu Juden in Wien

Seit 20 Jahren sitzt das Jüdische Museum im Palais Eskeles. Als letzten Schritt der Neupositionierung zeigt Leiterin Danielle Spera eine neue Dauerausstellung. „Unsere Stadt! Jüdisches Wien bis heute“ rollt die Geschichte neu auf.

Prosperität, fast völlige Vernichtung und ein Neubeginn - die Geschichte des Judentums in Wien ist eine Geschichte der Extreme. Das dokumentiert auch die neue Dauerausstellung. Sie erstreckt sich über zwei Stockwerke. Wobei der Eingang im Erdgeschoß nicht mit den frühen Wurzeln beginnt, sondern mit dem Neustart, also dem Jahr 1945.

Das NS-Regime war besiegt worden, der Antisemitismus in Wien aber noch längst nicht, wie Zitate zeigen, mit denen die Museumsbesucher begrüßt werden. „Sicherlich würden wir es nicht zulassen, dass eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etabliert, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen“, befand etwa Bundespräsident Karl Renner.

Neue Ausstellung

APA/Roland Schlager

Blick in die neue Ausstellung

Rückkehrer mussten um Wohnung prozessieren

Auch die Geschichte des Filmproduzenten Oskar Glück erscheint symptomatisch: Er musste jahrelang dafür prozessieren, seine Wohnung, die er 1938 verlassen musste, wieder zu bekommen. Dass ein jüdischer Mieter viele Jahre nach der Räumung Ansprüche stellt, wurde von einem Rechtsanwalt sogar als „Kuriosum“ bezeichnet.

Die neue jüdische Gemeinde etablierte sich aber nicht zuletzt durch die - von Renner offenbar befürchtete - Zuwanderung aus dem Osten, also vor allem aus der Sowjetunion. Denn in Wien selbst hatten nur wenige Juden den Nazi-Terror überlebt, auch die Zahl der Rückkehrer war relativ gering.

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Fortgesetzt wird die Ausstellung im zweiten Stock. Dort führt der Weg vom Mittelalter bis zur Shoah. Historische Dokumente werden dabei durch zeitgenössische Darstellungen ergänzt. So hat die israelische Künstlerin Maya Zack in ihrer Installation „The Shabbat Room“ die „Gute Stube“ virtuell rekonstruiert, also einen Raum der 1899 für das erste Jüdische Museum entworfen worden war. Er sollte Nichtjuden beziehungsweise assimilierten Wiener Juden eine Vorstellung des Schabbats als Familienfeiertag liefern. Das Original wurde 1938 zerstört.

Konflikt Kreisky-Wiesenthal dokumentiert

Auf den schwierigen Neubeginn folgt in der neuen Dauerausstellung eine Auseinandersetzung mit den 1970er-Jahren - in denen die Proteste der Jugend auch die internen Strukturen der Kultusgemeinde ins Visier nahmen. Auch auf einen weiteren Konflikt, nämlich jenen zwischen Simon Wiesenthal und dem früheren Bundeskanzler Bruno Kreisky, wird nicht vergessen.

Lueger-Ring-Straßenschild als Ausstellungsstück

Die Ausstellung enthält historische Objekte samt ausführlicher Erläuterungen, aber auch zahlreiche multimediale Elemente. Zu ersteren gehört etwa das Fahrrad von Theodor Herzl (Modell „Opel Victoria Blitz“) oder auch ein abmontiertes Straßenschild vom einstigen „Dr.-Karl-Lueger-Ring“. Der betreffende Abschnitt der Wiener Ringstraße war 2012 in Universitätsring umbenannt worden. Der frühere Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844-1910) gilt nicht nur als verdienstvoller Kommunalpolitiker, sondern auch als populistischer Antisemit.

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Straßenschild landete im Museum

„Heute feiern wir das jüdische Leben in der Stadt“, erklärte Museumsdirektorin Danielle Spera bei der Präsentation der Schau. Es habe sich zwar die Frage gestellt, ob eine Dauerausstellung noch in einen modernen Museumsbetrieb passe, man sei zu der Entscheidung gekommen, dass dies sehr wohl der Fall sei - erst Recht, da es in Wien kein „Haus der Geschichte“ gebe.

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Spurensuche in Wien

Jubiläumsprogramm bis 24. November

Gekostet hat die neue permanente Präsentation rund 600.000 Euro - ein Mindestbudget, wie die Museumschefin versicherte. Wer nach der Visite im Palais Eskeles durch die Stadt flaniert, kann das museale Erlebnis übrigens fortsetzen: Mittels Smartphone-App können auf dem Weg durch die City Informationen über die jüdische Geschichte abgerufen werden.

Mit der Eröffnung der Dauerausstellung beginnt auch das Jubiläumsprogramm - mit dem 25 Jahre (Wieder-)gründung des Museums und der vor 20 Jahren erfolgte Einzug ins Palais Eskeles gefeiert werden. Bis zum 24. November sind zahlreiche Veranstaltungen von Filmpräsentationen bis hin zu Lesungen und Gesprächsrunden angesetzt.

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Wirbel um zerstörte Hologramme

2011 erfolgte die Sanierung des Palais Eskeles um rund 2,6 Mio. Euro. Wirbel gab es damals um die bei den Umbauarbeiten zerstörten Hologramme. 21 großformatige, aus Sicherheitsglas und dazwischen liegender Folie bestehende Hologramme waren Teil der früheren Dauerausstellung. Auf ihnen waren jüdische Ritualgegenstände, Personen und Synagogen zu sehen gewesen.

Ursprünglich hätten die Platten ins Depot kommen sollen. Die Zerstörung löste jedenfalls eine Welle von Protesten aus. Im Museum selbst wurde damals versichert, dass die Hologramme nicht mehr zu demontieren waren - mehr dazu in Jüdisches Museum „in jeder Hinsicht neu“

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