Hunderte angehende Mediziner ohne Praktikum

Mehrere hundert Studierende der MedUni, die ab 4. August in ihr Praxisjahr starten sollten, stehen noch ohne Ausbildungsplatz in Wien da. Der Grund sei ein fehlender Vertrag zwischen Universität und den Spitalsträgern.

Die Spitalsträger schlagen nun eine Lösung vor: Sie würden das erste Jahr vorfinanzieren, wenn dafür Verhandlungen über eine „sinnvolle Finanzierung“ starten.

KAV spricht von „Rettungsanker“

Beim heuer erstmals startenden sogenannten klinisch-praktischen Jahr (KPJ) wird das gesamte letzte Ausbildungsjahr im Spital verbracht. In Wien dauert es 48 Wochen mit jeweils 35 Wochenstunden und gliedert sich in die Blöcke Innere Medizin, Chirurgische Fächer und Wahlfächer. An den Medizin-Unis Graz und Innsbruck gab es schon bisher ein ähnliches Modell, wegen der geringeren Größe sei man dort aber nicht so stark auf externe Spitalsträger angewiesen.

„Wir lassen die Studenten nicht im Regen stehen, sie dürfen nicht die Leidtragenden sein“, sagte Udo Janßen vom Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Voraussetzung für diesen „Rettungsanker“ sei allerdings, dass noch im Juni Verhandlungen über einen einheitlichen Ausbildungsvertrag für das KPJ mit den Spitalsträgern starten und ab nächstem Jahr auch - wie schon jetzt bei Praktikaverträgen - die Ausbildungsleistung der Ärzte an den Krankenhäusern abgegolten wird.

Gerade hier spießt es sich: Die Träger argumentieren, dass die Spitäler eine aufwendige Ausbildungsleistung erbringen und die Studenten nicht einfach als billige Arbeitskräfte einsetzen würden. Sie verlangen daher zwischen 10.000 und 12.000 Euro Abgeltung pro Student und Jahr.

Rektor der MedUni über Vorschlag verwundert

Ziel der Verhandlungen mit allen drei Medizin-Unis müsse aus Sicht der Spitalsträger außerdem ein einheitlicher Vertrag für alle Medizin-Studenten und alle Träger in Österreich, im Idealfall sogar in Europa, sein. Derzeit müssten Studenten der verschiedenen Unis nämlich nach unterschiedlichen Kriterien ausgebildet werden.

Wolfgang Schütz, Rektor der MedUni Wien, zeigte sich verwundert über die Aussagen der Spitalsträger: Es gebe für alle 660 Studenten, die heuer mit dem KPJ beginnen sollen, ausreichend Plätze - allerdings nur einen Teil davon in Wien. Die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen über einen Vertrag sieht er wiederum bei den Wiener Trägern. Für Schütz ist deshalb auch noch keinesfalls fix, ob er das heute unterbreitete Angebot annehmen wird. Am Donnerstagnachmittag gab es dazu einen Termin mit dem KAV.

Am AKH und in der AUVA sind derzeit 211 der 660 Plätze für das KPJ der Medizin-Uni Wien vorgesehen. Durch eine mögliche Aufstockung könnte laut Schütz bis zu ein Drittel der Studenten ihr KPJ in Wien absolvieren, wobei die Plätze nach sozialer Bedürftigkeit vergeben würden.

Verträge mit elf Trägern österreichweit

Außerdem habe die Uni kostenlose Ausbildungsverträge mit elf weiteren Trägern in ganz Österreich, darunter auch der Landeskliniken Holding Niederösterreich. Darüber hinaus versucht sie weiterhin noch zusätzliche Plätze an anderen Wiener Krankenhäusern zu vereinbaren, sagte Schütz.

Dass die Träger von einem „Rettungsanker“ sprechen, ist für ihn von „geradezu abstoßendem Zynismus“ - immerhin seien die Verhandlungen mit den Spitalsträgern so lange gut verlaufen, bis der KAV sich zu deren Sprecher gemacht und die Forderung nach einer Abgeltung erhoben habe.

Solche Zahlungen, die allein an der Medizin-Uni Wien pro Jahr fünf Millionen Euro betragen würden, seien auch an der Medizin-Uni Graz und Innsbruck nicht üblich - laut Schütz mit gutem Grund: Das KPJ sei schließlich das letzte Studienjahr vor dem Abschluss und die Studenten seien „weitestgehend ausgebildet“: „Sie bringen den Spitälern damit mehr Nutzen als Kosten“, sagte Schütz und zog den Vergleich mit Turnusärzten, die schon jetzt eine Bezahlung erhalten würden. Ein Vergleich mit der Praktika-Entschädigung sei deshalb nicht zulässig.

ÖH unterstützt Vorschlag

Die HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Medizin-Uni Wien unterstützt den Vorschlag der Spitalsträger, in der Bundeshauptstadt zusätzliche Plätze für Studenten im klinisch-praktischen Jahr (KPJ) vorzufinanzieren. Nächstes Ziel müsse eine langfristige soziale Lösung sein, forderten die Studentenvertreter per Aussendung. Sie wollen zudem, dass die Studenten im KPJ finanziell entschädigt werden.

Viele Studierende seien auf Plätze in Wien angewiesen. „Gerade jene, die berufstätig sind oder Betreuungspflichten nachgehen, können nur sehr schwer aus Wien weg“, kritisierte die ÖH am Donnerstag die derzeitige Lösung. Für heuer kann die MedUni Wien nur 211 der 660 KPJ-Plätze in Wien anbieten, die übrigen Studenten müssen die ab 4. August startende Ausbildung an Krankenhäusern in den Bundesländern absolvieren.

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