Wien wird zur Wahlkampfarena für Erdogan

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat sich für den 19. Juni in Österreich angekündigt. Erdogan, der als Kandidat für die Präsidentenwahl im August in der Türkei gehandelt wird, geht in Wien auf Stimmenfang.

Nach Wien eingeladen hat ihn wie schon bei seinem Köln-Besuch vor zwei Wochen der Verein Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Die Organisation mit „Niederlassungen“ in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Österreich gilt als verlängerter Arm der von Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) in Europa.

Recep Tayyip Erdogan

Facebook Screenshot

Die Ankündigung des Besuches auf Facebook

Auf der offiziellen Facebook-Seite der UETD Austria wird der türkische Regierungschef von seinen Fans als Gründervater der „zweiten türkischen Republik“ und Architekt der „neuen Türkei“ gefeiert. Der Auftritt des „Meisters“ (türkisch: Usta) wird laut Homepage der AKP Parti Viyana (AKP Wien) mit „Sehnsucht“ erwartet - mehr dazu in Erdogan kommt nach Wien.

Treffen mit NGOs in Wien geplant

Nach Angaben des Pressedienstes des türkischen Ministerpräsidentenamts wird Erdogan am 19. Juni in Wien eintreffen. Am nächsten Tag wird er in Frankreich erwartet, wo er den französischen Präsidenten Francois Hollande trifft. Nach Informationen der Zeitung „Habertürk“ sollen auch Belgien und die Niederlande auf Erdogans Reiseroute stehen.

Einem Bericht der Zeitung „Sabah“ zufolge sind in Wien Treffen mit Nichtregierungsorganisationen eingeplant. Bisher ist aber noch kein offizielles Programm bekanntgegeben worden. Das soll laut UETD in den nächsten Tagen erfolgen. Für Österreich sind nach bisherigen Informationen keine formellen Treffen mit österreichischen Politikern geplant, Akkreditierungen für Journalisten laufen über Ankara.

Erdogan

APA/EPA/HENNING KAISER

Erdogan bei seinem Köln-Besuch vor wenigen Tagen

Mehr als 100.000 in Österreich lebende Türken sind im August aufgerufen, einen neuen türkischen Staatspräsidenten zu wählen. Innenpolitisch wird in der Türkei mit der offiziellen Nennung der Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten weiterhin Katz und Maus gespielt.

Heftige Spekulationen über Erdogan-Zukunft

Bisher ist keine der türkischen Parteien mit einem Namen an die Öffentlichkeit gegangen. Aber es gilt nicht nur in Kreisen der islamisch-konservativen AKP als beschlossene Sache, dass der regierende Ministerpräsident Erdogan den Präsidentenposten übernehmen will. Über die weitere Zukunft des Regierungschefs wird heftig spekuliert. Erdogan kann laut derzeitiger Verfassung keine vierte Amtsperiode in Folge als Ministerpräsident absolvieren. Über das Amt des Staatspräsidenten als Sprungbrett könnte er sich zurück auf den Sessel des Regierungschefs dirigieren.

Einem am 4. Juni veröffentlichten Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, der sich auf einen ranghohen Vertreter innerhalb der AKP beruft, hat Erdogan nicht vor, die Regierungsgeschäfte aus der Hand zu geben. Mit der Ernennung eines Schattenkabinetts könnte Erdogan als Staatspräsident in Schlüsselfragen wie etwa der Energiepolitik, der Außenpolitik und im Friedensprozess mit den Kurden weiterhin das Sagen haben.

demo pro Erdogan

APA/Hans Punz

Noch muss Erdogan aber die Wahl im August erfolgreich absolvieren. Mit seinen Brandreden im Ausland wie kürzlich im deutschen Köln punktet der Regierungschef sowohl bei seinem islamisch-konservativen Klientel in der Heimat als auch bei einem Teil der türkischen Emigranten. Für das Erreichen der 51-Prozent-Marke braucht der Premier auch die Stimmen der rund drei Millionen im Ausland lebenden Türken. Zudem darf er die kurdischen Unterstützer im eigenen Land nicht verprellen.

Umstrittener Verein als Anlaufstelle für Erdogan

Eine Anlaufstelle für den Ministerpräsidenten könnte wie schon bei seinem Vorjahresbesuch in Österreich der Verein Wonder in Wien sein. Dem umstrittenen Verein haben bereits führende AKP-Granden, darunter der amtierende Staatspräsident Abdullah Gül, der jetzige Justizminister Bekir Bozdag und erst im Mai Außenminister Ahmet Davutoglu, ihre Aufwartung gemacht.

Erdogan würdigte im Vorjahr bei einer Veranstaltung die Rolle von Wonder und von Österreich als Kaderschmiede für die „neue Türkei“. Nach dem Militärputsch am 28. Februar 1997 hätten sich Tausende junger Türkinnen aufgrund des Kopftuchverbots an türkischen Universitäten gezwungen gesehen, nach Österreich zum Studium zu kommen. Es sei nun Zeit, dem eigenen Land zu dienen, ließ der Premier in seiner Rede wissen.

Unter der Schirmherrschaft des Vereins wurde im Vorjahr unter anderem auch eine Spendenveranstaltung für Muslime in Syrien und in Palästina organisiert, gemeinsam mit der seit Ende 2013 in Österreich mit einem eigenen Büro vertretenen muslimischen Hilfsorganisationen WEFA und Rahma Austria. Die Gelder sind laut Website des Vereins der islamisch-türkischen Stiftung für humanitäre Hilfe IHH zur Verteilung zugeflossen. Die der AKP nahestehende Hilfsorganisation IHH kam zuletzt international in die Schlagzeilen, weil ihre Lastautos unter Begleitung des türkischen Geheimdienstes angeblich nicht nur Hilfsgüter, sondern auch Waffen nach Syrien geliefert haben sollen.

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