Rekord bei Regenbogenparade

Bei der 19. Regenbogenparade auf der Ringstraße haben über 50 Gruppen teilgenommen, laut Veranstalter waren 150.000 Besucher und damit so viele wie noch nie dabei. Gegen die Fahrtrichtung wurde „andersrum“ marschiert.

Am Anfang sei der Zug laut Christian Högl von der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien aufgrund der Menschenmassen oftmals sogar nicht weitergekommen. Allerdings kam es auch zu Zwischenfällen mit Gegnern der Parade: Ulrike Lunacek, Europaabgeordnete der Grünen, wurde während eines ORF-Interviews Opfer eines Buttersäureangriffs. Verletzt wurde durch die übel riechende Flüssigkeit laut Veranstaltern niemand.

Lunacek bezeichnete den Angriff auf ihre Person als „Einzelfall, welcher aber zeigt, dass wir auch in diesem Land nicht nur für Toleranz, sondern auch für Akzeptanz und Respekt sorgen müssen“. Als nächstes großes Ziel sehe sie die Umsetzung des EU-weiten Fahrplans gegen Homophobie, der im Februar im EU-Parlament beschlossen wurde.

Bildershow: Regenbogenparade 2014

Als styletechnische Vorbilder der Paradeteilnehmer dienten heuer vor allem Conchita Wurst und die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Beliebt waren auch dieses Jahr Korsagen, High Heels, Netzstrumpfhosen, Latexanzüge und Bodypainting. Als traditioneller Fixpunkt nahm auch der bekennende Homosexuelle Hermes Phettberg teil: Er ließ sich auf der Motorhaube eines schwarzen VW-Käfers einmal um den Ring chauffieren.

Hermes Phettberg bei Regenbogenparade

APA/Georg Hochmuth

Hermes Phettberg

„Reden ist Silber, Aktivismus ist Gold“

Trotz der vorherrschenden Partystimmung aufgrund der bunten Kostüme und der lauten Musik hat die Parade einen politischen Hintergrund. Auf Plakaten mit der Aufschrift „Pride means Resistance“ und „Reden ist Silber, Aktivismus ist Gold“ wurde deutlich, dass in den Augen vieler Teilnehmer noch viel Arbeit gegen Diskriminierung bevorsteht.

Der politische Aspekt wurde auch bei der Abschlusskundgebung, der „Pride Speak“, deutlich. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) forderte „gleiche Rechte, ohne Wenn und Aber, ohne halbe Lösungen“. Über die gleichgeschlechtliche Ehe äußerte sie sich: „Jeder, der sich unbedingt einbildet, heiraten zu müssen, warum auch immer, sollte das auch tun dürfen.“ Jeder solle leben und lieben können, wie er wolle, ohne Einschränkungen. Die Zeit und die Gesellschaft seien dafür reif, die Politik zumindest weitgehend bereit. „Nur noch eine einzige Partei muss nachdenken, die ÖVP“, sagte Vassilakou.

Zeichen der Solidarität

Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) bezeichnete die Regenbogenfahnen am Burgtheater, am Rathaus und an der Oper nicht nur als „Fassadenschmuck“, sondern als „klares Bekenntnis“. „In Wien ist es egal, ob du lesbisch, schwul oder transgender bist - deine Stadt liebt dich“, sagte sie. Es gehe bei der Regenbogenparade nicht nur darum, für Gerechtigkeit und Gleichstellung einzutreten, sondern auch darum, die Vielfalt zu zeigen und ein internationales Zeichen der Solidarität zu setzen.

Die Parade war am Samstagnachmittag ab 14.00 Uhr auf dem Ring „andersrum“, also entgegen der Fahrtrichtung unterwegs. Start und Ziel war der Rathausplatz, wo sich dieses Jahr auch das „Pride Village“ befindet. Als Abschluss des fünftägigen „Vienna Pride“-Events findet dort am Sonntag bis 15.00 Uhr ein queeres Frühschoppen statt

Die erste Regenbogenparade fand 1996 in Wien statt. Zum zwölften Mal wurde sie heuer von der HOSI Wien organisiert. Die jährlich im Juni stattfindende Demonstration ist ein Teil der „Vienna Pride“, die unter dem Motto „Proud by Choice“ stattfindet - mehr dazu in Regenbogen-Zeltstadt vor dem Rathaus.

Neue Gruppen beteiligt

Högl freute sich besonders über neue Gruppen wie die LSBT-PfadfinderInnen und den gemeinsamen Wagen der Bundesländer-HOSIs aus Linz, Salzburg und Innsbruck sowie der Rosalila PantherInnen aus Graz.

Auch die Beteiligung aus dem Bereich der Arbeitswelt werde immer stärker, hieß es im Vorfeld. So sind Mitarbeitergruppen großer Unternehmen wie der Wiener Linien, der ÖBB, UniCredit Bank Austria und von Microsoft sowie die Gewerkschaft vida mit eigenen Wagen und Formationen vertreten. Besondere Erwähnungen fanden die ÖBB - die übrigens durch das auch für Regenbogenfamilien gültige Family-Ticket Vorreiter auf diesem Gebiet waren -, weil sie wieder den Frachtenbahnhof für den Aufbau und die Dekorierung der Paradenwagen kostenfrei zur Verfügung stellen.

Die HOSI Wien stellt ihren Beitrag unter das Motto „Reden ist Silber, Aktivismus ist Gold“ und feiert das 35-jährige Bestehen. Die HOSI Wien könne in diesem Sinn auf 35 erfolgreiche Jahre zurückblicken, in denen viel erreicht worden sei: „Und wir sind überzeugt, dass wir mit Engagement und Aktivismus auch in Zukunft unsere Forderungen erfolgreich durchsetzen werden.“

Gegendemonstration als „Marsch für die Familie“

Auf dem Stephanspatz fand mit dem „Marsch für die Familie“ eine Gegendemonstration statt, die vor allem die Ehe als Institution für Mann und Frau verteidigen wollte. „In einer Demokratie darf jeder auf die Straße gehen“, meinte Högl auf diese Veranstaltung angesprochen.

Jedoch sei die geringe Anzahl von circa 50 Teilnehmern eine Aussage, die für sich stehe. Besonders gefreut habe ihn, dass es auch Menschen auf der Regenbogenparade gegeben habe, die Plakate mit der Aufschrift „Jesus loves you“ trugen und dadurch die eigentliche Botschaft von Religion und Glauben, nämlich Liebe und Gemeinschaft, vertraten.

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