Handgranatenmord „minutiös geplant“

Im Handgranatenmord von Ottakring enthüllt die Anklageschrift neue Details. Der Staatsanwalt wirft dem Hauptangeklagten vor, das Verbrechen minutiös geplant zu haben. Er soll auch die Granate gezündet haben, weil der Revolver eine Ladehemmung hatte.

Kristijan H. soll sich laut der 26 Seiten starken Anklageschrift bereits im November 2013 entschlossen haben, die beiden Männer zu beseitigen, mit denen er einträgliche Geschäfte mit nach Österreich importiertem Diesel gemacht hatte. Der Treibstoff wurde ohne Abfuhr der Mineralölsteuer im Sommer 2013 direkt an Tankstellen verkauft.

Strohmann hätte untertauchen sollen

Laut Anklage hatte es Unstimmigkeiten bezüglich der Aufteilung des Geldes gegeben. Deshalb sei der Hauptangeklagte von seinen beiden Partnern bedroht worden. Doch das war laut Anklage nicht das einzige Motiv: Auf einen der beiden, nämlich den 57-jährigen Horst Waldemar W., war die zum Treibstoffimport gegründete Firma, über die insgesamt 1,53 Millionen Liter Diesel eingeführt wurden, zum Schein angemeldet. Der gebürtige Deutsche machte entgegen einer ursprünglich getroffenen Abmachung keinerlei Anstalten, das Land zu verlassen und unterzutauchen.

Kristijan H. soll aufgrund dessen befürchtet haben, dass die illegalen Machenschaften - allein die hinterzogene Mineralölsteuer machte rund 613.000 Euro aus - auffliegen und der als „Strohmann“ eingesetzte W. bei einer Befragung durch die Strafverfolgungsbehörden seine Hintermänner preisgeben könnte. Deswegen mussten - so der Tenor der Anklage - der 57-Jährige sowie Zlatko N., dem Kristijan H. zum Vorwurf machte, seinen Fahrer nicht mehr unter Kontrolle zu haben, sterben.

Opfer noch 20.000 Euro abgenommen

Darüber hinaus hatte Kristijan H. laut Anklage Zlatko N., wenige Sekunden bevor er ihn mit drei Schüssen aus einem Revolver tötete, noch 20.000 Euro abgenommen. Er soll den an sich in Mondsee wohnhaften Unternehmer mit der Vorgabe nach Wien gelockt haben, ihm ein lukratives Mineralölgeschäft mit einem Serben oder Russen vermitteln zu können.

Konkret hatte der 35-Jährige Zlatko N. vorgemacht, dieser könne um 20.000 Euro an einen Tanklastzug mit 30.000 Litern Diesel gelangen, wobei der Weiterverkauf mindestens 30.000 Euro einbringen würde. Zlatko N. soll daraufhin im Freundes- und Bekanntenkreis Geld ausgeborgt und sich mit den eingesammelten 20.000 Euro und seinem Fahrer Horst Waldemar W. nach Wien begeben haben.

Am Treffpunkt in der Odoakergasse gingen die beiden in eine tödliche Falle. Kristijan H. stellte ihnen seinen Bekannten Dejan V. unter dem Namen „Eddy“ als vermeintlichen Dieselverkäufer vor. Nachdem Zlatko N. das Bargeld aus einem Kuvert genommen und übergeben hatte, setzte sich Kristijan H. in dessen Fahrzeug und gab vom Rücksitz aus einen Schuss in den Kopf und zwei in die Brust des 45-Jährigen ab. Dieser war auf der Stelle tot.

Revolver hatte Ladehemmung

Während Dejan V. auf dem Gehsteig die Banknoten zählte, richtete Kristijan H. laut Anklage den Revolver auf Horst Waldemar W. Die Waffe hatte allerdings Ladehemmung, woraufhin er eine Handgranate an sich nahm, die ihm sein Vater besorgt hatte, den Sicherungssplint herauszog und dem auf dem Beifahrersitz befindlichen 57-Jährigen vor die Füße warf. Bevor es zur Explosion kam, hatte der Hauptangeklagte rechtzeitig das Fahrzeug wieder verlassen.

Die Detonation der Granate hatte keine unmittelbar tödliche Wirkung, obwohl sie dem Deutschen die linke Hand zur Gänze zerfetzte und Brust- und Bauchhöhle öffnete. „W. war kurzfristig sogar noch bei Bewusstsein und rief nach Hilfe, ehe er in Ohnmacht fiel“, ist der Anklageschrift zu entnehmen. Der Tod erfolgte erst im Rettungsauto infolge eines Einrisses der Körperhauptschlagader.

Insgesamt drei Personen angeklagt

Neben Kristijan H. wurde auch Dejan V. zur Anklage gebracht, dem angekreidet wird, an der unmittelbaren Tatausführung in Kenntnis des mörderischen Plans beteiligt gewesen zu sein. Außerdem soll er den Revolver und eine Rohrbombe besorgt haben, mit der das Verbrechen ursprünglich hätte ausgeführt werden sollen, wovon Kristijan H. dann allerdings nach Recherchen im Internet Abstand nahm, weil er befürchtete, die Explosion könnte Unbeteiligte verletzen.

Angeklagt wurde auch die ältere Schwester des mutmaßlichen Haupttäters, der sich im Ermittlungsverfahren im Unterschied zu den beiden Mitangeklagten grundsätzlich geständig gezeigt hat. Die 43-jährige Renata H. soll in die blutigen Pläne zur Gänze eingeweiht gewesen sein, für Dejan V. ein Hotelzimmer angemietet, ihre eigene Wohnung als Lager für diverse zur Durchführung der Bluttat angeschaffte Utensilien zur Verfügung gestellt sowie ihren Bruder und dessen Helfer zum Tatort chauffiert und von dort wieder weggebracht haben.

Anwälte können noch Einspruch erheben

Die Verteidiger Philipp Winkler, der Kristijan H. vertritt, Nikolaus Rast - Rechtsbeistand der Schwester - sowie Ernst Schillhammer und Marcus Januschke, die Dejan V. rechtsfreundlich betreuen, haben jetzt 14 Tage Zeit für allfällige Einsprüche gegen die Anklage. Sollte diese in Rechtskraft erwachsen, könnte im Herbst verhandelt werden. Den Schwurprozess wird Richterin Martina Krainz leiten.

Die drei Verdächtigen waren im April festgenommen worden. Zunächst erwischten die Ermittler den 29-jährigen Serben Dejan V. bei Mattighofen (Bezirk Braunau) auf der Straße. Renata und Kristijan H. wurden in einer Fast-Food-Filiale in Eugendorf (Flachgau) festgenommen. Sie sind laut den Ermittlern österreichische Staatsbürger mit kroatischen Wurzeln. Der Hauptverdächtige Kristijan H. hat ein Geständnis abgelegt - mehr dazu in Handgranate: Verdächtiger geständig.

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