Messerstich wegen 20 Euro: Drei Jahre Haft

Ein 18-Jähriger, der im Mai in Wien-Leopoldstadt einen 17-jährigen Freund bei einem Streit um 20 Euro niedergestochen hatte, ist am Straflandesgericht zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Der anklagekonforme Schuldspruch der Geschworenen fiel mit 5:3 Stimmen sehr knapp aus. Bei der Strafbemessung waren die bisherige Unbescholtenheit, die schwierigen Lebensumstände des Asylwerbers und sein junges Alter - zum Tatzeitpunkt war er noch 17 - mildernd.

Erschwerend wurde demgegenüber gewertet, dass er mehrfach auf seinen ebenfalls aus Afghanistan stammenden Freund einzustechen versucht hatte. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren erschien dem Gericht die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Angeklagter bei Prozess nach Messerstich in Wien-Leopoldstadt

ORF

Die schwierigen Lebensumstände des Asylwerbers wurden im Urteil mildernd bewertet

Streit in Wohngemeinschaft

Die an sich miteinander befreundeten Burschen waren in einer betreuten Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wegen 20 Euro in Streit geraten. Der Jüngere hatte dem 18-Jährigen zu Jahresbeginn 35 Euro geborgt und nach einiger Zeit 15 Euro zurückbekommen. Weil der 18-Jährige notorisch unter Geldnot litt, erließ der 17-Jährige ihm die Restschuld. Als der Ältere jedoch sein Handy verkaufte und plötzlich doch über Bares verfügte, wollte sein Freund die 20 Euro nicht mehr in den Wind schreiben.

In der Küche der WG kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung. „Er hat mich provoziert. Wenn du dazu körperlich in der Lage bist, dann nimm dir das Geld“, schilderte der 17-Jährige im Zeugenstand. Daraufhin dürfte dieser gegen die Schwester und Mutter seines Freundes ausfällig geworden sein - mehr dazu in Bauchstich: 17-Jähriger außer Lebensgefahr (wien.ORF.at; 17.5.2014).

Messer in Bauch gerammt

Der 18-Jährige lief in die Küche, holte ein knapp 20 Zentimeter langes Küchenmesser und rammte es dem Opfer in den Bauch. Die fünf Zentimeter tiefe Stichwunde hatte eines Beschädigung des Darms zur Folge. Wäre nicht umgehend für notärztliche Hilfe gesorgt worden, „hätte Lebensgefahr bestanden“, gab der Staatsanwalt zu bedenken.

„Ich gebe zu, dass ich das Messer geholt habe und zustechen wollte. Aber ich habe nicht daran gedacht, dass ich ihn damit verletzten könnte“, gab der Angeklagte zu Protokoll. Er habe nur dafür sorgen wollen, „dass er Angst bekommt. Ich wollte, dass er nicht mehr schimpft und aufhört, meine Familie zu beleidigen.“ Als er zugestochen habe, „war da auch kein Blut an meiner Hand oder dem Messer“.

Angeklagter stellte sich der Polizei

Nach dem Stich war der 18-Jährige davongelaufen und spazieren gegangen. Dabei telefonierte er mit einem weiteren WG-Mitbewohner und erfuhr, dass der 17-Jährige ins Spital gebracht worden war. Darauf fuhr er mit der Schnellbahn zum Praterstern und stellte sich der Polizei: „Ich wusste, dass ich etwas falsch gemacht habe und einen Fehler begangen habe.“

Der 18-Jährige war im vergangenen Dezember nach Österreich gekommen. Sein Vater habe sich den Taliban angeschlossen und ihn dazu überreden wollen, es ihm gleich zu tun. Als er sich weigerte, sei er geschlagen und misshandelt worden, berichtete der Jugendliche dem Schwurgericht.