Jüdisches Museum beleuchtet koscheres Essen

Ob Noah Schweine mit auf die Arche nahm oder ob Pizza koscher ist, kann ab Donnerstag im Jüdischen Museum herausgefunden werden. Die Ausstellung „Kosher for... Essen und Tradition im Judentum“ informiert über jüdisches Essen aus wissenschaftlicher und kulinarischer Sicht.

Giraffen sind koscher. Die gespaltenen Hufe und das Wiederkäuen machen sie in den jüdischen Speisegesetzen, den Kaschrut, zu verzehrbaren Tieren. Vorausgesetzt natürlich, sie werden nach den Vorschriften geschachtet. Krebse sind als Wasserbewohner ohne Schuppen und Flossen hingegen tabu. Derlei Details über jüdische Essentraditionen und -gesetze erfährt man nun im Jüdischen Museum Wien.

Dürfen sich Juden betrinken?

Bis 8. März 2015 will die Ausstellung „Kosher for ... Essen und Tradition im Judentum“ sowohl „einen wissenschaftlichen als auch kulinarischen Überblick“ über die Welt des jüdischen Essens geben, wie Museumsdirektorin Danielle Spera bei der Presseführung am Dienstag sagte. Dies geschieht anhand von acht Fragen, wie etwa: Hatte Noah auch Schweine auf der Arche? Hat der Granatapfel wirklich 613 Kerne? Dürfen sich Juden betrinken?

Jüdisches Festmahl

© JMW, Bildarchiv Dobronyi

Koscheres Essen

Die wichtigsten Regeln, die in der jüdischen Bibel, der Tora, festgeschrieben sind, werden nicht nur erklärt, sondern auch ihre Integration in den Alltag beleuchtet. Darunter fällt etwa die Trennung zwischen milchigen und fleischigen Lebensmitteln, die nicht gemeinsam verarbeitet und gegessen werden dürfen.

Um „koscher“ Ranken sich viele Mythen

Braucht jeder jüdische Haushalt zwei Küchen?, wird auch gefragt - und die Antwort gleich anhand von Küchenutensilien gegeben. Nein, eine zweite Küche braucht es nicht, aber etwa getrennte Schneidbretter und Tellerbürsten, die in verschiedenen Farben gehalten sind und mit „milchig“, „fleischig“ und „parve“, also neutral, beschriftet sind.

„Um den Begriff koscher ranken sich viele Mythen, er sorgt immer wieder für Diskussionen“, so Spera. Koscher heißt auf hebräisch tauglich, rituell erlaubt, gemäß der Vorschrift oder zum Verzehr geeignet. Damit man sich unter „tauglichem“ Essen auch etwas vorstellen kann, begleiten traditionelle jüdische Rezepte durch die verschiedenen Bereiche der Ausstellung.

„Challa“ backen im Museum

„Gefilte Fisch“ können ebenso nachgekocht werden wie Knisches (Teigtaschen) mit Topfen oder Latkes, also Kartoffelpuffer, mit Apfelmus. Schließlich erfährt man sogar das Geheimnis des „jüdischen Penicillins“, einer Hühnersuppe. Um das Küchenfeeling noch ein bisschen realer zu gestalten, bedient sich die Ausstellungsarchitektur küchenschrankähnlicher Schaukästen. Dreimal gibt es auch tatsächlich die Gelegenheit im Rahmen des Begleitprogramms „Challa“, geflochtenes Brot für den Schabbat, direkt im Museum zu backen.

Fotoshow: „Kosher for... Essen und Tradition im Judentum“

Vom mittelalterlichen Fleischhof bis ins Kaffeehaus

„Wir wollten koscher in allen seinen Bedeutungen, der kulturhistorischen, historischen, sozialen und religiösen nachgehen“, meinte Kurator Dan Fischman. Deshalb wird auch die kulinarische Geschichte der Wiener Juden vom mittelalterlichen Fleischhof bis ins Kaffeehaus nachgezeichnet und beispielsweise die Einhaltung der Kaschrut in Zeiten der Verfolgung thematisiert. Die Gegenwart wird schließlich mit dem Abschnitt „Sind Pizza und Kebap koscher?“ erreicht.

Kulinarische Gegenwart bedeutet aber auch extra ausgewiesene koschere Gummibärchen ohne Schweinegelatine, ein Chanukka-Häuschen aus Keksen zum Selberbasteln und eigenes Mazzemehl, das während des Pessachfests Getreidemehl ersetzt. Aber nicht nur Essen alleine ist Bestandteil der Kaschrut - auch bei Zahnpasta oder Medikamenten, die etwa Gelatinehüllen enthalten können, müssen gläubige Juden aufpassen. Denn Schwein ist in all seinen Bestandteilen als nicht koscheres Tier verboten.

Liste mit erlaubten Lebensmitteln

„In vielen jüdischen Gemeinden gibt es laufend aktualisierte Listen mit erlaubten Lebensmitteln, vor allem vor den Feiertagen wie Pessach, an denen besonders strenge Regeln gelten“, schilderte Spera. Die Feiertage sind ebenso Teil der Ausstellung wie die Frage, ob sich Juden betrinken dürfen. „Wir wollten das strenge Gesetz in die gelebte Praxis hineinrücken“, so Fischman. Deshalb ist auch Schmökern in den diversen Kochbüchern der jüdischen Küche von Haya Molcho bis Claudia Roden erlaubt.

Ausstellungshinweis:
„Kosher for... Essen und Tradition im Judentum“ im Jüdischen Museum bis 8. März 2015

Die Engländerin Roden wird am 4. März im Rahmen des Begleitprogramms zu einer Lesung aus ihrem Kochbuch, das wegweisend für die jüdische Küche der letzten 30 Jahre war, anwesend sein. Den Anfang der Lesungen macht aber Burgschauspieler Robert Reinagl am 22. Oktober. Da liest er Auszüge aus „Der Tante Jolesch“ von Friedrich Torberg und gewährt so Einblick in das jüdische Leben in der Zwischenkriegszeit in Wien.

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