Straßenbahn: Einspruch von Siemens

Siemens beeinsprucht die Vergabe für den Bau der neuen Straßenbahn-Generation der Wiener Linien an den Konkurrenten Bombardier. Vor allem die Standards in Sachen Barrierefreiheit sehe man beim Siegermodell nicht erfüllt.

Man hege Zweifel an „wesentlichen Entscheidungsgrundlagen“, hieß es. Der Einspruch wurde innerhalb der dafür in der Ausschreibung genannten Frist beim Wiener Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der Gerichtshof hat jetzt sechs Wochen Zeit, den Einspruch zu prüfen.

Die Wiener Linien haben sich zuletzt dafür entschieden, bei Bombardier bis zu 156 Niederflur-Bims des Typs „Flexity“ zu bestellen. Ab 2018 soll ausgeliefert werden. Siemens hatte sich mit dem Konkurrenzmodell „ULF“ beworben - mehr dazu in 156 Straßenbahnen von Bombardier.

Neue Straßenbahngarnitur der Wiener Linien

Wiener Linien/DÖLLMANN DESIGN + ARCHITEKTUR Z

Für Siemens seien einige Punkte der Entscheidung nicht nachvollziehbar, hieß es vergangene Woche. So seien die Einstiege bei Bombardier höher. Außerdem würden die ULFs von Siemens 218 Fahrgästen Platz bieten, während im Bombardier-Modell „Flexity“ nur 211 Fahrgäste Platz haben würden. Außerdem habe der ULF um eine Tür mehr, nämlich sieben. Aber: Das Angebot von Bombardier lag preislich unter dem von Siemens - mehr dazu in Straßenbahn: Siemens prüft Vergabe.

Wiener Linien und Bombardier gelassen

Bei den Wiener Linien hieß es vergangene Woche, man sehe einem Einspruch von Siemens gelassen entgegen. Der Entscheidung sei ein europaweites, transparentes Verfahren vorangegangen. Die Anforderungen im Kriterienkatalog seien den Anbietern immer klar gewesen und werden von Bombardier erfüllt.

Bei Bombardier zeigte man sich am Freitag relativ gelassen über den Siemens-Einspruch: „Wir sind der Ansicht, dass die Wiener Linien ein transparentes Vergabeverfahren durchgeführt haben“, betonte dort eine Sprecherin. Details wolle man nicht kommentieren: „Wir nehmen den Einspruch zur Kenntnis.“

Bei den Wiener Linien glaubt man nicht, dass der nun erfolgte Schritt viel ändern wird: „Wir gehen davon aus, dass das Gericht unsere Entscheidung bestätigen wird“, erklärte ein Sprecher. Er verwies auf den im Verfahren angewendeten Kriterienkatalog. Dieser sei von allen Teilnehmern akzeptiert worden. Man gehe auch davon aus, dass Bombardier die Garnituren so wie vereinbart liefern könne.

562 Millionen-Euro-Auftrag

Das Volumen des Straßenbahnauftrags beträgt insgesamt 562 Millionen Euro. Der Einspruch beim Landesverwaltungsgericht sei auch gemacht worden, um die Interessen des Standorts in Wien zu wahren, wurde bei Siemens betont. Die bisherigen ULF-Garnituren waren im Werk in Simmering produziert worden. Die neuen Bombardier-Züge werden übrigens ebenfalls in der Bundeshauptstadt - im Werk in der Donaustadt - gefertigt.

Mit der Anschaffung der neuen Züge werden die alten Straßenbahnen sukzessive weiter ausgemustert. Spätestens 2026 wird dann keine Hochflur-Bim mit Stufeneinstieg mehr in Wien unterwegs sein. Die zum Zug gekommenen „Flexity“-Garnituren entsprechen allesamt in etwa den Ausmaßen eines langen ULF-Zuges.

Der Auftrag inkludiert auch einen Wartungsvertrag. Das heißt: Die laufende Wartung wird zwar weiterhin mit Wiener-Linien-Personal erledigt, allerdings - im Gegensatz zu den ULF-Serien von Siemens - im Auftrag und auf Risiko des Herstellers Bombardier. In Wien sind seit 1997 Niederflurstraßenbahnen unterwegs, die bis dato allesamt von Siemens gestellt wurden. Von den bestellten ULF-Zügen sind laut Verkehrsbetrieben aktuell noch 45 ausständig. Sie sollen bis 2017 geliefert werden.

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