Menschenrechtspreis für Bettellobby

Stellvertretend für alle Initiativen, die sich gegen ein Bettelverbot in Wien und für einen respektvollen Umgang mit bettelnden Menschen einsetzen, hat die Bettellobby den Menschenrechtspreis 2014 bekommen.

Bettelverbote gehören zu den meistumstrittenen Maßnahmen im Kampf gegen die Armut. Die Präsidentin der Liga für Menschenrechte, Barbara Helige, habe mit der Preisverleihung ein Zeichen setzen wollen, berichtete die ZIB2.

Vorwürfe gegen Polizei

Die Bettellobby ist aktuell in Wien, Oberösterreich und Tirol tätig und hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Bettler mittels Broschüren über ihre Rechte zu informieren. Denn vor allem bei polizeilichen Kontrollen würde es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen kommen. „Es berichten uns Menschen immer wieder, dass sie sich nackt ausziehen müssen bei der Polizei, dass sie beschimpft und gedemütigt werden und dass man ihnen droht, dass es beim nächsten Mal noch schlimmer kommen würde“, sagte Ferdinand Koller, Sprecher der Wiener Bettellobby.

TV-Hinweis:

Den ZIB2-Beitrag können Sie hier online nachsehen.

Einmal im Monat organisiert die Bettellobby im Amerlinghaus in Wien-Neubau eine Rechtsberatung für Bettler. Gegen mehr als 70 Anzeigen und Strafen habe die Rechtslobby bereits Einspruch erhoben. Manche Beschwerden gingen bis zum Verwaltungsgerichtshof, wo 85 Prozent der Strafen wieder aufgehoben würden, so Koller.

Etwaige Vorwürfe veranschaulichte er in einem Beispiel, in dem es heißt: „Sie humpelten auf die Passanten zu und bettelten mit den Worten: ‚Bitte, bitte, einen Euro für den armen Mann‘.“ Außerdem habe der Bettler „auf einem Gehsteig den Fußgängerverkehr behindert“. Die betroffene Person sollte entweder 440 Euro Strafe zahlen oder alternativ sechs Tage ins Gefängnis gehen.

Frau bettelt auf einer Brücke in Wien-Hütteldorf

APA/Helmut Fohringer

Innenministerium: Bettelgesetz ist Ländersache

Im Innenministerium hieß es zu den Vorwürfen, dass die rechtliche Grundlage zum Betteln Ländersache sei. Je genauer dort die Gesetze formuliert seien, desto berechenbarer wären auch die Amtshandlungen. Betteln ist seit einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012 prinzipiell erlaubt.

Je nach Bundesland gebe es jedoch Einschränkungen: Fast überall darf nicht aggressiv, nicht gewerbsmäßig und nicht als Beteiligter organisierter Gruppen gebettelt werden. Das Problem liege sowohl bei der Politik als auch bei der Polizei, sagte Koller: „Die Politik hat ganz bewusst solche Regelungen geschaffen“, und es sei bekannt gewesen, dass diese nicht verfassungskonform seien.

Nikolosackerl für Bettlerkinder

Die Bettellobby Wien lockt auch mit Geschenken: Zum Nikolaus wurden Sackerln und Schuhe an die Kinder der Bettler verteilt. „Es sind einfach Dinge, die unsere Kinder in der Regel ganz selbstverständlich bekommen“, sagte Elisabeth Fröhlich, Mitarbeiterin der Bettellobby.

Außerdem werden Eltern beraten, wo und wie sie ihre Kinder in die Schule schicken können. Fröhlich, selbst fünffache Mutter, habe geholfen, im vergangenen Jahr zehn Kinder einzuschulen. „Auch ich würde meine Kinder zum Betteln mitnehmen, wenn ich dazu gezwungen wäre. Jede Mutter kann beurteilen, wie das wäre, wenn man die Kinder bei irgendwem lassen muss“, so Fröhlich.

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