Lkw umgestürzt: Stauchaos auf Tangente

Bis zu 30 Kilometer Stau und Behinderungen in vielen Teilen Wiens hat Montagfrüh ein Lkw-Unfall auf der Südosttangente (A23) beim Knoten Prater ausgelöst. Mängel bei der Beschilderung der Baustelle wurden aber zurückgewiesen.

„In den letzten zehn Jahren hat es in Wien so einen Stau nicht mehr gegeben“, sagte Wolfgang Schererbauer von der Verkehrsabteilung der Polizei Wien gegenüber dem ORF Wien zu den Auswirkungen des Unfalls. Ausschlaggebend dafür sei der Unfallort am Knoten Zentrum als einer der am stärksten befahrenen Straßen Wiens gewesen.

Schererbauer ging wegen des Unfalls von mehr als 30 Kilometer Stau im Stadtgebiet aus. Auf der Südautobahn (A2) Richtung Wien reichte die Kolonne bis Guntramsdorf oder Wiener Neudorf, im Bereich der A23/S2 bis zur Hermann-Gebauer-Straße, auf der Ostautobahn (A4) bis zum Knoten Schwechat und auf der A22 bis zur Floridsdorfer Brücke, so Schererbauer. Es gab noch mehrere kleinere Unfälle sowie Pannen, zum Beispiel Fahrzeuge, die sich im Stau überhitzten.

Lenker schwer verletzt

Die Bergung des verletzten Lenkers dauerte fast eine Stunde, so schwer war die Fahrerkabine demoliert. Der verunglückte Sattelschlepper gehörte zu mehreren im Konvoi fahrenden Lastern aus Litauen. Der zweite Lkw von dreien touchierte gegen 5.00 Uhr auf der Erdberger Brücke eine Betonleitwand, die im Baustellenbereich die Sparspuren voneinander trennt. „Der Lkw ist auf die Betonleitwand aufgefahren, umgekippt, auf die blecherne Leitschiene gefallen und gegen einen Lichtmasten geprallt“, schilderte Feuerwehrsprecher Christian Feiler.

Der Rettungseinsatz gestaltete sich schwierig: „Der Lenker war im Kopf- und im Beinbereich eingeklemmt“, sagte Feiler. Sanitäter betreuten und beruhigten den nicht Deutsch sprechenden Litauer, der die ganze Zeit bei Bewusstsein war, während der Sattelzug zuerst mit Hilfe eines Spezialabschleppfahrzeugs einige Zentimeter weit bewegt werden musste, ehe das hydraulische Rettungsgerät zum Einsatz kommen konnte. Bis der Mann aus der Fahrerkabine befreit war, dauerte es fast eine Stunde. Nach Angaben eines Sprechers des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) hat er Prellungen erlitten und wird auf der Normalstation eines Wiener Spitals behandelt.

Vermutlich zu geringer Sicherheitsabstand

Erste Angaben, wonach der Unglückslenker von einem weiteren Lkw geschnitten worden sei, bewahrheiteten sich laut Polizei nicht. „Durch das Wechseln der beiden Lkw vor ihm hat er die Baustelle zu spät erkannt und verrissen“, so Schererbauer. Vermutlich sei auch der Sicherheitsabstand zu den Vorderfahrzeugen zu gering gewesen.

Mängel bei der Beschilderung der Großbaustelle am Knoten Prater wurden dagegen zurückgewiesen. „Die Asfinag hat wirklich alles getan und die Baustelle gut ausgeschildert. Ein Problem sind vor allem Lkw-Lenker aus dem Ausland, die die Schilder nicht immer gut lesen können und auch sehr Navi-hörig sind. Da kommt es immer wieder zu bösen Aktionen“, meinte Schererbauer.

Aufräumarbeiten zu Mittag beendet

Die Berufsrettung war mit drei Rettungsautos sowie einem Notarzt und fünf Sanitätern im Einsatz. Die Feuerwehr rückte mit 46 Einsatzkräften und 15 Fahrzeugen aus, darunter zahlreiches Spezialgerät für die Bergung. Die Ladung des Lkw - 14 Tonnen Rindenmulch und Torferde in Säcken - entluden die Feuerwehrkräfte händisch, ehe der Laster mit einem Kran aufgestellt und vom Unfallbereich weggeschleppt wurde.

Die Arbeiten waren gegen Mittag beendet, erst danach konnten die Fahrspuren auf der Erdberger Brücke wieder freigegeben werden, hieß es aus der Radio-Wien-Verkehrsredaktion. Zuvor mussten unter anderem auf einer Strecke von rund zehn Metern im Unfallbereich neue Leitschienen angebracht werden.

Vier Riesenbaustellen auf Tangente

Mit 18 Kilometer Länge ist die Südosttangente (A23) die kürzeste Autobahn Österreichs. Dafür hat sie es aber in sich: Mit durchschnittlich 180.000 Fahrzeugen täglich und insgesamt 66 Millionen Lkws und Pkws war die Tangente, konkret der Abschnitt auf der Höhe des Handelskais, 2012 die meistbefahrene Autobahn Österreichs.

Kaum ein Wiener hat noch nicht über die seit 1970 bestehende Stadtautobahn geseufzt, deren Name sich aus der Rolle der Verbindungsstraße zwischen Süd- und Ostautobahn herleitet: Durch das hohe Verkehrsaufkommen ist die Tangente vor allem in Stoßzeiten anfällig für Staus und Unfälle. Obwohl die Südosttangente eine Autobahn ist, gilt dennoch auf der gesamten Strecke das für Stadtautobahnen übliche Tempolimit von 80 km/h - mehr dazu in A23: Neue Schilder gegen Stau (wien.ORF.at; 19.3.2015).

Durch das hohe Verkehrsaufkommen musste die Wiener Stadtautobahn immer wieder saniert werden: 2011 starteten umfassende Reparatur- und Umbauarbeiten. Beinahe jedes Jahr ist die Tangente auch Teil der Sommerbaustellenplanung. Derzeit laufen gleich vier Riesenprojekte parallel: Um insgesamt 291 Millionen Euro soll die bisher auf Stelzen stehende Hochstraße Inzersdorf nun als Damm gebaut, die Erdberger Brücke neu errichtet und die Praterbrücke - etwa 200.000 Autos überqueren diese laut ASFINAG täglich - rundum erneuert werden - mehr dazu in Erdberger Brücke: Abriss beendet (wien.ORF.at; 23.4.2015).

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