400.000 Euro gesammelt: Terror-Prozess in Wien

Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen hat am Mittwoch am Straflandesgericht ein Prozess gegen einen mutmaßlichen Islamisten begonnen. Er soll seit 2011 für das „Kaukasus-Emirat“ Spenden in Höhe von 400.000 Euro gesammelt haben.

Der gebürtige Tschetschene erklärte sich vor dem Schöffensenat nicht schuldig. Die Anklage legt dem 37-Jährigen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und Terrorismusfinanzierung zur Last. In ganz Europa soll er laut der Staatsanwältin finanzielle Mittel über Kuriere und Mitglieder der 2007 gegründete Extremistengruppe „Kaukasus-Emirat“ - unter anderem für Waffen - zukommen haben lassen.

Anschläge auf Moskauer U-Bahn und Flughafen

Das „Kaukasus-Emirat“ kämpft für eine islamistische Herrschaft im gesamten Kaukasus-Gebiet, wobei es sich terroristischer Anschläge bedient. Die Gruppierung bekannte sich unter anderem zu den Attentaten auf die Moskauer U-Bahn im Jahr 2010 und den Moskauer Flughafen im darauf folgenden Jahr. Ausweichend antwortete der Angeklagte auch auf die Fragen der Richterin nach dem „Kaukasus-Emirat“. Er wisse davon nur aus den Medien, sagte der Angeklagte.

Prozess

APA/Hans Punz

Der Angeklagte am Mittwoch auf dem Weg in den Gerichtssaal

Ein Zeuge hingegen - so die Staatsanwältin - habe den 37-Jährigen als Autorität in der Extremistengruppe bezeichnet und bestätigte das Sammeln von Geldern. Er habe die „Kasse des Emirats“ verwaltet, sagte der Zeuge der Anklage zufolge.

Laut der Staatsanwältin kam der Angeklagte, der seit 2004 in Österreich lebt, wegen seines „konspirativen Verhaltens“ im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi im Jahr 2014 ins Visier der Behörden. So habe er unter anderem während Telefonaten Codewörter benutzt, zeigten Überwachungsmaßnahmen. Später seien Listen und Zahlen in einem Notizbuch und auf einem Handy in seinem Haus in Neunkirchen gefunden worden. Laut Anklage ist er darin für das Verfassen von einer Reihe von Namen und dreistelligen Geldbeträgen verantwortlich.

Verteidiger bezweifelt Beweise

Der 37-Jährige sitzt seit längerem in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft. Dort fällt er insofern auf, als er trotz zweier Prothesen, auf die er nach dem Verlust seiner Unterarme angewiesen ist, äußerst geschickt hantieren soll.

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Der Prozess wird unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen bestritten

Sein Verteidiger Lennart Binder hatte zu Beginn die von der Staatsanwaltschaft gesammelten Beweise in Frage gestellt. Dem Angeklagten wäre es gar nicht möglich gewesen, so ein Notizbuch zu führen oder ein Handy zu bedienen. Die österreichische Justiz habe auch die Transaktionen nie geprüft oder die russischen Ermittlungsergebnisse angefordert. Zudem habe die Staatsanwaltschaft nie geprüft, ob der Angeklagte wirklich ein Mitglied des „Kaukasus-Emirats“ sei.

Mitangeklagter bekannte sich „nicht schuldig“

Sein Mitangeklagter, der Neffe des 37-Jährigen, bekannte sich ebenfalls nicht schuldig. Laut Anklage soll er das gesammelte Geld seines Onkels in seiner Wiener Wohnung gebunkert und ihm auch vor allem als Chauffeur gedient haben. Verdächtig hätte den 28-Jährigen zudem die bei einer Hausdurchsuchung gefundene Summe von 26.000 Euro gemacht. Das Geld komme aus einem Hausverkauf in Tschetschenien, so der Neffe, der Staatsanwaltschaft zufolge sei der Kaufvertrag jedoch gefälscht.

Jener Zeuge, der gegenüber der Polizei den Hauptangeklagten unter anderem als Autorität der Terrororganisation „Emirat Kaukasus“ bezeichnete, erschien zwar vor Gericht, verweigerte jedoch die Aussage. Er habe Angst, dass seiner Familien in Tschetschenien etwas passieren würde, gab der Zeuge als Grund an.

Am Donnerstag - dem letzten Tag des Prozesses - soll nun der Polizist verhört werden, der für die Zeugeneinvernahme verantwortlich war. Danach erfolgt die Befragung der Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger. Den Angeklagten drohen im Falle von Schuldsprüchen bis zu zehn Jahre Haft.