Mähtraktorunfall: Verhandlung vertagt

Die Verhandlung um den Unfall mit einem Mähtraktor im Stadionbad ist vertagt worden, weitere Zeugen und ein Sachverständiger werden geladen. Die beiden Angeklagten erklärten sich nicht schuldig.

Unfallopfer war eine heute 73-jährige Pensionistin, die seit 16 Jahren Stammgast im Stadionbad war. Am 18. Mai 2015 war sie mit ihrem Ehemann vom Mittagessen auf der Terrasse auf dem Weg zu den Kabinen. Nach wenigen Metern wurde die Frau von hinten von einem Kleintraktor erfasst. „Auf einmal hab’ i an Schlag, an Tuscher g’spürt“, schilderte sie nun als Zeugin.

Die Frau musste in weiterer Folge von einem Notarzt-Hubschrauber ins Spital geflogen werden. Sie wurde in künstlichen Tiefschlaf versetzt und auf der Intensivstation behandelt. Die Ärzte stellten bei der Pensionistin zwölf gebrochene Rippen, zwei Wirbelfrakturen, Prellungen, Quetschungen der Lunge und Schürfwunden fest.

Prozess nach Mähtraktor-Unfall

Ein Bademeister und sein ehemaliger Vorgesetzter mussten sich vor Gericht wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten.

Zwei Monate Aufenthalt im Krankenhaus

Die 73-Jährige konnte erst nach über zwei Monaten das Krankenhaus verlassen. An den Unfall selbst hat sie keine Erinnerung, wie sie beim Prozess im Bezirksgericht Leopoldstadt im Zeugenstand erklärte: „Ich weiß nix mehr. Ich bin erst a paar Wochen später wieder zu mir kommen. Es war furchtbar, ich hatte Albträume, ich hab’ meinen Mann am Anfang nicht mehr erkannt.“ Nur aus den Erzählungen ihres Mannes wisse sie, was vorgefallen sei: „Er hat den Traktor auf mich zufahren g’sehen. Auf einmal war ich weg.“

Weder der Traktorlenker noch sein Chef, der ihn zum Rasenmähen eingeteilt hatte, fühlten sich für den Unfall im strafrechtlichen Sinn verantwortlich. Dem Fahrer wird im Strafantrag der Vorwurf gemacht, er habe die Frau „nicht ausreichend beachtet“ und aufgrund dessen - wenn auch fahrlässig - ein schweres Verschulden gesetzt.

Der damalige Chef vom Dienst - an sich ein ausgebildeter Techniker, der am 18. Mai als Vertreter des stellvertretenden Betriebsleiters fungierte - soll es unterlassen haben, dem von ihm mit dem Rasenmähen betrauten Bademeister die Funktionsweise des Traktors näher zu bringen. Der 50 Jahre alte Mann - sein Arbeitsverhältnis wurde nach dem Unfall mit Ende Juni vorzeitig beendet - behauptet, er habe am 18. Mai zum allerersten Mal mit dem Mähtraktor fahren müssen und habe seinem Chef noch erklärt, dass er mit dem Fahrzeug nicht umgehen könne.

Angeklagter bei Prozess um Unfall mit Mähtraktor im Stadionbad

ORF

Die Angeklagten bekannten sich nicht schuldig

Angeklagter: Keine generelle Einschulung

„Ich habe nicht verstanden, wie die Gänge funktionieren“, gab er nun in seiner Verhandlung zu Protokoll. Er habe sich schließlich bei einem anderen Kollegen erkundigt, der ihm kurz vor dem Unfall die Schaltung und das Rückwärtsfahren gezeigt hätte. Eine generelle Einschulung in den Gebrauch der technischen Geräte habe es nicht gegeben. Er habe auch in den vorangegangenen Saisonen grundsätzlich nur „mit dem Kärcher gearbeitet und die Becken gereinigt“.

Zum Unfallhergang erklärte der Erstangeklagte, er sei „ein bisschen schneller als Schritttempo“ gefahren, als das Ehepaar von der Terrasse auf den Weg Richtung Kabinen einbog. Im Abstand von fünf Metern habe er den ersten Gang einzulegen versucht und gebremst, „aber der Traktor hat nicht gebremst“. Erst im Nachhinein habe er erfahren, dass er das Bremspedal voll durchdrücken hätte müssen.

Er habe noch gehupt und nach rechts auszuweichen versucht, aber die Frau habe sich auch in diese Richtung bewegt: „Ich konnte nicht reagieren.“ Der Mähtraktor krachte schließlich in eine Hecke, nachdem er die Frau mit der Frontseite erfasst, niedergestoßen und überrollt hatte. Die Pensionistin kam zwischen Traktor und Anhänger zu liegen.

Stadionbad

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Von diesem Kleintraktor wurde die Frau erfasst und schwer verletzt

Angeklagter besitzt keinen Führerschein

Dass Mäharbeiten im Stadionbad bei laufendem Betrieb durchgeführt wurden, sei laut Angeklagtem „immer so gemacht“ worden. Außerdem habe man den Traktor nach dem Unfall versteckt. Den Mitarbeiter habe man außerdem im Verwaltungsbüro dazu bringen wollen, einen mit 23. April rückdatierten Zettel zu unterschreiben, wonach er eine fahrtechnische Einschulung erhalten hätte. Der 50-Jährige besitzt keinen Führerschein, hat eigenen Angaben zufolge aber im Rahmen früherer beruflichen Tätigkeiten in der Landwirtschaft schon Traktoren gelenkt.

Frau im Krankenbett

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Die schwer verletzte Pensionistin musste zwei Monate im Krankenhaus bleiben

Zweitangeklagter streitet Vertuschung ab

Der Zweitangeklagte widersprach vehement. Es habe keine wie auch immer gearteten Vertuschungsversuche gegeben. Sämtliche Bademeister wären vor Saisonbeginn ausführlich in Gebrauch und Funktionsweise von Kleingeräten wie Handrasenmäher, Aufsitzmäher und Traktoren eingewiesen worden, versicherte der 51 Jahre alte Techniker.

Er habe den Erstangeklagten auch explizit gefragt, ob er mit dem Mähtraktor fahren könne. Das habe dieser bejaht. Außerdem sei der 50-Jährige „dort der längst dienende Bademeister“ und dementsprechend erfahren gewesen: „Ich weiß, dass er mit anderen Traktoren schon gefahren ist.“

Gutachten und weitere Zeugen

Zur Beizeihung eines verkehrstechnischen Sachverständigen wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt. Der Gutachter soll den genauen Tathergang klären und zu diesem Zweck auch den Traktor in Augenschein nehmen, der nach der unfallbedingten Reparatur angeblich wieder betriebstauglich ist.

Zum nächsten Termin - voraussichtlich wird bereits im Mai weiterverhandelt - sollen auch zahlreiche weitere Zeugen geladen werden. Neben dem Ehemann der verletzten Pensionistin will die Richterin unter anderem noch den Sicherheitsbeauftragten und den Betriebsleiter des Stadionbads hören.

Die Versicherung der Wiener Sportstätten - die Gesellschaft betreibt das Stadionbad - hat der 73-Jährigen 30.000 Euro bezahlt. Ihr Anwalt hat sich dem Strafverfahren mit weiteren 73.000 Euro als Privatbeteiligter angeschlossen. Die Summe setzt sich aus Ansprüchen aus Schadenersatz, Schmerzengeld und medizinisch bestätigten Dauerfolgen zusammen.

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