Stadtvögel gesucht

Die Vogelpopulation der Großstadt verändert sich. Klimawandel und Co. leisten ihren Beitrag dazu. Welche Vogelarten künftig seltener werden, untersucht derzeit die Stadt Wien und ruft Bürger zum Mitmachen auf.

Die globale Erwärmung hat große Auswirkungen auf Vögel. Auch Straßenlärm und allnächtliche Beleuchtung haben Einfluss auf die gefiederten Tiere. Zudem schränken neue Bauarten ihre Nistmöglichkeiten ein. Wie genau sich Veränderungen im urbanen Raum auf Vögel auswirken, wurde in mehreren Studien untersucht. Auch die Umweltschutzabteilung der Stadt Wien nimmt sich der Problematik mit wissenschaftlichen Methoden an und ruft die Bevölkerung zum Mitforschen auf.

Gewinner und Verlierer des Klimawandels

Der Lebensraum einiger Vogelarten wurde durch die globale Erwärmung in den letzten Jahrzehnten merklich vergrößert, während der Lebensraum anderer Spezies verkleinert wurde. Zu den Gewinnern des Klimawandels zählen unter anderem Stare und Türkentauben. Zu den Verlierern zählen Wacholderdrosseln und Fitis, deren Bestände kontinuierlich abnehmen, wie die Zeitung „Der Standard“ ausführlich berichtete.

Fitis

Rob Zweers

Der Anblick eines singenden Fitis wird in Zukunft immer seltener werden

Auch Straßenlärm kann störend für Vögel sein. Sie zwitschern häufig bis spät in die Nacht hinein und ihre Stimmen werden höher, als die ihrer Artgenossen auf dem Land. Kohlmeisen etwa ahmen sogar Klingeltöne nach. Auch übermäßige Beleuchtung geht an den Tieren nicht spurlos vorüber, wie eine Untersuchung der veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt. Blaumeisen ändern ihr Verhalten in der Partnerwahl und Futterbeschaffung, wenn die unmittelbare Umgebung ihrer Nester im Wienerwald beleuchtet wird.

Wie sich die sogenannte Lichtverschmutzung, also die übermäßige Beleuchtung des Nachthimmels auf uns Menschen auswirkt, haben Forscher mit einem ungewöhnlichen Forschungsinstrument, dem Wiener DC-Tower untersucht - mehr dazu in DC Tower: Lichtverschmutzung wird gemessen

Blaumeise

Katharina Mahr

Als Kulturfolger halten sich Blaumeisen oft in der Nähe von Menschen auf

App zur Vogel-Forschung

Aufgrund dieser vielfältigen Umwelteinflüsse untersucht die Wiener Umweltschutzabteilung gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur zurzeit den Bestand von Mehlschwalben. Diese Vögel zeichnen sich durch blau-schwarzes Gefieder auf Rücken, Kopf und Flügeln und einen mehlweißen Bauch aus. Bevorzugte Nistplätze sind mehrstöckige Wohnhäuser in der Nähe von Gewässern, wie der Donau. Wenn die Nester in gutem Zustand sind, kehren die Zugvögel immer wieder zum gleichen Brutplatz zurück.

Beobachtungen können der Wiener Umweltschutzabteilung direkt via E-Mail gemeldet werden. Es können auch die Apps „Naturbeobachten in Wien“ oder „Wiener Flora und Fauna App“ genutzt werden.

Wiener Hobby-Ornithologen werden im Rahmen eines Citizen-Science-Projektes dazu aufgerufen, Sichtungen via Smartphone-App, E-Mail oder Online-Plattform zu melden. Auf diesem Weg sollen bereits ein paar Rückmeldungen eingetroffen sein, sagt Christian Härtel von der Umweltschutzabteilung. Wer die Mehlschwalbe nicht direkt zu Gesicht bekommt, kann sich trotzdem beteiligen, denn für die Forscher sind vor allem die Standorte von Nestern und deren Zustand von Interesse.

Mehlschwalben

Wolfgang Trimmel

Ein Mehlschwalbenpaar beim Nestbau

Der Mehlschwalbenbestand habe sich seit der Jahrtausendwende halbiert, so Christian Härtel. Die Gründe dafür seien noch nicht gänzlich bekannt, doch man gehe davon aus, dass neue glatte Fassaden den Tieren den Nestbau und die Verbauung von Ufergebieten die Futterbeschaffung erschwere. Auch werden ihre Nester oft mutwillig entfernt, was nicht erlaubt ist, da die Wiener Mehlschwalben zu den geschützten Arten zählen.

Naturerleben in der Stadt

Auch Dohlen und Mauersegler sind selten gewordene Gebäudebrüter, die von der Umweltschutzabteilung immer wieder untersucht werden. Bürger und Bürgerinnen werden dazu aufgerufen, sich an den Zählungen zu beteiligen, da das Vorkommen dieser Vögel das Naturerleben in der Stadt und damit die Lebensqualität verbessert, meint Christian Härtel.

Theresa Loibl, wien.ORF.at

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