Waffeneinsatz: Polizisten brauchen Betreuung

Auch für erfahrene Polizisten ist der Gebrauch der Schusswaffe eine Ausnahmesituation, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann. Betreuung erhalten sie vom psychologischen Dienst im Innenministerium.

Der Schusswaffengebrauch ist für Polizisten immer eine Gratwanderung und gilt als letztes Mittel, um Gewalttäter zu stoppen. Zumeist wurden die Beamten selbst durch Waffen bedroht. „Die Beamten sind darauf trainiert, aber ein Training in einer Polizeischule kann - auch wenn es noch so gut ist - niemals einen echten Einsatz wiederspiegeln“, meinte Claus Polndorfer, Leiter des psychologischen Dienstes im Innenministerium, gegenüber „Wien heute“.

Auf die Bedrohung angemessen reagieren, abwägen, in Sekundenbruchteilen reagieren - das gilt auch für Einsätze, die tödlich enden. „Bewusst wird nicht getötet, das ist eine Notwehrsituation. Es gibt den Polizisten nicht, der sich danach gut fühlt“, sagte WEGA-Chef Ernst Albrecht.

Polizisten nach Schussabgabe

Wenn bei Polizei-Einsätzen geschossen wird, dann ist das auch danach für die Beamten psychisch belastend.

Schlafstörungen nach Einsätzen

„Niemand von uns lässt das kalt, aber es wäre völlig kontraproduktiv, von einer Erfahrung, so tragisch dieser Vorfall auch sein mag, auf einen anderen Einsatz schließen zu wollen“, so Polndorfer. Die Beamten müssen aber teilweise mit gesundheitlichen Folgen wie Schlafstörungen, Flashbacks oder dem Gefühl von sozialer Isolation kämpfen.

„Es gibt sogar Kollegen, die bei Schußwaffengebrauch dabei waren und wenn dabei Kollegen verletzt wurden Schuldgefühle entwickeln, warum es die Kollegen getroffen hat und nicht sie“, so Albrecht.

„Nach einiger Zeit lassen die Reaktionen nach. Wir sorgen dafür, dass der Überschuss an Emotionen, der kurzfristig da ist, wieder in geregelte Bahnen kommt“, berichtete Polndorfer. Die Betreuung durch Polizeipsychologen oder speziell geschulte Kollegen ist freiwillig. Österreichweit haben im Vorjahr rund 700 Polizistinnen und Polizisten das Angebot zu Einzel- oder Gruppengesprächen angenommen.

Todesopfer bei Einsätzen in Penzing und Ottakring

Im Juli hatten zwei Polizeieinsätze mit Schusswaffengebrauch für Gesprächsstoff gesorgt. Am 2. Juli wurde ein 50-Jähriger nach einem Überfall auf einen Supermarkt in Penzing von WEGA-Beamten erschossen.

Der Mann hatte zuvor auf Polizisten geschossen. Ein Beamter wurde in den Kopf getroffen, er verstarb einige Tage nach dem Überfall - mehr dazu in Supermarkt-Überfall: U-Haft verlängert (wien.ORF.at; 20.7.2016), Schießerei: Angeschossener Polizist gestorben (wien.ORF.at; 5.7.2016) und Zwei Polizisten niedergeschossen: Täter tot (wien.ORF.at; 2.7.2016).

In Ottakring wurde am 17. Juli ein Mann erschossen, der in einem Stiegenhaus Polizisten mit Messern bedroht hatte. Ein Beamter wurde durch eine Kugel aus einer Polizeiwaffe in den Oberschenkel getroffen - mehr dazu in Polizist durch Schuss verletzt (wien.ORF.at; 18.7.2016) und Polizisten erschießen Mann in Ottakring (wien.ORF.at; 17.7.2016).