Nachfolger-Suche bei Kleinbetrieben

In Wien suchen offiziell 350 Unternehmer einen Nachfolger - oft vergeblich. Bei einem Greißler in Hernals und einem Stoffgeschäft in Penzing scheitert es nicht an Kunden, vielen Interessenten ist aber der Arbeitsaufwand zu hoch.

Nur noch bis Ende März schlichtet Sebastian Sturm in seiner Greißlerei in Neuwaldegg Gemüse und Brot in die Regale. Der 26-jährige HTL-Absolvent hat vor zwei Jahren das Geschäft von seiner Tante übernommen und hört nun auf. „Wenn du um zehn, elf abends heimkommst und einen 15-, 16-Stunden-Tag hinter dir hast, musst du dich entscheiden, was dir lieber ist: deine Familie, deine Freunde, oder du verliebst dich in dieses Geschäft und verheiratest dich mit dem“, erzählte Sturm in „Wien heute“.

Er hat sich für Ersteres entschieden. Die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger gestaltet sich allerdings schwierig. Zwölf Interessenten haben sich bisher gemeldet, niemand hat zugeschlagen. Die Problematik sei, dass vielen Interessenten nach dem Probearbeitstag der Arbeitsaufwand zu hoch gewesen sei, so Sturm. Hinzu kommt, dass die Preisvorstellungen bei der Ablöse oft nicht zusammenpassen.

350 Unternehmer finden keinen Nachfolger

350 Unternehmerinnen und Unternehmer finden keinen Nachfolger. Dabei mangelt es oft gar nicht an Umsatz und Kunden.

Wirtschaftskammer vermittelt im Jahr 20 Betriebe

Über die Nachfolgebörse vermittelt die Wirtschaftskammer Wien (WKW) im Jahr 20 Betriebe. Viele Selbstständige fangen laut Claudia Rosenberger, Leiterin der WKW-Nachfolgebörse, zu spät mit der Suche an: „Das Unternehmen sollte dann verkauft werden, wenn es wirtschaftlich am Höhepunkt ist. Diesen Zeitpunkt versäumen viele Unternehmer und investieren dann einfach nichts mehr, wenn es in Richtung Pension geht.“

Frauen in Stoffgeschäft

ORF

Die Suche nach einer Nachfolgerin für das Stoffparadies Leo ist schwierig

Knöpfe, Stoffe, Fertigschnitte billig abzugeben

In Penzing wird seit eineinhalb Jahren eine Nachfolgerin für das Stoffparadies Leo gesucht. Eigentümerin Leopoldine Lehner hört aus gesundheitlichen Gründen auf, findet aber ebenfalls keine Übernahmeinteressenten. Die meisten Leute trauten sich die Selbständigkeit nicht zu, erzählt die gelernte Bankkauffrau, dabei müssten sie sich nur „ins gemachte Nest setzen“.

Auf die Nachfolgerin wartet ein prall gefülltes Geschäft mit Kleidern, Stoffen, Knöpfen und - genug Kundschaft: „Die Leute kommen immer mehr darauf zurück, sich selber etwas zu machen. Wir haben auch über 600 Fertigschnitte. Denn viele junge Leute wollen nicht so ausschauen wie die Masse“, erzählt die Unternehmerin.

Im Fachhandel zu kaufen, diesen Trend bemerkt auch Greißler Sturm. „Wir stehen sehr, sehr gut da. Das liegt daran, dass ein Umdenken in der Menschheit da ist.“ Nicht nur das Kleine und Feine, auch das Qualitätsbewusstsein kehre wieder zurück. Dennoch, auch Sturm kehrt zurück - in seine Heimat, das Waldviertel. Dort wird er in Zukunft als Angestellter bei einem Fleischhauer arbeiten und schmiedet Pläne für eine Familie. „Träume nicht dein Leben, lebe deine Träume“, steht im Abschiedsbrief an die Kunden in der Greißlerei-Auslage.

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